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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 19
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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Kunst
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Meyer, Bruno: Zur Richard Wagner-Denkmals-Konkurrenz: Modelle im Landesausstellungspalast
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0342
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-—-4- Die Aunst-Halle -4—-

Nr. s9

wohl recht erfreulich. Lin Aehnliches gilt von Ant.
Nowack. Was dabei herauskommt, wenn die Kleinen
gucken, wie die Großen räuspern und spucken, dafür liefert
Böhm in Klosterneuburg mit seinem „Herbst" ein ab-
schreckendes Beispiel. Ihm ist die große Farbentechnik
des Segantini zu Kops gestiegen. Das traurige Resultat
ist ein Bild, das bei einem Gschnasfest sichtlich als eine
glänzende Parodie des „Moderne" belacht und als sehr
geistreich bewundert werden könnte. Lolche Modernitäts-
krämpfe tragen nur dazu bei, alles wirklich Werthvolle
moderner Kunstbestrebungen in den Augen des Publikums
zu komxromittiren. Sehr blaß und zahm nimmt sich
Iettmars „Herbstreigen" inmitten der allgemeinen großen
Farben- und Formenemanzipation aus. Es ist auch sonst
ein schwächliches Bild. Felix Ieneweins Zyklus „Die
Pest" zeigt ein sehr solides zeichnerisches Können und
eine sehr beachtenswerthe Vernunft und dennoch stark-
wirkende Phantasie in der Komposition. Mit „Sezession"
hat er wohl weniger zu thun, darum aber vielleicht desto-
mehr mit malerischer Kunst. Hynais' vier Zwickel-
kompositionen, welche sehr geschmackvoll in der Farbe, sehr
korrekt in der Zeichnung, aber doch ziemlich konventionell
in der Komposition sind, erweckten mir nur den Ge-
danken, was die Herren von der Sezession über diese
Bilder sagen würden, wenn sie zufällig im Künstlerhause
hingen, und Hynais sein „modernes" Empfinden nicht
durch seinen Beitritt zur Sezession wirksam bekräftigt
hätte. . . Von den Werken der Plastik seien die sehr in-
teressanten und mit viel Geist und Kraft modellirten
Reliefgruppen vor: Bol. Biegas in Krakau erwähnt.
Eine sehr üppig quellende, gedankenstarke Phantasie
spricht aus diesen Werken. Auch Rich. Lukschs
„Wanderer" (in Holz und Stein) ist ein bedeutsames
Werk voll Einfachheit und dennoch Vertiefnng in der
Komposition und massiger Wirkung in der Modellirung.
Von R. Iakic, Luksch und R. Taubenhayn sind gute
porträtbllsten vorhanden.
Paul Wilhelm.
Lur fticbartl Äagnel-Venkmak-
Honkmrenr.
(Modelle im Landesausstellungspalast.)

icht so bald ist der monumentalen Kunst
eine glücklichere Aufgabe gestellt, als bei
dem Denkmale für Richard Magner. Line
scharfgeprägte Persönlichkeit, dem Charakter wie der
äußeren Erscheinung nach. Lin schöpferischer
Künstler, der — wenn wirklich noch von manchen
widerwillig Anerkennenden die Rede sein kann —
eine Gemeinde begeisterter Verehrer um seinen Namen
geschaart hat. Lin kaum Dahingegangener, dessen
lehensvolle Persönlichkeit noch vor der Seele un-
zähliger Zeitgenossen steht. Der Urheber einer Reihe
typischer Gestalten, deren Volksthümlichkeit — im
besten Sinne — von wenig anderen übertroffen wird.
Leidlich breite Mittel und ein verlockender Platz; —
was braucht es mehr, um die Arbeit zu einer Lust
zu machen, Erfolg fast zu verbürgen?
Das wenig beneidenswerthe Preisgericht hat
zehn Lntwürfe zur engeren Konkurrenz ausgewählt.
Seine Grundsätze bei der Beurtheilung sind unbe-

kannt geblieben; aus dem Lrgebniß wird man keine
erkennen. Ls ist irgendwo von gleichmäßiger Be-
rücksichtigung der „Richtungen" die Rede gewesen.
Für die Beurtheilung aber giebt es meines un-
maßgeblichen Erachtens nur zwei Richtungen: gut
und schlecht; und die dürfen nicht „gleichmäßig be-
rücksichtigt" werden. Alles, was man sonst — viel-
leicht mit noch mehr Berechtigung — „Richtungen"
nennen kann, ist lediglich zur Lharakterisirung
nütze, übrigens aber gleichwerthig, richtiger: gleich-
gültig.
Mir will immer scheinen, daß ein öffentliches
Denkmal nicht bloß von Demjenigen redet, dem es
gesetzt ist, sondern auch von Denjenigen, die es er-
richtet haben; und so ist es keine abzuweisende Lr-
wägung: wie stehen wir (vor Mit- und Nachwelt,
vor Gegenwart und Zukunft) da, wenn wir dieses
Denkmal stiften? Da unterliegt es denn keinem
Zweifel, daß einige der „auserwählten", ausgeführt
gedacht, mehr Schandsäulen unserer Zeit, als Ehren-
mäler des Dargestellten sein würden.
Das wäre z. B. gleich bei dem Entwürfe von
Franz Metzner-Friedenau („Die Macht der großen
Seele") der Fall: Zuckerbäckerfiguren nach einem
Landregen. Unerfindlich, was und unter welchem
Gesichtspunkte hier Auszeichnungfähiges entdeckt ist.
Gleich ihm hat Hermann Hidding-Berlin („Musik
und Dichtkunst") den Meister sitzend dargestellt, —
wie beiläufig die meisten (und fast ausnahmslos die
besten) Entwürfe. Man hätte glauben sollen, daß
für eine so thatkräftige, bewegliche, leidenschaftliche
Persönlichkeit leichter eine charakteristische Pose im
Stehen hätte sollen zu finden sein. Hier ist die
Figur unter Mänteln vergraben, das Ganze — ärm-
lich. Nicht übel ist die Anlage der — gleichfalls
sitzenden — Figur bei Ernst Freese-Berlin („Eiche!").
Aber es mangelt an einem Morte, die Gede der
Gesammtanlage zu bezeichnen. Der Tischler setzt den
Hobel an und hobelt Alles gleich!
Einen erfreulichen Lichtblick bezeichnet Ernst
Herter-Lharlottenburg („Tondichter"). Er hat nicht
eigentlich zwei Entwürfe, sondern so zu sagen zwei
Varianten der Ausführung gegeben, von denen die
Auszeichnung der reicheren zu Theil geworden ist.
Thatsächlich ist auch deren stehende Figur tüchtig
und der — an sich auch recht guten —sitzenden der
anderen weit überlegen. Den Sockel stankiren zwei
schön bewegte, trefflich komponirte und ungewöhnlich
lebensvolle Gruppen: Tannhäuser und Venus, Sieg-
fried und Brunhild. Letztere allein ist bei der ein-
facheren Ausführung vor dem Sockel angebracht
und ergiebt so angenehme Linien des Aufbaues. —
Traurig wird es wieder bei Ernst Menck-Berlin
(„(8(3" s??j). Die sitzende Figur wäre noch allen-
falls erträglich; aber der ungefüge würfelförmige
Sockel ist in sogenannten Reliefs mit einem „Menschen-
salat" unvorstellbarer Art überzogen.
Line starke Hebung der Kurve bringt wiederum
Emil Hundrieser - Lharlottenburg („Hagen"). Die
sitzende Figur allerdings erinnert eher an Mendels-
sohn, als an Wagner. Aber der originell pikante,
machtvolle Sockel heischt Anerkennung; nicht minder
die schönen Gestalten zu seinen Seiten: rechts die
Musik, stehend; links — noch viel packender — ein
Barde, sitzend, wie der Mangel an Symmetrie
geschickt und mit künstlerischer Wirkung überwunden
ist, das fesselt namentlich in diesem Augenblicke, wo
der Schmerz über eine zur Barbarei entartete ähnliche
Anordnung in einem „schönen neuen" Denkmale der
 
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