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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 19
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Imhof, Franz: Grosse Berliner Kunstausstellung 1902, [2]
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Wien: Zum Wettbewerb um das Franz Joseph-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0340
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Ur. 19

fallenden Gemälden von annähernd quadratiſchem Format,
„Deutſcher Eichenwald“ und „Hochgebirgskiefern“, als der
Poet der gelblich-bräunlich färbenden Jahreszeit künſtleriſch
und techniſch ſieghaft kervor. Wie dieſe in bizarrſter
Weiſe verkrüppelten und doch wie lebende Weſen ſich
gleichſam ihrer unheimlichen Häßlichkeit trotzig brüſtenden
Kiefern mit ihrer einfachen Umgebung zu einem Bilde von
eigenthümlich großartiger Formen- und Farbenromantik
verarbeitet ſind, das beſtrickt die Sinne des Beſchauers
vollſtändig. Von früheren Brachtſchülern huldigen Wilh.
Feldmann und Karl Langhammer einem edlen, farben-
ſatten Impreſſionismus, der namentlich voll Poeſie und
maleriſcher Pracht in des Letzteren Bilde „Die Havel bei
Sonnenſchein“ und in dem paſtos hingeſtrichenen Sommer-
tag“ bei aufſteigendem Gewölk iſt. Hans Buſſe nennt ſeine
auf einen grauen Ton geſtimmte Szenerie aus Sizilien „Ver-
klungen“, eine tief empfundene Elegie auf die Einſamkeit.

Cornelia Paczka kommt mit einer welligen, zarten
Frühlingslandſchaft aus den Apenninen; ſie ſteht darin
dem Lyrismus Hans Thomas', als des Taunusſchilderers,
nahe, dem hier gleichfalls das in der maleriſchen Perſpek-
tive ſo wundervoll wirkende Gemälde des Karlsruhers
P. von Ravenſtein, „Iſarniederungen bei Tölz“, ver-
wandt erſcheint. Auch F. von Wille (Düſſeldorf) zeigt
wiederum ſeine vorliebe für kühne Blicke über Berg und
Thal in einer ſommerlichen Eifellandſchaft; aber ein
Hauch von herber romantiſcher Empfindung nimmt der
Malerei das Gepräge des ungeſchminkten Naturabbildes.

Eine kräftige Belebung hat neuerdings gerade das
Landſchaftsfach in Düſſeldorf erfahren. Ohne die Liebe
für die Scholle einſeitig zu betreiben, ſteckt in den jüngeren
Düſſeldorfern eine intenſive Beobachtungsluſt für die Mo-
tive, die ein Jeder innerhalb eines weiteren Horizontes
findet: Eugen Kampf fühlt ſich in vereinſamten belgiſchen
Dörfern, Heinrich Heimes — wie ſchon längſt E. Dücker
— an der Aordſeeküſte, C. Irmer im waldigen Harz
heimiſch. Andere, die mehr Gewicht auf die liebevolle
Durchdringung ſelbſt kleinſter Fleckchen Erde legen, be-
gnügen ſich gern mit dem Aächſtliegenden, wie der unver-
gleichlich delikate Hugo Mühlig und J. Bergmann,
der ſo farben- und ſtimmungsvolle Bilder ausſtellt. Beide
haben hier ſogar kleinere Kollektionen. Mühlig hat aus
Hofwinkeln, Ställen, Getreideſchobern auf dem Felde u.dgl.
wirklich köſtliche Idylle mit allerlei Geflügel, das ſich in der
brennenden Sonne faul aneinander drängt, geſchaffen.
Bergmann ſchildert in ſeinen echten Naturpoeſien den
Abend, deſſen bläuliche Schatten den fleißigen Schnitter
umwallen; er ſchildert den unermüdlichen Angler am
blumenumſäumten Fluſſe, er läßt im Walddunkel auf dem
bunten Fell der Rinder Sonnenflecke leuchten. Mit den
modernen Belgiern haben alle dieſe und andere nicht ge-
nannte Künſtler Düſſeldorfs den lebhaften Wirklichkeitsſinn
und die ungebrochene Farbenfreude gemeinſam, für ſie hat
es augenſcheinlich niemals eine blaſirte Naturanſchauung,
ein Kokettiren mit geiſtreichen, überſpannten und krank-
haften fin-de-siècle-Stimmungen gegeben.

Leider hat das Bild der Münchener Betheiligung
dieſes Mal eine erhebliche Abſchwächung gegen früher er-
fahren, zumal auf landſchaftlichem Gebiete. Hermann
Urban, P. P. Müller, Ch. Palmié, Alf Bachmann, Emmy
Liſchke ſind vertreten, nicht durchweg hervorragend. Die
ſchöne Herbſtlandſchaft von P. P. Müller mit den domi-
nirenden Tönen Gelbbraun und Blau iſt wohl von Bracht.

beeinflußt worden, ſie wirkt indeß koloriſtiſch zu freudig,
mehr wie eine ad libitum umgefärbte Frühlingslandſchaft;
Herbſtſtimmung empfindet man anders wie von dieſer
Leinwand. Palmié wirkt in dem Bilde „Der Bach“ ein-
fach und wahr. Hermann Urban ſchneidet in ſeiner groß-
zügigen „Einſamkeit“ eine hohe, einſame Baumkrone
mitten durch, was etwas wunderlich wirkt. Alf Bach-
manns flott gearbeiteter „Sonnenaufgang im Frühling“
beſchränkt ſich auf den dekorativen Effekt. Dieſes Mal
tritt zu dem Harz als Studienrevier für Gebirgsfreunde
— aus welchem z. B. auch Bichard Thierbach Stoll-
berg i. B) drei entzückend fein behandelte Motive geſchöpft
hat — auch das Bieſengebirge. Einige Dresdener, wie
G. Müller⸗Breslau, haben hier landſchaftlich erfreuliche
Anregungen gefunden und verarbeitet.

Was von Schilderungen des Meeres über das Mittel-
maß hinaus geleiſtet wird, ſieht man auf dieſer Ausſtellung
faſt ausſchließlich von der Hand Berliner Meiſter. Ich
brauche nur die Namen Hans Gude, Th. von Eckenbrecher,
A. Normann, Bans Dahl zu nennen. Normann brillirt
beſonders in einer koloriſtiſch ungemein feſſelnden Fjord-
landſchaft; auch Eckenbrechers großes Marineſtück iſt eine
tüchtige Arbeit. Hans Bohrdt führt uns das gewöhn-
liche Schickſal eines Schiffes in drei Stadien, im Rahmen
eines Triptychons, überzeugend vor. L. Sandrock gewinnt
wieder durch die friſche, derbe Art ſeiner Schilderung von
Hafenparthien Theilnahme. W. Hamacher giebt neue,
beredte Proben ſeiner Darſtellung von blaugefärbten
Meeresbrandungen, und Karl Böhme offenbart abermals
in einer „Ruine am Mittelmeer“ kühne Poeſie, groß-
zügigen Ernſt und eindringliche Beobachtung.

S

Zum Wettbewerb
um das Franz doſepfi-Iſluſeum.

Wien:

ohl ſelten hat eine Ronkurrenz ſo viel Staub auf-

gewirbelt, wie jetzt die um Entwürfe für den Bau

eines neuen ſtädtiſchen Muſeums am Karlsplatze.
Ein förmliches Entſetzen hat die ganze ſezeſſtoniſtiſche Kunſt-
kritik gepackt, die bekanntlich in der Wiener Tagespreſſe die
Oberhand beſitzt, als das Urtheil der Jury einen der „Alten“,
den Architekten Schachner, mit dem erſten Preiſe auszeich-
nete, während der „Moderne“ Pecha mit dem zweiten Preis
und Otto Wagner, der große Wiener Wagner, ſogar ganz
ohne Auszeichnung ausgehen mußte. Die Majorität dieſer
Jury iſt zu beglückwünſchen, daß ſie lediglich nach ihrer
vollbegründeten Ueberzeugung entſchied und ſich weder
durch die Heftigkeit des Widerſpruchs einzelner Juroren,
noch durch das Geſchrei der Kritik draußen verblüffen ließ.
Vach dieſer Kritik entſcheidet ja von vornherein fchon die
Thatſache der Modernität; und ein Entwurf gar von Otto
Wagner würde ſelbſt unbeſehen als vollendet, des erſten
Preiſes allein würdig, zu bezeichnen ſein. — Kein Der-
nünftiger wird einem „modern“ gehaltenen Entwurfe,
wenn er die geſtellte Aufgabe vortrefflich löſt, den Erfolg
mißgönnen. Aber ebenſo ſehr muß dagegen Widerſpruch
erhoben werden, wenn hier ganz unverblümt verlangt wird,
daß ein Projekt — um der Perſon und ihrer ſonſtigen Der:
dienſte wegen preisgekrönt werde. Schreibt doch L. Heveſi
im —

„Er Wagner) iſt heute ohne Zweifel, trotz all dieſer
Angefochtenheit, der populärſte Architekt Wiens. Was er
bisher Geffentliches und Privates gebaut, von den Donau-
arbeiten und der Stadtbahn bis zu ſeinen eigenen Häuſern,
hat ſich in der öffentlichen Meinung Alles durchgeſetzt.
 
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