DOI Heft:
Nummer 24
DOI Artikel:Brieger, Lothar: Zur Entwicklung der russischen Malerei i. 19. Jahrhundert
Zitierlink: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kunst_halle1904/0427
Wummer 24.
Werkin, 15. Septemöer 1904.
IX. Jayrgang
Uottzentheil.
LeittcvriN Mr Xunsl una Xunsigewerbe.
Grgan für die Interessen aller Dildenden Künstler.
III. Das russische Kirchenbild. (Schluß.)
modernen Deutschland sind wir durch das ewige Theoretisiren glück-
lich so weit gekommen, daß alles einheiliche Bewerthen des Künstle-
rischen allmählich verschwand. Die Linen gelangten über den
historischen Vorwurf hinaus zu leerer Repräsentation, die Andern haben
ein einseitiges Schlagwort, das sich ein großer Polemiker wie Lessing wohl
einmal gestatten durste, als ein Ariom hingestellt und sind so zu einer
albernen Vergötzung der allein seligmachenden Technik gelangt, die uns
gerade vor den Vätern dieser Technik, den Franzosen, bloßstellen muß. Da
ist es heilige Pflicht, den streitenden Parteien immer und immer wieder
entgegenzuhalten, daß sie beide im Unrecht sind, daß noch zu jeder Zeit
die Mutter jeder großen Kunst das Lthos war. Gleichgültig, ob sich
nun diese Lthik in das Gewand einer Religionsform oder in solches
eines allgemein menschlichen Sittengesetzes kleidet, Rasse und Linzel-
persönlichkeit, Geschichte und Alltagsleben, sie sind alle nur Formen,
Erscheinungen von 'Ideen, Spiegel, in denen sich das Lthos zu erblicken
vermag. Nimmt man der Kunst die Lthik, so bleibt eine hohle Schale
zurück, Pseudo-Idealismus oder Naturalismus.
Rußlands nach Levithan größter Künstler, Victor Michajlowitsch
Wasnezow, hat eine ähnliche Anschauung einmal in folgende Worte
gekleidet:
„Zum Schatze der Welt-Kunst werden wir nur beizutragen vermögen,
wenn wir all' unsere Kräfte der Entwicklung unserer spezifisch russischen
Kunst widmen. Damit will ich sagen, daß wir Schönheit, Wucht und
Sinn unserer Symbole, unserer russischen Natur, unseres Volkes, unserer
Gegenwart und Vergangenheit in aller uns nur irgend möglichen Voll-
kommenheit und Vollständigkeit ausdrücken und darstellen sollen. Unsere
Kunst muß all' unsere Träume, unsere Hoffnungen und unfern Glauben
als etwas Ewiges und Unvergängliches widerspiegeln können."
Inhalt: Zur Entwicklung dex russischen Malerei im (9. Jahrhundert
(III. Das russische Kirchenbild), von Lot ha r B ri e g er-wa sservo g el. — Larl
Seffner. von L r n st K i e s l i n g — Große Kunstausstellung Dresden t 90^ (III. Graphik
und Plastik), von Julius Günther. — Berliner Kunstschau (Künstlerhaus,
Ld Schulte, Wertheim), von F. I. — Inhalts-Verzeichniß des IX. Jahrgangs.
— Unsere Abbildung: Carl Seffners Goethe-Standbild auf dem
Leipziger Baschmarkt.
Perausgeber: Pros. vr. 6eorg gaNanü, Lharlottenburg
Telephon Amt Lbsrlottenburg, No. 1083.
krscheinl sm I. unä 15. äer Monats. Abonnement pro OurrtsI 2 MX. — 2 Xr. 40 Hr. (bei (Meiner
Lusenäunz 2,30 Mir. — 2 Xr. 80 Hr.) bei allen öuchbsnälungen unä Postämtern, (poslreitungs-preisliste
Ito. 445h.) kinrelnummer 40 PI. — 50 Hr.
Inrertionspreis liir die äreigespsltene Itonpareiilereile 20 PI. — 25 I)r.
Verlag von I. harrwitr Nachfolger, 6. m. b. fi., Berlin SW. H8, Friedrichstraße (6.
lllur Lntvicklung Ser rurrircken Mlerei i. IS. Mrlmnöerl
Von Lothar Brieger-Wasservogel, Weimar.
ik Lv4
Werkin, 15. Septemöer 1904.
IX. Jayrgang
Uottzentheil.
LeittcvriN Mr Xunsl una Xunsigewerbe.
Grgan für die Interessen aller Dildenden Künstler.
III. Das russische Kirchenbild. (Schluß.)
modernen Deutschland sind wir durch das ewige Theoretisiren glück-
lich so weit gekommen, daß alles einheiliche Bewerthen des Künstle-
rischen allmählich verschwand. Die Linen gelangten über den
historischen Vorwurf hinaus zu leerer Repräsentation, die Andern haben
ein einseitiges Schlagwort, das sich ein großer Polemiker wie Lessing wohl
einmal gestatten durste, als ein Ariom hingestellt und sind so zu einer
albernen Vergötzung der allein seligmachenden Technik gelangt, die uns
gerade vor den Vätern dieser Technik, den Franzosen, bloßstellen muß. Da
ist es heilige Pflicht, den streitenden Parteien immer und immer wieder
entgegenzuhalten, daß sie beide im Unrecht sind, daß noch zu jeder Zeit
die Mutter jeder großen Kunst das Lthos war. Gleichgültig, ob sich
nun diese Lthik in das Gewand einer Religionsform oder in solches
eines allgemein menschlichen Sittengesetzes kleidet, Rasse und Linzel-
persönlichkeit, Geschichte und Alltagsleben, sie sind alle nur Formen,
Erscheinungen von 'Ideen, Spiegel, in denen sich das Lthos zu erblicken
vermag. Nimmt man der Kunst die Lthik, so bleibt eine hohle Schale
zurück, Pseudo-Idealismus oder Naturalismus.
Rußlands nach Levithan größter Künstler, Victor Michajlowitsch
Wasnezow, hat eine ähnliche Anschauung einmal in folgende Worte
gekleidet:
„Zum Schatze der Welt-Kunst werden wir nur beizutragen vermögen,
wenn wir all' unsere Kräfte der Entwicklung unserer spezifisch russischen
Kunst widmen. Damit will ich sagen, daß wir Schönheit, Wucht und
Sinn unserer Symbole, unserer russischen Natur, unseres Volkes, unserer
Gegenwart und Vergangenheit in aller uns nur irgend möglichen Voll-
kommenheit und Vollständigkeit ausdrücken und darstellen sollen. Unsere
Kunst muß all' unsere Träume, unsere Hoffnungen und unfern Glauben
als etwas Ewiges und Unvergängliches widerspiegeln können."
Inhalt: Zur Entwicklung dex russischen Malerei im (9. Jahrhundert
(III. Das russische Kirchenbild), von Lot ha r B ri e g er-wa sservo g el. — Larl
Seffner. von L r n st K i e s l i n g — Große Kunstausstellung Dresden t 90^ (III. Graphik
und Plastik), von Julius Günther. — Berliner Kunstschau (Künstlerhaus,
Ld Schulte, Wertheim), von F. I. — Inhalts-Verzeichniß des IX. Jahrgangs.
— Unsere Abbildung: Carl Seffners Goethe-Standbild auf dem
Leipziger Baschmarkt.
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Telephon Amt Lbsrlottenburg, No. 1083.
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Von Lothar Brieger-Wasservogel, Weimar.
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