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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 24
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Günther, Julius: Grosse Kunstausstellung in Dresden 1904
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Imhoff, Franz: Berliner Kunstschau
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37H

Die A u n st - H a l l e.

Nr. 2-;

in Berlin und von demselben Künstler emen werblichen
Idealkops in dunkler Bronze, weiter von Josef Lunburg-
Rom zwei anspruchslose, aber bei näherem Eingehen
äußerst fesselnde Statuetten des Bischofs von Straßburg
und eines karikirten Geistlichen. So einwandfrei die
bereits bekannte Gruppe „Der Ruß" von Fritz Klimsch
auch gemacht ist, so ist doch so viel Rndeutsches darin,
so viel leeres Geschick, daß wir uns weniger von ihr
imponiren lassen. ,
Der Breslauer Bärenbrunnen von Ernst Moritz
Geyger kann einer der originellsten Brunnen genannt
werden: die Ausführung des Gedankens ist vortrefflich,
weiter sei die große Gruppe von Otto petrenz „An
derTränke", das lebendige Denkmal des Landschaftsmalers
Baran von van der Etappen, die feine Liszt-Statue von
Herm. Hahn erwähnt. Die Arbeiten von Paul peterich
haben bei aller Fähigkeit etwas Erkältendes durch ihre
glatte blutleere Formgebung; nur seine weibliche Bildniß-
büste möchte ich ausnehmen.
von einem näheren Eingehen auf Rleinplastik und
die kunstgewerbliche Abtheilung muß aus Platzrücksichten
abgesehen werden; letztere ist klein, aber gewählt.
Ebenso ist die Empire-Ausstellung sehr sehenswerth, nicht
nur wegen ihres Inhalts, sondern auch wegen des
äußerst geschmackvollen Arrangements.
Julius Günther.
W
Zerliner Aimtrclisli.
«2^/^Ver erste Monat der neuen Saison, als welchen
September zu betrachten gewohnt ist,
setzt vielverheißend ein. Aber sei es, daß das
Interesse für die noch immer geöffneten Hauptausstellungen
in diesen sonnigen Tagen des Spätsommers noch fort-
dauert, sei es, daß inan den vorzeitigen Beginn der
Herbstsaison nicht ernst genug nimmt, das Publikum
läßt einstweilen auf sich warten. So ist der Kritiker fast der
erste Herbstvogel in den alljährlich verjüngten Räumen der
Kunstsalons. Vielleicht entschuldigt ihn das, wenn er
beim Anfang sich etwas flüchtiger seines Amtes entledigt
und mehr eine knappe Ueberschau als eine ausführliche
kritische Betrachtung des an Umfang und auch an
(Qualität ziemlich erheblichen Materials giebt.
Lassen wir dem Künstlerhause den Vortritt.
Dort hat in den beiden Haupträumen eine Gruppe
rüstiger Maler des dekorativen Kunstfaches — sie nennt
sich Berliner Künstlerbund — eine beträchtliche
Zahl von theilweise sehr erfreulichen Studien und Ent-
würfen zur Schau gestellt. Die Berliner Kunst der
jüngeren Generation stand bisher nicht gerade in dem
Ruf, für großzügige dekorative Aufgaben sonderlich ge-
schickt zu sein. Um so willkommener, wenn gleich eine
ganze Gruppe jüngerer heimischer Talente das Ent-
gegengesetzte darlegt. Ls erscheint bei näherer Prüfung
freilich nicht Alles geschmackvoll und ausgereift, was
die Herren, die sich mehr oder minder die ornamentalen
Gepflogenheiten der Moderne angeeignet haben, uns
gemalt und gezeichnet bieten. Erfolgreich weiß Albert
Klingner Sinnbildliches aus der nordischen Sage, wie
„Mimirs Ouell" (Weisheit) und „Suttungs Meth"
(Begeisterung), im Rahmen von Lünetten goldgetönt zu
gestalten. Daran schließen sich mehrere wirkungsvolle
Entwürfe zu opulenten Ausmalungen ganzer Räume.
Von Albert Maennchen sind zumal Entwürfe und
Skizzen zu Deckenbildern hervorzuheben, wobei als
Motiv „Apoll und die Musen" gewählt ist. Die vielen

Linzelstudien und Akte haben freilich für ein größeres
Publikum kaum Berechtigung Zurschaustellung. Richard
Böhland und August Unger haben, jeder in seiner
eigenthümlichen dekorativen Art, ähnliche Aufgaben zu
lösen versucht, also vorzugsweise Ausmalungen von
Räumen, auch Entwürfe zu Glasfenstern geschaffen.
O. Geerke hat mit seiner im Freilicht gemalten
Kolossalfigur eines Schnitters ebenfalls an einen dekora-
tiven Zweck gedacht, wie Klingner bei seiner kolossalen,
wenn auch formal nichr gerade bestechenden Verbild-
lichung der drei Stände. Julius Voß endlich bedient
sich mit Vorliebe der Landschaft zu analogen Aufgaben
der Wandausschmückung und erreicht damit oft sehr
hübsche Wirkungen.
Bei Ed. Schulte wird man mit einem Schlage
mitten in künstlerische Neuheiten pariser Abkunft ge-
führt. Von den vorhandenen Meistern kennt man
zweifellos am besten den Norweger Fritz Thaulow,
der dieses Mal die Monotonie seiner virtuos gemalten
Winterbilder mit einigen brillanten Sommerszenen unter-
bricht, die das übliche Motiv mit dem durch wiesen
oder Dörfer ziehenden Flüßchen anmuthig variirt zeigen.
Ebenso ist Le Gout-Gerard mit seinen koloristisch
lebhaften, oft poetisirten und geistreich nüancirten kleinen
Seebildern Vielen vertraut und von ihnen geschätzt.
Auch H. van der weyden, der im Landschaftlichen
wie im Figürlichen eine durch Stimmung und selbst
formale Beschönigung erzeugte Steigerung der Wirk-
lichkeit erstrebt, gehört zu den Bekannten. Neu ist zu-
nächst der durch eine Kollektiv-Ausstellung vertretene
pleinairmaler Victor Vignon, dessen künstlerisches
Schaffen leider durch die Erblindung des Meisters ein
verfrühtes Ende erhielt. Das ist ein um so größeres
Unglück, als Vignon, wie selten einer dieser Im-
pressionisten, den Landschaften überaus köstliche leuchtende
Farben, zugleich weich abgetönte Fernsichten gab. Jules
Alexis Muenier pflegt in seinen mit Figuren staffirten
süditalischen Landschaften eine besondere Art, die durch
eine verschmolzene Malweise und eine auf den Kontrast
von Hell und Dunkel beruhende Wirkung sich charakterisirt.
Rupert T. w. Bunny stellt ganz hellfarbige Allegorien
wie „Die Stunden" und „Lebensgang" mit Typen ü Is,
Louolisr aus, seltsame Mischungen von Wirklichkeit und
Dichtung, die vielleicht ein anders geartetes Publikum
als das hiesige goutiren wird. Koloristisch apart wirken
die zumeist aus Blumen oder Früchten mit Gesäßen
zusammengestellten Stillleben von Eugene Ioors-Ant-
werpen. Seltsam in seiner weise ist das stark pessi-
mistisch aufgefaßte „Ooin äs Lat^iHs" von LH. Hoff-
bauer-paris, ein grau getöntes Stück Schlachtfeld in
einem Walde. Die flott modellirten temperamentvollen
Figürchen von F. R. Lar ab in-Paris, zumeist Tänze-
rinnen, besitzen eine kecke, fast impressionistische Art, der
ein gewisses Verdienst nicht abzusxrechen ist. Die
Aquarelle von w. Andrae mit Ansichten der baby-
lonischen Ausgrabungsstätten haben wohl hauptsächlich
den Zweck, der Propaganda der Deutschen Orient-
gesellschaft für ihre Forschungen zu dienen.
Die Ausstellung bei Wertheim präsentirt sich in
provisorischen Räumen nicht so vortheilhaft wie sonst.
Das künstlerische Gepräge des Ganzen ist aber ungefähr
das übliche und zwar weit überwiegend durch Studien,
dieses Mal u. A. von Max Metzold-Hamburg, bestimmt,
aus deren Fülle ein paar sozusagen fertig gereifte Bilder
herausragen. Ich habe mir außer einigen kühnen See-
stücken des Brüsselers Marcette noch ein Interieur mit
einem „Dorfzimmermann" von Max Fabian und einen
im Grünen hingestreckten Freilicht-Akt von Josef Lngel-
hart-wien „KIsnr8 äs Ly8I der brillant gemalt ist,
angemerkt. ' F. I.
 
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