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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 11.1830

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https://doi.org/10.11588/diglit.13628#0043
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ihres Genies und ihrer Talente ist; denn es ist die Ei-
genheit schwacher Geister, daß sie mit aller Gewalt. Neues
Hervorbringen wollen, selbst mit Gefahr, in's Lächerliche
und Bizarre zu verfallen.

Distelbarth.

Kupferstecherkunst in Petersburg.

Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß die sich allge-
mein verbreitende Regsamkeit der Kunst sich auch in dem
Norden Europa's zeigt. Früher waren nur Ausländer in
Petersburg die ausübenden Künstler und beinahe bis jezt
konnte man, wenn von Svstemen in Sammlungen die
Rede war, nicht gut das Wort Schule für die Werke
der russischen Künstler annehmen, daher man gewöhnlich
ihre Werke zu den gemischten Schulen ordnete. Schon
unter der Negierung der Kaiserin Elisabeth stiftete oder
gründete vielmehr auf kaiserlichen Befehl der berühmte
Kupferstecher Georg Friedrich Schmidt aus Berlin
gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Schule der
Kupferstecherkunst, wozu später Klauber, ein vorzüglicher
Schüler des berühmten Wille, als Direktor gesezt wurde.
Leztcrcr bethätigte seinen Wirkungskreis bis vor einigen
Jahren, wo er ziemlich hoch in Jahren von der Künstler-
lausbahn abtrat.

Unter mehreren seiner Schüler zeichnet sich der jetzige
Direktor der Kupfersiecherschule in Petersburg N. Out-
kvn aus, welcher als ein äußerst geschickter Porträtkupfer-
stecher bekannt ist und von welchem mehrere Bildnisse be-
rühmter russischer Gelehrten und Staatsbeamten, darun-
ter wir das des Metropoliten von Petersburg Michel,
dann das Bilduiß des Historiographen Karamsin, des
Dichters Müller, Feldmarschall Suwarows, des Fürsten
Kurakin und anderer mehr, den Beweis geben.

Outkyn studirte mehrere Jahre in London und Pa-
ris ; an lezterem Ort besonders machte er sich unter des
trefflichen Bervic's Lehre dessen freie Behandlung und
Führung des Grabstichels eigen, und es scheint, als wenn
Outkyn diese Methode in mehreren, hauptsächlich iu dem
jezt näher zu beschreibenden Blatt, welches vor ganz kur-
zer Zeit vollendet wurde, gleichsam zur geltenden Norm
in seinen Arbeiten anwendete.

Dieses Blatt, welches wir Gelegenheit zu betrachten
hatten *), stellt das Bilduiß der Kaiserin Catharina ll.

*) Wir hotten Gelegenheit die beschriebenen beiden Haiipl-
blatter ron Outkyn, so wie auch dos von Goloctionoff,
bei Herrn Jordan, einem Schüler Outkyn zu sehen, der
sich jezt auf einer Reise nach Paris befindet und schon
jezt viel Talent für die Kupferstechcrknnst zeigt, wie wir
ans einem Blatt von ibm nach Loffcnko, den Tod Abel's
vorstcttend, uns überzeugten.

I in ganzer Figur nach dem berühmten russischen Bildniß-
malcr Borowikowsky aus der Gallerie des Grafen Nic.
Petrow. Romanzoff dar. Die. Regeutin ist in einen
lichtfarbcnen, seidenen Oberrvck gekleidet, ihr männliches
Haupt ist mit einem kleinen Hut bedeckt. In ihrer
Rechten trägt sie einen Stock. Die Haltung ihres Kör-
pers ist nach Links gerichtet, jedoch wendet sich das
Haupt nach der rechten Seite des Parks oder Gartens des
prächtigen Schlosses Zsarsky-Selo, welcher den Hintergrund
des Gemäldes bildet und besonders noch einen Obelisk
sichtbar werden läßt. Das treue Windspiel begleitet die
Fürstin, indem es, sich an sie anschmiegend, ihr zur Seite ist.

Hinsichtlich des kupferstecherischen Werthes gehört die-
ses Blatt zu den vvrzüglichern der neuern Arbeiten und
macht dem Künstler viel Ehre; der Kopf der Kaiserin ist
mit aller möglichen Zartheit und Freiheit des Grabstichels,
verbunden mit einer sehr bestimmten und. korrekte» Zeich-
nung, bearbeitet; eben so ist der seidene Stoff des Klei-
des durch äußerst reine und zarte Taillen in einfacher Ar-
beit und man kann sagen, ohne Anmaßung vollendet. Der
Hintergrund oder die Landschaft, welche von Tschesky, ei-
nem der vorzüglichsten russischen Landschaftskupferstecher
radirt ist, verbindet sich mit der Hauptfigur in schöner
Harmonie, und zugleich sind die verschiedenen Baumarteu
des Parks mit großer Naturtreue der Formen dargestellt.
Auf jeden Fall gehört dieses schon bedeutend große Blatt
(es hat in der Höhe einige 20 Pariser Zoll) zu dem schön-
sten, was sich Kupferstichsammlern empfehlen kann.

Ein zweites, interessantes, großes Blatt ist eine Land-
schaft nach Claude le Lorrain, Christus mit den Jün-
gern nach Emmaus gehend.

Der Kupferstecher Goloctionoff, einer der talent-
vollsten Künstler dieses Fachs, hat die Aufgabe, dieses Bild
durch Nadel und Grabstichel wiederzugeben, sehr glücklich
gelößt. Besonders schön ist im Ganzen der Luftton, wozu
ihm die mechanische Fertigkeit der trockenen oder kalten
Nadel sehr zu Statten kam, und wodurch die Wirkung
des Bildes in eine schöne Harmonie gebracht wurde. Das
Blatt ist in groß Real-Quer-Folioformat und ist würdig,
jedem Hauptblatt nach Claude's Gemälden zur Seite ge-
legt zu werden.

Das wenig gekannte Originalgemälde Claude's ist in
der Gallerie der K. Eremitage zn Petersburg, leider aber
in einem sehr verdorbenen Zustand, daher der Kupfer-
stecher mit desto größer» Schwierigkeiten zn kämpfen
hatte. Da Goloctionoff zugleich ein guter Zeichner ist,
so besiegte er um so leichter die schwere Aufgabe, indem
er vorher eine schöne Zeichnung in Aquarell sich davon
fertigte.

Frenzel.
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