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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 11.1830

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https://doi.org/10.11588/diglit.13628#0303
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mit Pferdekopf, Flügeln und Fischleib, der Diana deßglei- |
chen mit Hirschkopf, dem Neptun mit Pferdekvpf und ge- .
flooßten Flügeln, der Flora mit Löwenkopf beigegeben.
Diese Thiergestalten bilden ein schönes Ornament und sind |
gut ausgeführt. Unter den kolossalen Götterköpfen zeich-
nen sich die von Neptun und Flora aus, jener mit Schilf
bekränzt und in kräftigem Barte, dieser im Blumenkränze.
Ein treues Studium der Antike giebt sich in sämmtltchen
zu erkennen.

Anziehender noch werden die kleineren Frontons dnrch
Medaillons mit Gcnienflguren, deren je zwei auf dem
Gesimse des Gebäudes angebracht, die einfache Ausstattung
der Giebelfelder unterstützen. Diese reizenden Gestalten
sind gleichfalls von dem Bildhauer Theodor Wagner
erfunden und ausgcführt. Sie haben jede 3' im Durchmesser.

Die den Apollogiebel umgebenden Genien tragen, der
eine die Leier, auf der er spielt, der andere den Köcher,
den er mit der rechten Hand faßt, während die linke nach
dem Pfeil im Köcher zurückgreift. Beide knien sich ge-
genüber.

Neben Diana kniet der eine und halt mit der Rech-
ten den abgespannten Bogen; die Linke hält den Stab, der,
auf die linke Schuster gelegt, an dem vordern Ende zwei
erlegte Hühner, an dem hintern einen tobten Hasen herab-
hängen läßt. Das gegenüberstehende Medaillon zeigt ei-
nen sitzenden Knaben, wie er den aufmerksamen Jagdhund
abrichtet.

Auf Delphinen reiten die zwei Genien, von welchen
der Kopf des Neptun begleitet ist. Der zur rechten Seite
des Beschauers halt den Dreizack empor; der zur linken
trägt eine Seemuschel, dergleichen sich die Tritonen zum
Blasen bedienen, und sieht schalkhaft nach seinem Gespielen
hinüber. Dieser letztere hat eine allerliebste Kinderphp-
siognomie.

Von den Genien der Flora flicht der eine ein Blu-
mengewinde, wozu er die Blumen in einem vor ihm ste-
henden Korbe auswählt; der andere hält in der Liechten
mit stolzem Wohlbehagen die Traube, den Schmuck des
Neckarthales, empor, und bewahrt in der linken das mit
Früchten des Feldes und der Gärten gefüllte Horn.

Die Mannigfaltigkeit dieser kleinen Figuren ist nickt
zu verkennen. Sie sind im grünlichen Sandstein längst
fertig gebracht und feit dem vorigen Sommer an Ort
und Stelle eingefügt.

Wohl darf man mit Ruhm dieser sämmtltchen plasti-
schen Werke gedenken und ihre geschmackvolle Anordnung
und Ausführung den Ornamenten, Statuen u. s. w. ge-
genübcrhalten, mit welchen noch im vorigen Jahrhunderte
Schlösser und Villen oft nur zu freigebig ausgestattet
worden sind und welche sich so recht Mühe zu geben schei-
nen, mit verrenkten Gliedern und flatternden Gewändern
die Mode des Ungeschmacks zu verkündigen. Gott sep

Dank, daß Canova der modernen Plastik die französischen-
Perrücken abgenommen hat, während das deutsche Drama
sich von der aristotelischen Dictatur des Pariser Instituts
lossagte. Es steht zu hoffen, daß, wenn die Achtung deut-
scher Poesie immer mehr über steife Formen und tödtende
Regeln auch im Auslande gesiegt haben wird, gleichfalls
die bildende Kunst immer allgemeiner zu ihren ewigen
Rechten, denen der Natur und Wahrheit, gelangen werde.

Noch sind an der Außenseite des Landhauses acht Ni-
schen, welche für Bildsäulen bestimmt sepn sollen, über de-
ren Wahl aber der königliche Besitzer noch nicht entschie-
den habe. Zur Belebung der Architectur würde es freilich
ungemein viel beitragen, wenn sich hier bezeichnende, mit
der Bestimmung des Gebäudes verwandte Figuren befänden.

(Die Fortsetzung folgt.)

Kunstausstellung in Mailand im Jahr 1829..

(Fortsetzung.)

Von demselben Meister haben wir eine schöne Skizze,
die in uns den Wunsch erregt, künftiges Jahr das Bild
im Großen zu sehen;, der Gegenstand ist Matthias Vis-
conti, vor Kaiser Heinrich vtt. angeklagt, von der Parthey
der Guelphen zu sepn, und von dem Grafen von Garbag-
nate gerechtfertigt. — eine sehr glückliche Composition.

Wilhelm Teil legt den Apfel, den er mit einem Pfeil-
schusse treffen muß, auf den Kopf seines Sohnes; ein an-
dres skizzirtes Bild. Dieß konnte nur ein landschaftlicher
Gegenstand sepn, während die Handlung des Schießens
mit der Armbrust ein historischer für die höhere Malerei
ganz geeigneter ist. Dann ist die Handlung lebhaft und
allgemein, verschiedenartige Gefühle verleihen den Haupt-
personen einen verschiedenen Ausdruck, denn Gesler ist von
der trotzigsten Wuth entbrannt, wie er diesen Probeschuß
fordert; Test schnaubt Rache zur selben Zeit, in der er
ein festes Vertrauen auf seine Geschicklichkeit verkündet,
ein Vertrauen, das ihn der Wuth des Deutschen trotzen
macht. Aber die Handlung des Apfelauflegens erfordert
eine gewisse, wenigstens anscheinende Ruhe, cs handelt sich
darum, einen kleinen runden Körper auf die Spitze eines
andern runden Körpers zu legen, und darauf, bedacht zu
sepn, daß derselbe in einer gewissen Entfernung gesehen
werden könne. Zu aste dem ist Kaltblütigkeit, eine gerade
Richtung nothwendig, was wir in dem Telle dieses Bil-
des nicht finden, der durch einen großen Schritt über zwei
Flächen, die übcrdicß nicht von gleicher Höhe sind, eine
heftige Bewegung anzeigt, die man nur daun zugeben
könnte, wenn er nach aufgelegtem Apfel sich der ihm be-
zeichneten Fernweite nähert. Und dann, welch' Interesse
für die Zuschauer hat dieser Moment — ein einziges Ge-
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