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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 11.1830

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https://doi.org/10.11588/diglit.13628#0307
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Kunstausstellung in Mailand im Jahr 1829.

(Fortsetzung.)

Die fünf Figuren im Mittelpunkte bilden eine schöne
Gruppe, welcher nichts fehlt, als daß die Intention
des Künstlers darin nicht vollkommen ausgedrückt ist,
Varnabo von dem Anführer lebhaft ergreifen zu lassen.
Die Finger auf dem untern Theile der Kaputze^am Halse
haben zwar die Bewegung, die dieser gewaltthätigen Hand-
lung zukömmt, aber keine Falte der Kaputze zeigt jan,
daß sie einer solchen ungewöhnlichen Anstrengung nachgibt.

Auch die Pferde müssen unsere Kritik beschäftigen,
denn dieses stolze Thier spielt ebenfalls seine Rolle in
Scencn dieser Art, und war für die großen Meister
alter und neuer Zeit immer ein Gegenstand besonderer
Studien. Varnabo's Maulthier und Galeazzo's Pferd
sind von schöner Form. Ader der Künstler hat nicht
bemerkt, daß die'Erschütterung des Gebisses durch die
Handlung desjenigen, welcher das Maulthker aufhält, in-
dem er ihm den Kopf auf Len Widerrist zurückdrückt,
während der zu Boden geworfne Page in entgegengesetzter
Richtung anzieht, den Mund des Thieres öffnen muß;
dieser im Gegentheil ist ganz geschlossen, was der Natur
zuwiderläuft. Eine der großen Verlegenheiten bei einer
ähnlichen Verwirrung ist: die Füße der Pferde zu stellen.
Die Bewegung derselben wirkt mit zu der allgemeinen
Handlung, sie muß energisch sepn, und zu gleicher Zeit
dem Körper seine richtige Stellung, sein Gleichgewicht
erhalten, die Haltung des Pferdes ist aber noch schwerer
aufzufassen als die des Menschen. Jndeß hat der Künst-
ler manches gutes Auskunfcsmittel, um sich aus solcher
Schwierigkeit zu helfen.

Hr. Sala ist, wie das Sprüchwort sagt, mit gleichen
Füßen darüber hinweggesprungen. Es hat schon sehr lange
nicht mehr geregnet, eine Menge Staub hat sich gesam-
melt, der uns nur einen Fuß des Maultbiers, ein
wenig von dem grauen Schweife des Pferdes, auf welchem
der Krieger sitzt, der Varnabo anpackt, sehen läßt, so daß
wir den Körxer und den Kopf des Thieres errathen
müssen, die wir nicht zu sehen bekommen. Es ist ganz
natürlich, daß dieser Staub, der sich zum Glücke für den
Maler verdichtet hat, uns die Füße der Pferde, der Sol-
daten, die hinter dieser Gruppe befindlich sind, verdeckt.
Dicß ist vielleicht auch ein Glück für uns, denn nicht alle
Künstler haben das Talent eines Vernet-

Wenn Hr. Sala die Zuschauer des Balkons, die für
die geringe Entfernung zu klein sind, hinwegnehmcn will,
wird man dieses Bild, das Talent verrath, mehr als
einmal mit Vergnügen sehen.

Nichts Neues unter der Sonne.

Die Römer raubten an einem Feste die Sabinerinnen,
behielten sie aber bey sich. Im Jahre <544, als man in
Venedig die Vermählung zweper auf Kosten' der Nepublick

ausgestatteter Mädchen fcyerte, und diese jungen Fralierr
mit allem möglichen Schmucke geputzt waren, den ihnen
die edlen Benetianerinnen zu diesem Lage geliehen hatten,
sogar goldne mit Edelsteinen und kostbaren Perlen reich
verzierte Kronen auf ihren Kopsen trugen, sah man plötz-
lich einen Hausen Seeräuber von Istrien landen, ans das
unbewaffnete, ganz mit dieser Feyerlichkeit beschäftigte
Volk losstürzen, und die Bräute entführen (die man ihnen
wieder abnahm, denn von ihrer ersten Ueberraschnng zu-
rückgekvmmen, stürzten sich die Seeleute zu ihrer Verfol-
gung inö Meer). Hr. Joh. Darif aus Venedig hat es
unternommen diese Begebenheit auf einem großen Bilde
darzustellen, minder glücklich als die Gräfin Regnier Micheli,
die in ihren Venetianischen Festen (3 Bände in 8. italie-
nisch und französisch gedruckt) eine rührende Erzählung da-
von geliefert hat. (Die Fortsetzung folgt.);

Amerikanische A l t c r t h ü m c r.

Ein in Amerika ansgefundenes Kunstwerk könnte da-
zu dienen, eine sehr dunkle Frage endlich zu beantworten
und das alte Daseyn eines lauge Zeit unbekannten Vol-
kes und Landes, so wie deren altes Verhältuiß zu der übri-
gen civilifirten Weit zu bestätigen.

Ein Pflanzer entdeckte im December 1828 ans einem
Felde bei Monte-Video in Südamerika einen Grabstein
mit fremden, ihm unbekannten Charakteren. Er brachte
diesen Stein, welcher eine kleine Mauerarbeit bedeckte,
weg, und fand hier zwei Schwerter, einen Helm, einen
Schild, sämmtlich bedeutend von Rost angegriffen, und ei-
nen großen irdenen Krug. Der Pflanzer ließ diese Ge-
genstände nebst dem Grabsteine nach Monte-Video schaffen-
wo es, vbschon sich die Zeit hier in ihrer ganzen zerstören-
den Kraft gezeigt hatte, gelang, eine Reihe von griechi-
schen Worten zu lesen, deren Uebersetzuug also lautet:'
„Unter der Regierung Alexanders, des Sohnes des Phi-
lippus, Königs von Macedonien, in der drei und sechszig-

sten Oipmpiade, Ptolemaivs.der Schluß ließ sich

unmöglich entziffern. An dem Griffe des einen Schwer-
tes ist ein Bild, angeblich Akeranders, sichtbar, und auf
dem Helme sind; Bildhauerarbeiten, den Achilles vorstel-
lend, wie er Hektors Leiche schleppt.

So möchte denn, nach der Entdeckung dieses Monu-
ments zu schließen, schon ein Zeitgenosse Alexanders den
Boden von Brasilien und La Plata betreten haben, wel-
chen die Europäer am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
zuerst entdeckt zu haben glaubten. Aber wer sieht-nichts
daß diese Inschrift den Alexander ungefähr 16» Jahre vor
seiner Geburt würde leben lassen? Zudem haben ja die
Griechen erst nach des Macedonischen Eroberers Tode ihre'
Zeitrechnung nach Olympiaden begonnen. Bis zu jener
Epoche hatten die Völker Griechenlands gar keine regelt-
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