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Das dritte Blatt zeigt den heiligen Bischof Adal-
bert, wie er aus dem Kloster Monte Cassino im Geleite
niedrerer Gefährten nach Böhmen, seinem Vaterlande,
rückkehrt, in dem seit seiner Abwesenheit eine ausseror-
dentliche Hungersnoth herrschte, da im Lande wegen
großer Dürre nichts gedieh. Tief erschüttert über die
Voll) und die Leiden seiner Landsleute, betet St. Adal-
bert zu Gott um Segen und Rettung, und wie er noch
dasteht im festen vertrauensvollem Aufblick zum Himmel
— da zeigt stch reichlicher Regen über der Umgegend von
Pomuk und der öde Hügel, auf dem er stand, begann
nun ZU grünen.
Aus den Seitengründen des Hügels eilt ein Skladike
mit mehreren Landsleuten herzu, deren Antlitz vor Freu-
de» über den erflehten Segen erglänzt. Dieses, groß in
Ochl von Tkadlick*) (geboren zu Unhoscht in Böhmen)
ausgeführte Gemälde befindet sich in der Gallcric patrio-
tischer Kunstfreunde in Prag. Es wurde von Herrn
Friese aufs gelungenste copirt und von Herrn Döb-
ler gestochen. — Herr Gnbernialrath und Kreishaupt-
maun Ritter hat es vorzugsweise für deu Berauner
Kreis bestimmt und Herr Doktor Professor A. Klar,
der die Devisen für diese Blätter wählte, hat recht passend
auf die sturmbeivegten Tage der Gegenwart, aus der
uralten Böhmschen Volkshpmne zum h. Adalbert, die
herrlichen Worte entlehnt: »Gieb, Herr, Vrod und
Frieden dem Vaterlande" auf die Kornähren und
die Oelzweige deuten, mit denen die Einfassung des
Bildes geziert ist.
Diese neue geistvolle Einrichtung erfreute sich rings
im Vaterlands der höchsten Theilnahme und überall ge-
wahrte man mit dankvoller Anerkennung die sinnreiche
zarte Wahl der Darstellungen mit besonderer Rücksicht
auf das Vaterland und die würdevolle Behandlung von
geschäzter Künstlerdand, die diese drei Blatter nicht nur
fürs Neujahr, sondern für bleibende Zeit zu einer recht
erfreulichen Gabe eignen.
Bis jezt wurden gegen 19,000 Eremplare abgesezt,
wodurch den Localarmenanstalten ein Gesammtbetrag von
mehr als 7,000 fl. C. M. zugewendet wurde lind um
ihre Anschaffung auch nach dem Neujahr möglich zu ma-
chen, hat der menschenfreundliche Oberstburggraf bereits
die Verfügung getroffen, daß diese Blätter im Wege
des Kunst - und Buchhandels, das Eremplar um 6 kr.
C. M-, beigeschafft werden können, welchen Ertrag
derselbe für die in Prag, nach dem Beispiele Wiens
und Ofens zu errichtende Kleinkinderwartanstalt
bestimmt hat.
*) Lebt als k. k. bsterreichischer Stipendiat zu Rom, wo
er allem Anscheine nach verbleiben wird.
Bemerkungen über Kunst.
Was nicht in religiös - nationalem Sinne
rein und wahr empfunden und gedacht werden kann, das
ist kein rechtes Dichter - und Bildwerk, und wenn das
geistreichste Talent, die gewandeste Technik daran ge-
wendet worden wären. Wo uns aber ein Werk begegnet,
das in solchem Sinne uns aumuthet, da wollen wir
uns nicht durch Frömmler oder Zeloten, durch Enthusia-
sten oder Fanatiker, durch Critiker oder Radical-Refor-
mer, iveder durch Orbil noch Zoilns in uuserm Urtheil
irre machen, unfern Kunstgenuß verkümmern lassen.
*
Das gewöhnliche Publikum hat kein critisches Ur-
theil; doch will der Künstler den Eindruck wahrnchmcn,
und merken, ob er volkothümlich ist. Gefallen ist
süß; mißfallen macht die Kunstleistung verdächtig. Einen
Hruptanstoß geben — ist ein halber Beweis gegen
den Künstler, Beifall des großen Publikums ein halber
für ihn.
Mehr nicht; — aber während der Markt-und Meß-
waaren - Künstler sich mit dem leztern begnügt, traut
sich der wahre zu, den andern halben in seinem Selbst-
bewußtsepn als gestellt vorausnehmen zu dürfen.
*
Abgebildet werden, ist schmeichelhaft; malen
heißt aber Form runden, Colorit verschönern; also heißt:
gut portraitiren, doppelt schmeicheln. Malend idealisiren
wäre demnach: dreifach schmeicheln.
*
Ein rechtes Urtheil in höchster Instanz über ein
Kunstwerk ist fast so selten, als ein Kunstwerk in
höchster Potenz.
»Ich frage nicht, von welchem Meister ein Ge-
mälde sey; ich sehe nur ob es gut ist." — So mag
wohl, wer selbst ein Meister ist, oder ein Kenner sagen.
Dem Tieferstehenden, dem Laien dient der Name zur
Orientirung im Schauen. Freilich ivollen Manche durch
den Namen zum Respekt electrisirt sepn; der richtigere
Sinn aber will die Meister kennen, die Meisterschaften
unterscheiden lernen. Es ist doch ein großer Unterschied,
ob eine »heilige Familie" von Raphael gemalt, oder nach
ihm von Carl Maratti copirt ist, ob ich einen »Johan-
ües" von Dvminichinv im Original, oder ein vollkommen
ähnliches Nachbild von dem talentvollen Mignard vor
mir habe. »Gut" in der Kunst ist sehr relativ, und
der Werth gelungener Werke steigt in der Höhe nach
dem Quadrat, wie der Preis des Diamants.
Das dritte Blatt zeigt den heiligen Bischof Adal-
bert, wie er aus dem Kloster Monte Cassino im Geleite
niedrerer Gefährten nach Böhmen, seinem Vaterlande,
rückkehrt, in dem seit seiner Abwesenheit eine ausseror-
dentliche Hungersnoth herrschte, da im Lande wegen
großer Dürre nichts gedieh. Tief erschüttert über die
Voll) und die Leiden seiner Landsleute, betet St. Adal-
bert zu Gott um Segen und Rettung, und wie er noch
dasteht im festen vertrauensvollem Aufblick zum Himmel
— da zeigt stch reichlicher Regen über der Umgegend von
Pomuk und der öde Hügel, auf dem er stand, begann
nun ZU grünen.
Aus den Seitengründen des Hügels eilt ein Skladike
mit mehreren Landsleuten herzu, deren Antlitz vor Freu-
de» über den erflehten Segen erglänzt. Dieses, groß in
Ochl von Tkadlick*) (geboren zu Unhoscht in Böhmen)
ausgeführte Gemälde befindet sich in der Gallcric patrio-
tischer Kunstfreunde in Prag. Es wurde von Herrn
Friese aufs gelungenste copirt und von Herrn Döb-
ler gestochen. — Herr Gnbernialrath und Kreishaupt-
maun Ritter hat es vorzugsweise für deu Berauner
Kreis bestimmt und Herr Doktor Professor A. Klar,
der die Devisen für diese Blätter wählte, hat recht passend
auf die sturmbeivegten Tage der Gegenwart, aus der
uralten Böhmschen Volkshpmne zum h. Adalbert, die
herrlichen Worte entlehnt: »Gieb, Herr, Vrod und
Frieden dem Vaterlande" auf die Kornähren und
die Oelzweige deuten, mit denen die Einfassung des
Bildes geziert ist.
Diese neue geistvolle Einrichtung erfreute sich rings
im Vaterlands der höchsten Theilnahme und überall ge-
wahrte man mit dankvoller Anerkennung die sinnreiche
zarte Wahl der Darstellungen mit besonderer Rücksicht
auf das Vaterland und die würdevolle Behandlung von
geschäzter Künstlerdand, die diese drei Blatter nicht nur
fürs Neujahr, sondern für bleibende Zeit zu einer recht
erfreulichen Gabe eignen.
Bis jezt wurden gegen 19,000 Eremplare abgesezt,
wodurch den Localarmenanstalten ein Gesammtbetrag von
mehr als 7,000 fl. C. M. zugewendet wurde lind um
ihre Anschaffung auch nach dem Neujahr möglich zu ma-
chen, hat der menschenfreundliche Oberstburggraf bereits
die Verfügung getroffen, daß diese Blätter im Wege
des Kunst - und Buchhandels, das Eremplar um 6 kr.
C. M-, beigeschafft werden können, welchen Ertrag
derselbe für die in Prag, nach dem Beispiele Wiens
und Ofens zu errichtende Kleinkinderwartanstalt
bestimmt hat.
*) Lebt als k. k. bsterreichischer Stipendiat zu Rom, wo
er allem Anscheine nach verbleiben wird.
Bemerkungen über Kunst.
Was nicht in religiös - nationalem Sinne
rein und wahr empfunden und gedacht werden kann, das
ist kein rechtes Dichter - und Bildwerk, und wenn das
geistreichste Talent, die gewandeste Technik daran ge-
wendet worden wären. Wo uns aber ein Werk begegnet,
das in solchem Sinne uns aumuthet, da wollen wir
uns nicht durch Frömmler oder Zeloten, durch Enthusia-
sten oder Fanatiker, durch Critiker oder Radical-Refor-
mer, iveder durch Orbil noch Zoilns in uuserm Urtheil
irre machen, unfern Kunstgenuß verkümmern lassen.
*
Das gewöhnliche Publikum hat kein critisches Ur-
theil; doch will der Künstler den Eindruck wahrnchmcn,
und merken, ob er volkothümlich ist. Gefallen ist
süß; mißfallen macht die Kunstleistung verdächtig. Einen
Hruptanstoß geben — ist ein halber Beweis gegen
den Künstler, Beifall des großen Publikums ein halber
für ihn.
Mehr nicht; — aber während der Markt-und Meß-
waaren - Künstler sich mit dem leztern begnügt, traut
sich der wahre zu, den andern halben in seinem Selbst-
bewußtsepn als gestellt vorausnehmen zu dürfen.
*
Abgebildet werden, ist schmeichelhaft; malen
heißt aber Form runden, Colorit verschönern; also heißt:
gut portraitiren, doppelt schmeicheln. Malend idealisiren
wäre demnach: dreifach schmeicheln.
*
Ein rechtes Urtheil in höchster Instanz über ein
Kunstwerk ist fast so selten, als ein Kunstwerk in
höchster Potenz.
»Ich frage nicht, von welchem Meister ein Ge-
mälde sey; ich sehe nur ob es gut ist." — So mag
wohl, wer selbst ein Meister ist, oder ein Kenner sagen.
Dem Tieferstehenden, dem Laien dient der Name zur
Orientirung im Schauen. Freilich ivollen Manche durch
den Namen zum Respekt electrisirt sepn; der richtigere
Sinn aber will die Meister kennen, die Meisterschaften
unterscheiden lernen. Es ist doch ein großer Unterschied,
ob eine »heilige Familie" von Raphael gemalt, oder nach
ihm von Carl Maratti copirt ist, ob ich einen »Johan-
ües" von Dvminichinv im Original, oder ein vollkommen
ähnliches Nachbild von dem talentvollen Mignard vor
mir habe. »Gut" in der Kunst ist sehr relativ, und
der Werth gelungener Werke steigt in der Höhe nach
dem Quadrat, wie der Preis des Diamants.