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Säulencapitellen aber hat man leider kern einziges unbe-
schädigt, sondern nur einige große Bruchstücke gefunden.
Die großen Deckbalken liegen ziemlich wohlerhalten am
Boden der Halle.

Durch diese mächtige Säulenstellung gelangt man
an die Querwand des Mittelgebäudes mit den bekannten
fünf Thüren. Hier ist die Ausräumung noch nicht ganz
bis auf den Boden gedrungen. Doch erkennt man bereits,
daß die Thüreinfassungen (chambranles) aus Marmor,
und nicht, wie einige gewähnt haben, aus Bronze waren;
denn am Fuße des großen Mittelthors hat sich zu beiden
Seiten ein Theil der Einfassungen erhalten. Die Thore
und Thüren selbst waren ohne Zweifel nur aus Holz,
wie sich aus Aristvphanes ergibt, bei welchem Dichter,
in der Lysistrate, * der Chor der Greife dieselben zu
verbrennen, oder mit Hebeln aus den Angeln zu werfen
beabsichtigt. Vielleicht waren diese hölzernen Thüren
vergoldet, wie bei denen des Erechtheion der Fall gewesen
zu seyn scheint. **

Hinterwärts der Querwand mit den Thüren, in der
östlichen Halle der Propyläen, ist die Ausgrabung eben-
falls noch nicht bis auf den Boden vorgedrungen.

Gehen wir jezt in den nördlichen Flügel des Gebäu-
des, in das Gemäldezimmcr /-«-x«; tyov) des

Pausanias. Dieses ist bis zur Höhe der Corniche voll-
ständig erhalten. Man gelangt durch die Vorhalle an die
Vorderwand des Zimmers mit einer Thür und einer
Fensteröffnung zu jeder Seite, an deren Pilastercapitcllen
sich die architektonische Bemalung in einem hohen Grade
von Frische und Lebendigkeit erhalten hat. Von den
alten Wandgemälden aber ist nichts mehr zu sehen; nur
sind die Marmorquadern hier nicht ganz glatt geschliffen,
sondern haben, wie im Theseion, eine etwas rauhe Ober-
fläche, um den feinen Stuck, auf welchen man die Ge-
mälde auftrug (vielleicht die vnaloapfi), fester zn halten.
Links vom Eintritt, neben der Fensteröffnung auf dieser
Seite, ist in schlechten, nachlässigen Schriftzüge» des
zweiten Jahrhunderts nach Christo folgende Inschrift in
den Marmor gegraben:

A € C TT O I N A

A P T £ ~M I KqaAINI

„O Herrin, Artemis Kolänis!» Eine dritte Zeile, die
vielleicht den Namen des frommen Beters enthielt, ist

* Arist. Lysislr. 510. 428.

Auf das Ercchthcion glaube ich, weil es damals eben

im Bau begriffe» war, die Stelle in Aristophancs

Vögeln V. 612 beziehe» zu müssen:

ttqiotov jut-v y ovy\ vso g *]/uag
ory.odof.iiiy Sei 2i&Xroug auroXg.
oud'e &vqcoocu yQvoaXoi O’vqaig.

nicht mehr zu lesen. Wie dieser Ausruf hierher kommt,
ist nicht klar. Die Kolänische Artemis hatte ein Bild
und ein Heiligthum in dem attischen Demos Myrrhinus,
auf der Ostseite des Landes. * Wahrscheinlich kam ihr
Bild auch in den Wandgemälden dieses Flügels der Pro-
pyläen vor, obgleich Pausanias es nicht erwähnt; und
irgend ein andächtiger Verehrer der Göttin grub unter
demselben den obigen Ausruf in die Mauer. Der Fuß-
boden im Innern des Zimmers ist nicht mehr vorhanden.

Von Sculpturen und Inschristen sind bei der Aus-
räumung der Propyläen nur ganz unbedeutende Bruch-
stücke gefunden worden. Hierauf beschränkt sich also die
archäologische Ausbeute dieses Winters; denn auch in
der Stadt hat man nichts Neues gefunden. Zwei bereits
im September beim Piräcus ausgegrabene zerbrochene
Sarkophagdeckcl, mit darauf liegenden Figuren in Haut-
relief von mittelmäßiger Arbeit, sind kaum der Erwäh-
nung werth.

Auf einem Ausfluge in die Provinz Hst der Einsen-
der einige bis jezt unbekannte Ruinen entdeckt. Die
bedeutendste darunter ist ein antiker Grabthurm zwischen
Branron und Prasta, aus großen Quadern von Kalkstein,
zehn bis elf Meter ins Gevierte und noch drei bis fünf
Meter hoch; die Mauern haben vier Schuh Dicke. In
derselben Gegend fand er auch einen antiken Stcinbruch,
von grauem, röthlich geäderten Kalkmarmvr, in welchem
Quadern von ungeheurer Größe und eine Säule von
sieben Meter Länge, aus einem Stück, noch am Platze
lagen. Vielleicht nahm man aus diesem Steinbruch das
Material zu den benachbarten Heiligthümern der Artemis
in Branron, und der Tauropolos in Halä Araphcnides,
deren Lage noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden
kann. Diese einst sehr stark bevölkerte Gegend ist voll
von alten noch ungeöffneten Gräbern.

Ein großer marmorner Löwe (wahrscheinlich ein Grab-
monument) bei Kanza auf der Ostseite des Hymettos ist
bereits aus Dodwell's Reifen bekannt. Eine halbe Stunde
weiter südlich, bei dem Dörfchen Kokala (/cs--«-.«?) unweit
Liogesi, in welcher Gegend der Demos Päania gelegen zu
haben scheint, fand der Einsender in den Ruinen einer
Capelle die Statue eines knienden Schafes aus weißem
Marmor in natürlicher Größe und von guter Arbeit.
Es ist über drei Fuß lang und bis auf den Kopf, welcher
abgeschlagen ist, wohl erhalten.

Aus den übrigen Gegenden des Reiches ist seit langer
Zeit kein archäologischer Fund berichtet worden.

Athen, 4. März 1837.

* Slrabon 9, S. 244 Tchn. - Paus, i, 51, 2. — Schol. zu

Aristoph. Vögeln 873. - Corpus; Inzer. Gr. 1 , n. 10o.
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