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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0167
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2b 40.

tt S t

l a t t.

Donnerstag, den 16. Mai 1839.

Das neue spanische Museum im Louvre..

(Dritter und lczter Artikel.)

Do» Diego Vetlioqite) de Silva. Francisco Lurbaran. Josß
Aibera.

Eines Tags, als Velasqucz so eben das prachtvolle
^Porträt des Großadmirals von Castilien, Don Antonio
Pnlido Parcja, vollendet halte, trat Philipp IV. in die
Werkstätte seines Hofmalers, und geriet!) beim Anblick
des Admirals in lebhaften Zorn, den er mit folgenden
Worten gegen das Bild ausließ: „Was machen Sie hier?
Vollstrecken Sie so meine Befehle ? Habe ich Ihnen nicht'
die Ehre und den Ruhm meiner Flotten anvertraut?«
Darauf sich an Velasque; wendend, fügte der König
hinzu: „Mein Sohn, du hast mich getäuscht.« — Diese
königliche Aenßerung war ohne Zweifel die schmeichelhaf-
teste Huldigung, welche einem so stolzen, vermessenen
-Künstlergenie wie Velasqucz dargebracht werden konnte,
welches die Malerei nur als ein Mittel ansah, die
Schöpfung von vorn wieder anzufangen. Das Vertrauen
des Velasque; in die Mannigfaltigkeit der Natur war
so unumschränkt, daß er beinahe immer ohne Vorzug
und auf's Gerathewohl hin aus ihren Schätzen wählte,
fest überzeugt, daß allen ihren Typen Schönheit abzu-
gewinnen sey- Von diesem Grundsatz ausgehend, be-
zweckte er Anfangs nichts, als eine getreue, sorgfältige
Nachahmung der Formen und Töne aller Naturgegen-
stände, indem er jedes Einzelne vollendete und mir dem
Nachdruck versah, welchen er daran wahrzunehmen glaubte.
"Er hatte einen jungen, stämmigen Bauernburschen in
seinen Dienst genommen, welcher keinen Augenblick von
seiner Seite kam, und ihm in de» verschiedensten Stel-
lungen und in allen erdenklichen Lagen sitzen mußte, so
daß er an einem Menschen die ganze Menschheit studirte,
und an diesem stets sich gleichbleibendcn und doch stets
veränderlichen Modelle die flüchtigen Spuren der ver-
schiedenen Seclenbewegungen und jene Falten zu erfassen

bemüht war, welche Freude oder Schmerz auf unseren
Gesichtern ansdrücken. Nachdem Velasqucz sich durch
anhaltende Beobachtung und tiefes Studium mit dem
Ausdruck der menschlichen Physiognomie vertraut gemacht
hatte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die tobte,
leblose Natur; und da ihm von Hause aus ein tiefes
Gefühl für Farbe inwohnte, so hatte er der Natur sehr
' bald das Geheimniß ihrer Palette abgelauscht. Da es seinem
scharfen Auge nicht entgehen konnte, daß die Natur uns
entweder durch Harmonie entzückt oder durch Kontraste
ergreift, so fand er leicht daü Princip des Zusammen-
klangs und des Gegensatzes der Farbentöne. Einmal im
Besitz dieser bewundernswürdigen Wissenschaft, war er der
Mühe überhvben, wie Giorgivne und Tizian, jenen ge-
heimnißvollen Pfad cinzuschlagen, der sie endlich nach
langem Suchen und Versuchen in den rechte» Weg ge-
führt hatte. Velasqucz, von der nahen Verwandtschaft
der Farben und ihrem gegenseitigen Einfluß überzeugt,
strebte bei seinem Verfahren nicht, nach dem Beispiele der
Vcnctianer, nach der künstlichen Farbenmischung, deren
Methode mit ihren Meistern zu Grabe gegangen, sondern
nach den kühnen Anwendungen eines gerade passenden
Tons, dessen Geltung und Lebhaftigkeit später nicht mo-
difizirt oder vermindert zu werden brauchte. Wenn wir
das Farbenspicl der Natur bewundern, so können wir
den Uebergang der einen Farbe in die andere kaum mit

• bloßem Auge wahrnchmen, so ähnlich scheinen sic in
ihren Berührungspunkten, obschon von einem Ende zum
andern ein vollkommener Unterschied besteht. Um diese
wunderbaren Farbenabstufnngen und Nüancirungen her-
auszubringen , ist ein gewöhnlicher Maler gezwungen,
die aneinander gcreiheten Farben zu verschmelzen und
abzutönen, und so das durch ihre grelle Nachbarschaft
entspringende Mißverhältniß zu schwächen und so viel
als möglich zu vermeiden; Velasqucz dagegen, welcher
nach dem Beispiele der Natur nur befreundete Farben
zusammenbringt, erspart sich die Nothwendigkeit dieser
Farbenubergänge und Abtönungen, indem er nicht zu
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