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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0289
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278

meint, wir hätten sie von den Holländern, während der j
Baron von Heinecke 1 und Jansen - behaupten, wir 1
Deutschen dürsten die Ehre der ersten Erfindung der
Spielkarten in Anspruch nehmen.

So viel ist gewiß, daß die Spielkarten schon um die
Mitte des Ilten Jahrhunderts in Frankreich bekannt und j
eingeführt waren: Meermann in seinen Origines (ypo-
graphicae T. I. p. 222 erzählt: Jehan von Saintre war
1561 dreizehn Jahre alt, wie er dem König Karl VI.
zum Pagen vorgestellt wurde; drei Jahre darauf, also
1367, verschaffte ihm seine gute Aufführung das munus
chironomontis, das Amt eines Verschneiders, und bei
dieser Gelegenheir hielt der Pagengouverneur seinen Un-
tergebenen folgende Anrede: „Merk: euch wohl, meine
Kinder, daß es gut ist, wenn man seine Pstichr thut und
sanft, gelassen, bescheiden, friedliebend und gegen Jeder-
mann artig und höflich ist. Ihr sehet hier euren Freund
und Genossen, der, weil er sich immer so betragen hat,
der Gnade des Königs und der Königin theilhaftig ge-
worden ist; ihr aber habt ewig Handel, spielt Tag und
Nacht Karte und Würfel, und besucht die Gesellschaft
von Trunkenbolden :e.“ Die gewöhnliche Erzählung, daß
man die Karten erfunden habe, um Karl VI. während
seiner Krankheit zu zerstreuen und aufzuheitern, ist dem-
nach ohne allen Grund. Man zieht jedoch »och in Zwei-
fel, ob die alten Karten gedruckr waren, und beruft sich
namentlich auf eine alte Rechnung von Charles Pou-
part, Zahlmeister Karls VI-, welche dahin lautet, daß der
Maler Jaequemin Gringonneur für drei Spiel gemalter
Karten 5» Sols parisis ausgezahlt erhalten habe. Herr
von Heinecke bemerkt dazu mit Recht, es sev möglich,
daß man zu jener Zeit Spielkarten für die Könige von
Frankreich habe malen lassen, aber daraus folge noch kei-
neswegs, daß alle Spielkarten gemalt gewesen seven.
Diese Bemerkung hat allerdings Vieles für,sich: Breit-
kopf sagt uns, daß er ein Piketspiel von silbernen Blättern
in der Hand gehabt habe, worauf die Figuren gestochen
und vergoldet waren; Garcilasso de la Vega erzählt in
seiner Geschichte von der Eroberung Florida's, daß die

* I» feinet Idee generale d'unc Collection complete
d’cslampcs. avec uue dissertalion sur Torigine de la
gravurc et sur les Premiers livres d'imsgcs. Leipzig und
Wie». >77,. 8., eine seltene, merkwürdige Schrift, mit
nncrmüdtichei» Sammlcrsteiß verfaßt, welche nament-
licti viele Jrrthümer der französsche» Autoren P. Me-
o 1,e(Trier, P. Daniel und Abbe Bullet ins Licht stellt,
lassai sur 1 origine de la gravurc en bois, des carlcs a
joucr etc. (Paris 1808. i vol. s.), eine brauchbare Kom-
pilation der. verschiedene» A»staue» deutscher, sranzör
sslcher, holläudstcher:e. Autoren, welche den in Frage
stehenden Gegenstand behandelt haben: er hat besonder»
Breitkopf benuzt.

Soldaten auf diesem Zuge (153-1) mit ledernen Karten
ge'pielt hätten; in den Researches into the hislory of
playing cards von Samuel Weller Sinter, London 1816,
4., welche Forschungen aber nichts Neues bringen, und
nichts als eine Zusammenstellung aus Abbe Bullet, Abb«
Rive und Breilkopf sind, sehen wir auf der zweiten
Kupt'ertafel die Abbildung von einem Kartenspiel auf
Elfenbein gemalt. Allein es lassen sich keine triftige
Beweise anfübren, daß die Spiel arten mit geschnittenen
Formen gedruckt wurden. Herr von Heinecke citirt in
seiner oben augezogeuen Schrift eine Stelle ans einer
geschriebenen Chronik aus der lllmer Stadlbibliothek; darin
heißt es: „man verschickte die Spielkarten Ballenweise
zur See nach Italien, Sicilien und anderen Gegenden,
um Gewürze und andere Waaren dafür einzutauschen.
Man ersieht daraus, welche Menge von Kartenfabrikanten
und Briefmalern hier lebten und angesiedelt waren.»
Diese Stelle würde doppeltes Interesse haben, wenn Herr
von Heinecke die Jahreszahl jener Chronik beige,ezt hatte;
er zieht nichts desto weniger daraus den Schluß, da,, die
Einführung deutscher Spielkarten die Kartenfabrikanten
von Venedig bewog, am 11. Oktober 1441 eine Bittschrift
beim venetianischen Senat einzureichen, worin sie sich
über den Schaken beklagen, welchen ihnen der tägliche
Verkauf fremder Spielkarten bereitet, und das ausschließ-
liche Privilegium der Fabrikation und des Verkaufs der
Spielkarten verlangen. Die Antwort des Senats auf
diese Bittschrift, welche in den 1,etter« pittoricheV, p. 321
mitgetheilt ist, gewinnt durch die Art ihrer Abfassung
an Interesse: man sieht daraus, daß die Spielkarten ge-
druckt und dann kolorirt wurden, wie man's noch heut-
zutage macht. Die Buchdruckerkunst war noch nicht ent-
deckt und koch finden wir schon Ausdrücke, wie carte er
stgure stampide die si fanno in Venezia, und weiter:
le carte da zugar e stgure dipinte stampide, falte fnor
di Venezia. Dieser Senatsbeschluß scheint allerdings die
Ansicht des Herrn von Heinecke zu bekräftigen; jedenfalls
geht daraus deutlich hervor, daß die Formschneidekunst

vor die,er Zeit in Venedig getrieben wurde.

Nichts desto weniger ist der älteste bekannte Holz-
schnitt mit einer bestimmten Jahreszahl, erst von 1423,
welchen Herr v. Heinecke in der Bibliothek der Karthause
zu Burheim bei Memmingen gefunden. Cr stellt den
heiligen Christoph vor, der den kleinen Jesus durck das
Meer trägt; Herr von Heinecke bat in seinem schon öfter
erwähnten Werke eine ausführliche Beschreibung davon
gemacht; in dem zweiten Theil des Journals jur Kunst-
geschichte von Herrn von Murr findet man eine Kop
dieses Holzschnittes, welche Herr Jansen ebenfalls K"""t
Essai sur l’origine de la gravurc en bois etc. beignUg
hat auf dem vierten Blatte in Folio, 10 ?°ll 6 Linien
Register
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