Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0331
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
320

Vorläufige Anzeige

enter ilLustvtrten Ausgabe des Nibelungenliedes.

welche sich seit mehr als zwei Jahre» mit einer illustrirten Ausgabe des
Nibelungenliedes beschäftigt, glaubt eine vorläufige Nachricht davon sowohl dem Publikum, als auch dem Bearbeiter

Die Unterzeichnete Verlagshandlung,

des Textes und den Künstlern schuldig zu sehn, welche dieser würdigen Aufgabe ihr Talent und ihren Fleiß zu widmen
unternommen, und darum mit dem Nachfolgenden Einiges über den Plan vorausfchicken zu müssen.

Das Ende des vierten Jahrhunderts seit Erfindung der Buchdruckerei bezeichnet sich durch einen cigenthümlichcn
Aufschwung dieser Kunst, durch die wichtigsten Verbesserungen und neue Wirkungsmittel. Zu den bedeutendsten derselbe»
gehört die Verzierung der Drucke mit Bildern, welche, dem Texte beigedruckt, diesen heiter oder ernst erläutern und gleichsam
den Geist desselben verkörpern. Dies wurde aber nur durch den Holzstich möglich; denn unter allen Vervielfältigungsmitteln
ist nur der Holzstock nach demselben Prinzip wie die beweglichen Lettern gebildet. Die Typographie ging, indem sic diese
Richtung einschlng, an ihre Quelle zurück; sie suchte in der Holzschneiberei, der Mutter des Bücherdrucks, neue Kraft,
sie nahm diese so lange ganz vernachlässigte Kunst mit Ernst und Liebe wieder auf, und steigerte sic rasch zu einer sehr
bedeutenden Höhe. Die Holzschneidekunst ist jezt im Stande, selbst die feinsten und ausgcführtestcn Konzeptionen des
Zeichners wiederzugeben, sie hat dabci ganz cigenthümliche Vorzüge und Wirkungen vor dem Kupfer- und Stahlstich
voraus, und somit ist die unmittelbare Verbindung zwischen Typographie und zeichnender Kunst, der wir bei den Anfängen
des BücherdrnckS begegnen, auf einer höher» Stufe der Entwickelung wieder hcrgestcllt. — Bereits haben Engländer und
Franzosen Meisterwerke ihrer Literatur oder populäre Schriften auf diese Weise verziert. Auch das Vaterland der
Buchdruckerkunst ist nicht zurückgeblieben. Die Unterzeichnete Buchhandlung hat durch die von Neurcuthcr ansgcführtcn
Illustration des Cid von Herder bewiesen, was deutscher Fleiß und deutsche Kunst jezt schon in diesem Fache verinögcn,
und wenn sie zunächst das erste große Dichtwerk unseres Volkes, das Nibelungenlied, in ähnlicher Weise behandeln
zu lassen bemüht ist, >o darf sic bei dieser Wahl des allgemeinen Beifalls gewiß sehn. Die älteste deutsche Epopöe, das
gewaltige Gemälde, in dem uns in verschwimmenden Bildern die frühen Geschicke unseres Volks, aber in desto festeren
Umrissen die großartigen Züge seines Charakters cntgcgenlretcn, verdient es unter den ersten, durch die ncue Blüthc einer
deutschen Kunst verherrlicht zu werden.

Der Bearbeiter des Textes hat sich die Aufgabe gestellt, die Sprache des t2tc» oder istc» Jahrhunderts dem Vcrständniß
der Gegenwart anzunähern, durch Anwendung der jeyigen Orthographie, durch Vertauschung der jeyt nicht mehr oder in

Veränderung in der äußern Form bei gewissenhafter Achtung des Kerns und des tieferen Gepräges, einem größer» Thcilc
der Nation zugänglich zu machen, als derjenige ist, der sich desselben in seiner ursprünglichen Gestalt zu erfreuen vermag.

zu verschaffen, und Viele, auch außer dem Kreise der Gelehrteren, zu überzeugen, daß cs weder den kühnen, lrohigcn
Recken, welche das Nibelungenlied uns verführt, an tiefer, acht menschlicher Empfindung, noch de» beschriebene» Thatcn und
Ereignissen am mannigfaltigsten Interesse, noch dem Dichter, der die vorhandenen Elemente abschließend zur Einheit verband,
a» Kunst und Begeisterung fehlt. Sie werden die ungekünstelte und doch so scharfe Zeichnung, den Reichthum und die
Kontraste der Charaktere, die einfache Großartigkeit der Motive, die gemessene Entwickelung der Ereignisse, die ahnungsvolle
Vorbereitung und die erschütternde Erfüllung der Katastrophe bewundern, sie werden in einem Zeitalter, wo die deutsche
Kunstpoefie in den großen Genien, die auf unser Jahrhundert ihren Glanz warfen, vielleicht auf längere Zeit ihren Gipfelpunkt
erreicht hat, sich anfgeforbert fühlen , ihre Blicke auf die schönste, vollendetste Blüte der Volkspoefie zu richten, welche vor
sechs Jahrhunderten schon in unserem Vaterlande aufging, und mit freudigem Stolze sich auf's Nene des Rcichtlmms bewußt
werten, welchen der Genius der deutschen Poesie in so weit auseinander liegenden Zeiten entfaltete, und das »och halb
im Mythus wurzelnde, halb in die Morgenröthe der Historie hineinragcnde Gedicht wird eben so die Freude an ächtcr,
gediegener, gesunder Poesie, als die Liebe zur vaterländischen Geschichte, zu deutscher Geisteseigcnthümlichkcit, den nationalen
2mu 5» allen Zeiten kräftigen und beleben.

Wenn »nn der mittelalterliche Dichter sich der bedeutsamen Sage einer ihm fernen Zeit künstlerisch bemächtigt und sic
st,neu Zeitgenossen in den lebendigsten, ausgeprägtesten Gebilden näher gerückt hat, so soll fast nac» gleicher Periode nunmehr
äenchncndc Kunst unserer Zeit das große Werk des Dichters ergreifen und, ihm nachbildend, seine mannichfachen Gestalten
<nmiiLf,mCU des Lebens hinstellen. Der Genuß dessen, der schon gewohnt ist, sich dem Zauber der alten Poesie

.mw 6A6urt^ vielfach erhöht; wem aber bis jezt über den Forderungen moderner Bildung das Nibelungenlied
übermütigerWhi vom Künstler auf diesen Schauplay der wildesten Leidenschaften und der zartesten Gefühle.

wrnm " — **'•

- b dcr

' ^ ^ e Ans A"muthigfle Hineingezogcn werde».

Vnnnäravliie werden wiv^.^K-?' 'S?u"fttcv” Münchens anvertraut, und bei den rasche» Fortschritten der Holzschneidekunst »»d
Lypographie werden w.« "» Stande seyn, noch ungleich mehr zu leisten, als durch Herdcr'S M bereits geleistet worden

Stuttgart, -m September 183!,. I. <•>}. Cvtta'schst Buchhandlung.

ist-
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen