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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 20.1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3207#0375
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363

allgemeinen Schluß, auch alle übrigen Glasmalereien der
Frauenkirche rührten von benanntem Meister her. Dies
aber ist ein arger Jrrthum. Es finden sich deren aus
dem 14ten und i6ten Jahrhundert daselbst, und andere
scheinen aus Trautenwolfs Zeit, sind aber offenbar von
anderer Hand. Aclter sind j. B. das dritte und vierte
Fenster, rechts vom Hauptportale zwischen den Thürmen;
das leztcre trägt sogar im Rande des großen Rund-
gcmäldes, darin eine Madonna unter sehr verworrener
Architektur, ausdrücklich die Jahreszahl 1395; nur die
untersten sechs Felder dieses Fensters, welche theils Vor-
stellungen aus der biblia pauperum, theils Bildnisse
kniecndcr männlicher und weiblicher Personen enthalten,
erweisen sich auf den ersten Blick schon durch ihre Be-
handlung als viel jünger, abgesehen davon, daß das älteste
Eremplar der biblia paupermn mit der Jahrszahl 1470
bezeichnet ist. Da nun die Frauenkirche, wie sie jezt steht,
zwischen 1468 und 1488 gebaut wurde, ist dieses Fenster
offenbar aus einem ältern und vielleicht dem früheren
Vau desselben Gotteshauses hieher versezt, so wie schon
die ganze Anlage dieser Malerei erweist, daß.sie ursprüng-
lich nicht für die Frauenkirche in ihrer jetzigen Gestalt
bestimmt gewesen; sie ist nämlich offenbar auf ein gewiß
um das Drittel breiteres Fenster berechnet, und deßwegen
augenscheinlich, und eben nicht auf die zweckmäßigste Art,
für ihren dermaligen Standort geschmälert. Dagegen
sind die vier größten Felder des fünften Fensters, links
vom Hauptportale zwischen den Thürmen, unbezweifelt
von Aegid Trautenwolf. Sie sind von eigenthümlicher
Form und mit breiten, weißen, wie mit bunten Steinen
befezten Bändern umfaßt. In solchem Einfaß des unteren
linken Feldes, darauf die Anbetung der Weisen aus dem
Morgenlande, sieht Trautenwolfs Monogramm: ET’
das rechte untere Feld stellt die Geburt des Heilands,
von den beiden oberen das linke den Tod Maria, und
das rechte die Darstellung Jesus im Tempel vor. Dieses,
somit nachgewiesene, Werk Trautenwolfs hat einen so
entschiedenen Charakter in der Behandlung, daß es gar
nicht schwer ist zu bestimmen, was von den übrigen Glas-
malereien der Kirche diesem Meister zugeschriebcn werden
darf oder nicht. Wollen wir dabei auch die Eigenthüm-
lichkeit der Zeichnung aus dem Grunde nicht berühren,
weil diese nur dann einen Maßstab abgibt, wenn es ent-
schieden ist, daß der Glasmaler nach eigenem und nicht
„ach fremdem Kartone arbeitete; so ist es doch eine ge-
wisse Mattheit der Farben, welche außerdem den Glas-
gemälden der Frauenkirche gar nicht eigen, dann der
Umstand, daß auf allen seinen Scheiben Konturen und
Schraffirung mit Schwarzlotl, von Seit und Wetter sehr
gelitten, ja stellenwcis sich ganz verzehrt haben, vor allem
aber die Eintönigkeit seiner Fleischpartie», wozu er überall
dasselbe blaßroscnrothe Glas verwendete, was seinen Werken

ein bestimmtes Gepräge gibt, und sie z. B. von den in
jedem dieser Anbetrachte viel gelungeneren, übrigens gleich-
zeitigen oder wenigstens unbedeutend älteren Fenstern
Nr. 8. und io rechts vom Hauptpvrtale unterscheidet.
Die Vorzüge der lezteren, nur in viel höherem Grade,
wiederholen sich auf dem Uten derselben Seite, dem
prächtigsten und vollständigsten der ganzen Kirche, dessen
Entstehung ins lüte Jahrhundert fällt., indem es 1503
von einem von Lewen und seiner Ehefrau, einer von
Rapf, dahin gestiftet wurde. In einer äußerst reichen
gothischcn Architektur erheben sich übereinander die vier
Abtheilungcn dieses Fensters, deren oberste die Geburt
Christi, die folgende die Beschneidung, die dritte einen
heiligen Bischof, vielleicht Benno?, umgeben von einem
so zahlreichen als glänzenden Gefolge geistlicher und welt-
licher Häupter und Herren, die unterste aber den auf-
erstandcnen Heiland, welchem zwei Apostel den Stifter
und die Stifterin zuführen, und deren Wappen enthält.
Wir dürfen uns Glück wünschen, daß diese in technischer
und rein künstlerischer Rücksicht ausgezeichnete und groß-
artige Schöpfung der Alles verzehrenden Zeit, wie dem
nicht minder gefährlichen Vcrschöueruugssinnc des Kustos
von Besnard imponirte. Der Meister hat sich darauf
nicht genannt, was um so bedauerlicher als das gleich-
falls höchst kostbare und gleich wohlerhaltene sechste Fen-
ster, links vom Portale, und mehrere zerstreute Felder,
z. B. die den bethlemitjschen Kindermord darstellenden
im dritten Fenster derselben Seite, offenbare Werke der
nämlichen Meisterhand sind.

München, 20. Mai 1839. Gessevt.


Nachrichten vom September.

Denkmäler.

Si. Petersburg, 13. September. Die feierliche Ent-
hüllung des Siegesdenkmals in Borodino hat am 7tcn d. M.
stattgefunden. Ei» höchster Befehl stellt dasselbe, wie über-
haupt alle Monumente, welche in Beziehung auf die wäh-
rend der französischen Invasion gelieferten Schlachten errichtet
werden dürfte», unter die Jurisdiktion des 1814 organisirte»
Somit«: zur Versorgung der isir verwundeten Krieger, so
wie der Familien der damals gefallenen Krieger.

MledarUenkundc.

Athen, 3. September. Der hiesige Medailleur Lange
wird zwölf Medaillen anfertigen, welche die griechische Ge-
schichte darstellen. Die eine Seite soll mehrere Porlrätldpfe,
die andere die Darstellung geschichtlicher Ereignisse enthalten.

Dresden. Professor Krüger hat eine schöne Medaille
zur hiesigen Reformationsfeier geprägt. Sie zeigt auf dem
Register
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