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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0225
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Gegenstände der Art schreiben will, reicht mit ober-
flächlichem Wissen nicht aus.

In der Penny C/clopacdia ist so eben ein Schrist-
stellcr ausgetreten, der die Terminologie der Architektur
durch mehrere neue Ausdrücke bereichert hat, die allge-
meinen Eingang finden dürsten, da sich durch deren
Anwendung allerdings mehr Schärfe oder Genauigkeit
in die Beschreibung eines Gebäudes bringen läßt, wäh-
rend bei der bisher üblichen Beschreibung durch bloße
Worte Mißverständnisse oft kaum zu vermeiden waren.
Die hier in Rede stehenden Kunstwörter sind in dem
Artikel Poriico (Porticus) angewandt, um nicht nur
die Zahl der vorderen Säulen eines prostylischen Porticus,
sondern auch den Grad des Hervortretens desselben vor
die Fa?ade des Gebäudes kurz und klar zu bezeichnen.
Um z. B. anzugeben, wie viel Säulen über die Faxade
hinaus treten, sind die Ausdrücke: monoprvstylisch,
diprosthlisch, triprostylisch rc. angewandt. So
erhält man z. B. dadurch, daß der Porticus der Sanct
Martinskirche in London als ein korinthischer, herasty-
lischer, diprostplischer bezeichnet wird, eine ebenso deut-
liche Vorstellung von demselben, als wenn weitläufig
beschrieben wäre, daß vorn sechs Säulen stehen, und
daß sich an jeder Seite, außer der zur vorder» Reihe
gehörigen, noch eine zweite abgebundene Säule befindet;
während dieser Porticus früher öfters als aus acht
Säulen bestehend beschrieben worden ist, wonach Jeder,
der ihn nicht ans eigener Anschauung kannte, zu der
irrigen Ansicht veranlaßt werden konnte, es sey ein ge-
wöhnlicher achtsäuligcr Porticus. Dem Artikel in der
Penn/ Cyclopaedia sind mehrere Pläne (Grundrisse)
von Portiken, welche verschiedene Anordnungen oder
Stellungen von Säulen erläutern, und eine zweckmäßig
eingerichtete Tabelle beigefügt, die eine synoptische Ueber-
sicht einer großen Anzahl von Portiken gewährt. Der
Gedanke, eine solche, sich durch Bequemlichkeit des Ge-
brauchs empfehlende Tabelle zusammenzustellen, ist neu,
obwohl die Penn/ C/clopaed>a schon mehrere in die
Architektur einschlagende Kapitel in tabellarischer Form
leicht übersichtlich gemacht und z. B. eine Tabelle über
die öffentlichen Gebäude von London, München, St. Pe-
tersburg, Paris u. s. w. mit Jahreszahlen, Namen der
Architekten, Bemerkungen u. s. w. geliefert hat. Durch
eine Reihe ähnlicher möglich vollständiger Tabellen ließe
sich eine Fülle von historischen und chronologischen Daten
in den engsten Raum zusammendrängen. Ich will hier
im Vorbeigehen bemerken, daß sich in der Aprilnummer
1840 des Civii Engineer eine ziemlich reich auSgestat-
tcte chronologische Tabelle über die Architekten vom
Anfang des 18ten Jahrhunderts bis ans die neueste Zeit
findet.

Das Innere dcr Tcmpelkirche in London wird gegen-

, wärtig durchaus restaurirt und decorirt. Der Architekt
James Savage leitet die Arbeiten, und Williment
malt die Fenster. Uebrigens muß die Vollendung des
Unternehmens abgewartet werden, bevor die Wirkung
sich beurtheilen läßt, und eine genügende Beschreibung
des Gebäudes in seiner neuen Gestalt geliefert werden kann.

Nachrichten vom Mai.

Akademien und Vereine.

Dresden, 15. Mai. Vorgestern fand die Generalver-
sammlung des hiesigen Unterstützungsvercins für Künstler
und deren Hinterlasscne im Local des Knnstvereins starr.
Seit einigen Jahren erst begründet, hat er in dieser Zeit
nicht allein gegen 1000 Thaler an Bedürftige verabreicht,
sondern auch ein Capital von sooo Thaler gesammelt. Seine
Einnahmen bestehen theils in den Beiträgen der Mitglieder,
theils in einem Antheil an den Eintrittsgeldern der großen
Kunstausstellung, theils in außerordentlichen Zuflüssen. Unter
den flehte» zeichnete sich besonders der Ertrag der Ausstellung
des Hübner'schen Altarbildes für die Hallcsche Stadlkirche
aus, die, bei einer Entree von r'/^Sgr., 255 Thlr. betrug.
Ein Theil der Geschenke floß von Solchen, die bei der Aus-
spielung im Kunstverein bedeutende Gewinne erhalten hatten.

Berlin, 18. Mai. Heute fand die Vorloosung der vom
Verein der Kunstfreunde im preußischen Staate erworbenen
Kunstgegenstände statt. Außer zahlreichen Del- und Aquarell-
gemälden kamen dabei eine Anzahl wcrthvoller Kupferstiche
und Lithographien zur Ausspielung. Das Vercinsblatt für
dieses Jahr ist Eichen's Stich der Maria mit dem Kinde
nach Raflaellin del Garbo.

Düsseldorf, 5. Mai. Der große Saal des Akademic-
gebäudcS ist jeht, zur Freude aller Künstler und Kunstfreunde,
der Ausstellung von Gemälden aller in- und ausländischen
Künstler für immer geöffnet, und somit ein Hauptgrund der
Unzufriedenheit, welche gegen die hiesige Akademie herrschte,
vollständig beseitigt.

London, 2. Mai. In der Versammlung der numis-
matischen Gesellschaft am 2g. April wurde eine Abhandlung
über römische Münze» verlesen, die neulich im Thcmsebette
gefunden worden und für die Erläuterung der früheste» Ge-
schichte Londons wichtig sind. Bei den Erdarbeiten an den
verschiedenen Brücken in London sind mehrere Tausend rö-
mische Münzen gefunden worden, über die man bisher wenig
erfahren hat. Sie waren meist von Erz, wenige nur von Silber
und drei von Gold. Einige Hunderte sind von Vespasian, Domi-
tian und Titus, während die von Hadrian, Diocletian, Severus,
Cvnstantinus, Claudius und Nero auch sehr zahlreich sind. Die
Münzen bilde» wirklich eine Geschichte Britanniens unter der
römischen Herrschaft und umfassen die Regierung beinahe
aller Kaiser während 5 '/2 Jahrhunderten. Sie sind im
Allgemeinen fast so gut erhalten, als wäre» sic eben aus
der Münze hervorgcgangen und beweisen einen hohen Stand-
punkt der Kunst. Eine interessante Frage war, wie eine
solche Menge Münzen in den Fluß gekommen sch? Manche
waren der Meinung, sie sehe» von der Fähre, die früher
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