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Kunstblatt.

W 1.

Das neue Kunstausstellungsgebäude in
München.

(Hiezu eine Jlimfibcifage.)

Das neue im Auftrag des Königs von Friedrich Zieb-
land erbaute Kunstausstellungsgebäude gehört zu den schönsten
Werken der neuern Architektur, und wir freuen uns, dasselbe
uusern Lesern in einer genauen Zeichnung des Grundrisses nnd
Aufrisses vorlegen zu können. Seine Lage ist gegenüber der
Glyptothek, an deren Anordnung im Allgemeinen der Künstler
ebendeßhalb durch das Programm als maßgebend angewiesen
war. Die Verbindung des Gebäudes mit dem hinter ihm lie-
genden, fast gar nicht sichtbaren Benediktinerkloster dagegen ist
ohne allen Einfluß auf dasselbe geblieben.

Die Knnstdenkmale vergangener Zeiten und Völker haben
in Auffassung, Form nnd Ausführung ein so entschiedenes Ge-
präge, daß es dem nur einigermaßen Unterrichteten leicht wird,
sich in ihrer Geschichte zurecht zu finden. Fragt man dagegen
nach dem Gepräge und Kennzeichen des Baustyls aus unseren
Tagen, so wird eine bestimmte Antwort sehr schwer, wenig-
stens so lange er ans der Wanderung durch alle Jahrhunderte
begriffen ist; inzwischen tritt doch ein Merkmal mit Entschie-
denheit hervor, und an dieses grade lassen sich Hoffnungen auf
ein neues, eigenthümliches Leben knüpfen. Seit dem Verblühen
der germanischen Architektur zu Anfang des 16ten Jahrhunderts
hat die Baukunst ihre Neu- und Umgestaltungen nur erreicht,
indem sie Begriffe nnd Formen aus dem Alterthum holte und
sie auf die laufenden Bedürfnisse anwandte; während aber in
den verflossenen drei Jahrhunderten die Römerwerke das Vorbild
blieben, an welches inan sich anschloß, haben unsere Architekten
den Weg zu den Quellen ihrer Kunst fortgesetzt, in das Hoch-
land des alten Griechenthnms. Es ist das Verdienst von Schin-
kel, Hittorff, Klenze u. A. an die Stelle des modern antiken
Dorisnius und Jonismns n\ die klassischen Formen und Ver-
hältnisse an Baudenkmalen Griechenlands aufgesucht und neu
ins Leben geführt zu haben, und welchem Künstler auf diesem
Wege neue Eroberungen zufallen, der wird sich mit Dank derer
erinnern, die sie zuerst betraten.

Bon den klassischen Bauarten fanden — um bei den Kunst-
unterueh»,ungen des Königs von Bayern stehen zu bleiben —
die dorische im Großen Anwendung bei der Walhalla nnd der
Ruhmeshalle; die jonische bei der Glyptothek. Für das Ans-
stellungsgebäude war der korinthische Styl festgestellt. Es ist
bemerkenswerth, daß wir — abgesehen von den Bauten der
römischen Kaiser, an denen der korinthische Styl, jedoch mit
wesentlichen Abänderungen, vorherrschend ist — kein bedeuten-
des Werk des Alterthums in diesem Style haben. Die Griechen
haben korinthische Säulen und Halbsäulen nur int Innern
einiger Tempel (eine einzelne z. B. im Tempel des Apollo
EpikurioS zu Bassä bei Phigalia im Hintergründe des Hypai-
thron, hinter der Statue des Gottes; dann eine (obere) Säulen-
reihe im Tempel der Minerva Alea zu Tegea; korinthische
Halbsäulen hinter jonischen Säulen in der Vorhalle des Apollo-

Donnerstag den 7. Januar 1847.

tempels zu Milet u. Ae. m.) angewendet; nur die beiden chora-
gischen Monnmenie zu Athen, deren Größe indeß noch nicht an
den kleinsten Tempel reicht, sind in korinthischem Style aus-
geführt. Es ist nicht zu verkennen, daß dieser Umstand die
Aufgabe sehr erschwerte, da es nun galt, ein ziemlich umfas-
sendes Gebäude mit einer reichen Vorhalle in der ganzen An-
ordnung des Tempelbaues in diesem Style anszusühren.

Der erste Blick auf dasselbe gibt uns die Neberzeugung, daß
es dem Künstler gelungen ist, für die feinen und reichen For-
men Verhältnisse und Kombinationen zu finden, die einen
durchaus wohlthuenden harmonischen Eindruck Hervorbringen,
nnd ihre Reize uns so nahe als möglich zu legen. Vor allem
muß das glückliche Maß des Unterbaues in die Augen fallen,
dem eine solche Höhe nnd Stärke nothwendig ist, wenn er nicht
unter dem Druck des breiten Oberbaues in den Boden zu sinken
scheinen soll. Auf so sichern Schultern aber scheint der Oberbau,
wie massenhaft er auch ist, nur zu schweben, und gerade dieser
Eindruck entspricht so ganz den zierlichen korinthischen Formen.
Ein Aufgang in der ganzen Breite der Vorhalle von zweiund-
zwanzig Stufen (die sich, was indeß weniger zu billigen seyn
dürfte, auch nach beiden schmalen Seiten sortsetze», und somit
ein Stück Pyramide bilden) gibt dem Unterbau eine angenehme
Abweehslnng und Gliederung und dem ganzen Gebäude den
Charakter einladender Gastlichkeit, und während der Dauer der
Ausstellungen durch die von allen Seiten herbeiströmende, auf-
und absteigende Menge anmuthige nnd mannigfache Belebung.
Ueber de», 12 Fuß hohen Unterbau erhebt sich das eigentliche
Gebäude 39 Fuß hoch, der Mittelbau aber mit der Vorhalle
62 Fuß in einer Breitenausdehnung von 224 Fuß nnd einer
Tiefe von 78 Fuß. Die Uinfaugniauern haben, in Uebereinstim-
mung mit dem Charakter antiker Wohnhäuser, und wegen des
tut Dach angebrachten Oberlichtes keine Fenster; ihre Flächen
sind durch eine einfache Pilasterstellung unterbrochen, die ein
jonisches Gesims trägt, das au der Stelle, wo das Dach auf-
sitzt, mit einem Kranz von Stirnziegeln verziert ist. Die um
16 Fuß vortretende nnd um weitere 8 Fuß ins Gebäude ein-
tretende Vorhalle wird nach außen von 8 korinthischen, kanne-
lirten, 42 Fuß hohen Säulen (von 8 Dm. zu i'/2 Fuß) be-
grenzt , deren beiden äußersten je zwei jonische Pilaster an der
vortretenden Mauer gegenüberstehen, während der innere erwei-
terte Raum frei bleibt und eine» breiten Zugang zu dem mit
eherne» Thürflügeln versehenen, rechtwinklicht abgeschlossenen
Eingang führt. Die Säulen haben die attische Basis, jedoch
ohne Plinthe; für das Kapitell hat der Künstler nicht das
Monument des Lysikrates zu Athen mit seinen fast zu zierlichen
nnd weichlichen Formen, sondern wie es scheint das Pantheon
in Rom (aus Augustus' Zeit), nämlich die Säulen im Innern,
um Rath befragt. Der Fries über dem dreigetheilte» Architrav
ist ohne alle Verzierung; das Gesims hat die üblichen Krag-
steine. Der Giebel von 14 Fuß Höhe zu 95 Fuß Breite schließt
au beiden Ecke» mit den für das bayrische Königshaus emble-
niatische» Löwen und in der Höhe mit einem Phönir ab, dem
Siunbilde ewiger Verjüngung, zugleich der Ursache und der
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