Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Es bleibt nun noch übrig, auf die wichtiger!! Forschungen,
welche in den Annales niedergelegt sind, in Kürze hinzndeuten. :
Erster Band, Mai bis Dezember 1844. Didron theilt
Proben ans seiner Histoire de Dien mit einigen Zusätzen mit.
Bei Anlaß des Kopfes Karls des Großen ans dem Straßburger
Münster werden die dortigen Kaiserbilder in den Fenstern des
nördlichen Seitenschiffes ins Ute oder 12te Jahrhundert versetzt
und nur eine Restauration (int 14ten Jahrhundert zugegeben;
ein arger Jrrthum, da Kaiser Heinrich VI. und König Philipp
von Hohenstaufen sich mit darunter befinden und absolut in j
demselben Styl behandelt find wie die Karolinger. — Eine
Beschreibung der wichtiger!! Prachtstücke ans dem Museum des
Hütel de Cluny enthält u. A. die ganz allgemeine Notiz von
„einer Elfenbeinarbeit mit griechischen Inschriften, welche Chri- \
jlnnt vorstellt, der den Kaiser Otto II. und die Kaiserin Theo-
phania segnet" — also wahrscheinlich eines der wenigen byzan-
tinischen Werke, welche erweislich durch Ottos Vermählung
nach dem Abendlande gekommen sind. — Unter dem Titel »Oe
1» niusique au moyen age« wird eine höchst bedeutende Rheimser
Miniatur des 13ten Jahrhundert mitgetheilt: in einem doppelten .
concentrischen Rund steht ein nackter, geflügelter Greis, die
Luft darstellend, mit Händen und Füßen die vier in den Ecken
des Bildes angebrachten Winde greifend; das äußere Rund
enthält die neun Musen in zierlichen Halbfiguren, das innere .
in ganzen Figuren Arion (auf dem Delphin, mit Horn und, ^
Geige), Pythagoras (sehr jugendlich, mit Hammer und Glocken- l
spiel) und Orpheus (melancholisch ruhend, mit der Zither), — I
Hier und in den folgenden Bänden theilt Didron die Resul-
tate seiner knnstgeschichtlichen Reise nach Griechenland und dem
Berge Athos mit, das einzige Bündige, was wir bis jetzt
über die neubyzantinische Kunst besitzen. Leider tritt in diesen
Mittheilungen die Schilderung des Styles sehr zurück neben i
dem Interesse für den Inhalt. — Eine umfassende, bis in die l
später» Lieferungen greifende Abhandlung »Velemens saeer- :
ciolaux« beginnt mit einer vollständigen Sammlung der betres- j
senden Quelleiistellen seit dem apostolischen Zeitalter und gibt !
dann die Geschichte jedes einzelnen liturgischen Kleidungsstückes
mit reichhaltigen Belegen. — Ein ikvnvgraphisches Kapitel
von I. P. Schmit über den bildlichen Gebrauch der Schlange
und des Teufels zeigt zwar, wie die meisten Abhandlungen !
der Urinales diejenige französische Behandlnngsweise, weicheres j
weniger auf die tiefere Idee als auf anschauliche Uebergänge \
und schlagende Parallelen ankömmt, trägt aber vielen nützlichen
Stoff zusammen. — Unter dem Titel »Oos arlistes au moyen
age« sammelt Didron in einer Reihe von Aufsätzen die Notizen i
über Lebensweise, Stand und Bestallung der Künstler des M. A.;
ein höchst schätzbarer, durch Quelleiiiiachweisungen unentbehr-
licher Anfang zu einer Gesammtbehaiidlniig dieses Themas. — j
Ein Aufsatz »Fer sorg6 et fondu« nimmt das schöne alte ge- !
schmiedete Ornament in Schutz gegen das wohlfeile, zerbrech-
liche Gußeisen. — Die »Stalistique monumentale du depar-
tement de la Seine,« welche mit den Kelten beginnt, ist j
hauptsächlich als Anfang zu einer Denkmalstatistik des ganzen :
Landes erfreulich, wozu ein großer Theil der Materialien schon j
in den Kartons des Ministeriums fertig liegen muß. Die äußer- !
liehe mechanische Ansicht der Kulturgeschichte, welche der Franzose
ans solchen Arbeiten abzulciten psiegt, dieses Znrückführen ganzer
Bildungsepochen auf ein statistisches Rechencrempel mag sich die
deutsche Wissenschaft immerhin vom.Leibe halten. — In dieselbe
Klaffe gehört die Abhandlung: »Arlistes du IS er ri au moyen
age,« lauter archivalifche Auszüge aus Rechnungen und
O-uittlingen. Wie in dem ganzen später,! M. A. spielen die
französischen Maler nur eine geringe Rolle neben den übrigen j
Künstlern; ja im Herzogthum Berry wird 1488 der erste Maler- l

name erwähnt, und alle folgenden sind wesentlich Wappen-
maler, welche nur beiläufig auch Historien malen. — Die
kaiserliche Dalmati ca in der Sakristei von St. Peter in
Rom (mit Abbildung) wird von Didron mit großem Anfwande
ikonographischcr Gelehrsamkeit behandelt. — Ein hübscher Auf-
satz über das sogenannte Glücksrad an den Rundfenstern des
Domes von Amiens (mit Abbildung), der Kirche St. ©Henne
zu Beauvais und des Münsters zu Basel, unter der Aufschrift
Fa vie humaine, vergleicht diese Darstellung mit einer ganz
ähnlichen neubyzantinischen, welche in der spu^veia rijg '^aypa-
(pr/djg (dem von Didron entdeckten und herausgegebenen Maler-
buche des Berges Athos) geschildert wird.

Zweiter Band, Januar bis Juni 1845. Die »Monu-
mens des bords de la Loire« setzen die oben begonnene Mo-
numentalstatistik fort. — Die zierliche frühgothische Kirche
Notre Dame in Chalons s. M. (mit Abbildung) wird
umständlich, Behufs einer Restauration, besprochen. Neben St.
Remy in Rheims ist dieß Gebäude eins der edelsten Beispiele
der frühern Behandlung des Kapellenkranzes nu, den Chor. —
Eine Fortsetzung der Monumens des bords de la Loire gibt
gute Nachrichten über den Peter Bischer der dortigen Gegend,
den tailieur d’ymages Michael Colomb oder Coulombe
(1430 bis um 1511) in Tours, den Schöpfer des prachtvollen Denk-
mals Franz ll. von Bretagne im Dom von Nantes. Er hatte
auf seinen Reisen gelernt bei Mestre Anthoniet und bei Mestre
Claur, d. h. Clans Suter, dem Verfertiger des Grabmals
Philipps des Kühnen und des Mosesbruiinens in Dijon (also
hängt nicht nur die französische Malerei des löten Jahrhun-
derts wesentlich von den Niederlanden ab, sondern auch der
namhafteste Bildhauer). Bei seiner Arbeit, »Lu loutes grandes
besognes, petites et moyennes,« halfen ihm seine drei Neffen,
und zwar in folgender Weise: der Meister »preparoit de sa propre
manuiacture les patrons (doch wohl Modelle, nicht Gußformen)
en leime cuite;« Guil. Reguault unterstützte ihn bei der
Skulptur, Bastyen Franeois besorgte das Architektonische, und
Frauevis Coulombe die Polychrouiie »avec carnation de
visages et de mains, escriplures et toutes autres choses
ä ce pertinentes« — ein kleines Beispiel von jenem Jnein-
anderarbeiten, welches dauials die reichsten und vielseitigsten
Kunstschöpfuugen so sehr vereinfachte. — Nun folgt ein nicht
unwichtiger, auch durch die spätem Bände hindurchlaufender
Aufsatz von Verne ilh: Origine francaise de l’architeeture
ogivalc, 1 worin die Frankreich gebührende Priorität im Spitz-
bogen styl nachgewiesen und die Hauptentwickeluugsepoche in
die Jahre 1150 bis 1180 gesetzt wird, lieber die Verbreitung
dieses französisch -gothischeu Styles stellt der Verfasser folgende
zum Theil wenig bekannte Data zusammen:

1174 Neubau des Domes von Canterbury (des ältesten englischen
Spitzbogenbaues), durch Willelmuö von Seus, der in
einem Konkurs über die Architekten verschiedener Länder
gesiegt hatte.

1263 bis 1278 wird die Stiftskirche zu Wimpfen im Thal durch
einen aus Paris gekouimeuen Baumeister erbaut, und
zwar aus Verlange» des Dechanten »opere francigeno«
d. i. in gothilchem Styl. (Die von Mertens entdeckte gleich-
zeitige Aufzeichnung soll abgedruckt seyu bei Dusommerard,
les arts au M. A., archit. chap. V. p. 35.)

1287 reist Pierre Bouueuil mit zehn Gefährten von Paris nach
Upsala, um den dortigen Dom zu bauen.

1343 gründet Matthias von Arras den Dom zu Prag. (Hieran

* S. 43, 117 und 192 wird der Ursprung des Wortes ogive
dcbattirt und als dessen erste Bedeutung „Strebepfeiler, eentretor1"
dargetha».
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen