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strengen Wissenschaft und beide mit der Kunst sich vereinigt ha-
ben , die Schätze christlicher Erkenntniß in Symbolen ausgeprägt
zur Anschauung zu bringen."

Gehen wir nun zunächst zu dem ersten Theile über, so hat
der Vers die Aufgabe, die er sich gestellt, im allerweitesten Sinne
aufgefaßt, indem er die Darstellungen heidnisch-mythologischer
Gegenstände nicht nur in ihren inner» Bezügen zum Wesen
christlicher Kunst oder dem Inhalt des christlichen Lebens, sondern
auch ohne solche Bezüge als Bedingung vorauszusetzen eben nur
ihres Vorkommens in der christlichen Kunst wegen behandelt.
So ist der erste Band eigentlich weniger eine Mythologie der
christlichen Kunst, indem man nach dem gewöhnlichen Gebrauch
etwas ganz Anderes darunter versteht (Vorrede S. xv), sondern
eine klassische Mythologie in der christlichen Kunst, d. h. eine
systematische Behandlung sämmtlicher aus den klassischen Religio-
nen entlehnten Darstellungen, die der Zeit nach diesseits der
Blüthe jener Religionen, also auf das Gebiet des Christenthums
fallen. Es ist somit eine Art Nachgeschichte klassischer Kunst-
mythologie und nachdem so der Aufgabe die weiteste Ausdehnung
gegeben ist, tritt erst die Sonderung ein, ob die obenangedeu-
teten inneren Bezüge zur christlichen Religion als solche statt-
finden oder nicht. Ich kann diese Ausdehnung, obschon die
Kohärenz beider Theile dadurch anscheinend nicht unbedeutend
vermindert wird, nur loben, indem dadurch einmal jedem Zweifel,
ob eine Darstellung solche Bezüge habe, und ob dieselbe daher
in den Bereich der Untersuchung aufzunehmen sey oder nicht,
entgangen wird und in dem über die Nothwendigkeit hinaus
gebotenen Mehr durchaus kein Nachtheil liegt, wie er in dem
Minder allerdings enthalten seyn würde. Aber diese Art der
Auffassung bringt auch einen positiven Vortheil mit sich, indem
sich eine große Klaffe von Kunstwerken mythologischen Inhalts,
welche, einer neueren Entwickelungsperiode angehörig, mit dem
Wesen der christlichen Religion scheinbar durchaus nichts mehr
zu thun haben, bei näherer Betrachtung als wesentliche Bcsiand-
theile einer zwar durch mannigfache Einflüsse klassischer Bildung
gewaltig erschütterten und umgebildeten, doch ihrem Prinzips
nach noch immer christlichen Welt- und Lebensanschauung jener
Periode ergibt. Ein großer Umschwung aller Verhältnisse hatte
nämlich, und zwar vorzugsweise seit der Mitte des löten Jahr-
hunderts, wesentliche Elemente klassischer Bildung zu neuer Gel-
tung gebracht und es ist interessant, wie gerade die Götterlehre
der Alten inmitten eines christlichen Welt- und Staatslebens in
alle Zweige auch der redenden Künste und selbst der Wissenschaft
eindringen konnte, welche doch, wie der Vers. S. 290 sagt:
„gerade die Reinheit der Lehre zu bewahren und die christlichen
Vorstellungen zu läutern" berufen war. Hievon handelt nament-
lich der an treffenden und bezeichnenden Zügen reiche § 34.
„Uebergang aus dem Mittelalter in die neuere Zeit. Mytholo-
gische Elemente in der allgemeinen Bildung" S. 277 und § 35
„Benutzung mythologischer Vorstellungen seit dem 15ten Jahr-
hundert" S. 290 ff. Wie bedeutend aber und wie groß die daraus
hervorgehende Erweiterung des Planes sey, ist schon ganz äußer-
lich daraus zu entnehmen, daß die Behandlung der hieher ge-
hörigen Kunstwerke bei weitem den größeren Theil des vorliegenden
Bandes ausmacht. Derselbe handelt, da der Vers, für die Mytho-
logie eine Eintheilung je nach der verschiedenen Bedeutung der
mythologischen Personen hat eintreten lassen, von den historisch-
mythologischen Vorstellungen in der christlichen Kunst, während
die zweite Abtheilung die physisch-mythologischen Vorstellungen
umfassen wird, als welche der Vers, solche bezeichnet, „in denen
Elemente der Natur als Personen zur Erscheinung kommen,"
S. 37, wie er denn auch in der Vorrede S. xiv geradezu von
Raturgottheiten gesprochen hat. Obgleich es nun allerdings ge-
wagt scheinen dürste, vor Kenntniß der vollständigen Durchfüh-

l rung dieser vom Vers, angenommenen Eintheilung ein bestinimtes
Urtheil darüber abzugeben, so kann ich doch nicht umhin, hier
gleich von vornherein den Wunsch auszusprechen, der Vers, hätte
diese Sonderung nach dem Gehalt und der Bedeutung der mytho-
logischen Vorstellungen nicht eintreten lassen. Einmal nämlich
scheint es unumgänglich, daß dadurch, wie wir dieß der mannig-
faltigen Unterabtheilungen wegen zum Theil schon bei dem vor-
liegenden Bande bemerken, die stetige und fortlaufende Entwicke-
lung, der der Gegenstand sehr wohl fähig ist, auf erhebliche
Weise unterbrochen und zum Nachtheile des Ganzen zerrissen
werde, wenn neben die Entwickelung der historischen Vorstellungen
nun noch eine zweite, im Ganzen doch wohl gleichzeitige Reihe,
die der physisch-mythologischen Vorstellungen tritt. Zweitens
aber, und dieß ist das Wichtigste, wird sich eine solche Trennung
innerhalb der Mythologie selbst schwerlich genügend durchführen
lassen, indem hier die Begriffe historischer und physischer Vor-
stellung keineswegs so streng gesondert sind und abgeschlossen
neben einander stehen, als nöthig seyn würde, um auf ihrem
spezifischen Unterschiede eine durchgreifende Eintheilung der sie
behandelnden Kunstwerke zu begründen. Macht doch gerade die
innige und untrennbare Verbindung historischer und physischer
Elemente eine der wesentlichsten Eigenthümlichkeiten der gesamm-
ten klassischen Mythologie aus! Als Beweis hievon läßt sich so-
gleich anführen, daß fast sämmtliche von dem Vers, in dem ersten
Theile angeführten mythologischen Personen und Vorgänge, die
er als historische bezeichnet, mit demselben Recht auch den phy-
sischen Vorstellungen zugercchnet werden können, und daß sogar
seine eigene Auffassung darauf hindeutet, wenn er z. B. in dem
Abschnitt über die formellen Typen „Sol Apollo im Aufgang"
S. 78 mit dem gen Himmel fahrenden Elias zusammenstellt und
S. 94 Apollo schlechthin als „Sonnengott" bezeichnet wird, als
welcher er, ein Element der Natur zur Erscheinung bringend,
doch gewiß den physisch-mythologischen Vorstellungen zugehört
hätte. Dasselbe gilt dann ferner von Jupiter und Juno, von
Bacchus und Diana (S. 87), von Theseus und Herkules (S. >28),
von den Dämonen des Meeres (S. 2>8) u. s. s., und es ist schwer
abznsehen, wie der Vers., wenn er diese und andere mythische
Vorstellungen den historischen zuzählt, daneben noch eine beson-
dere Klaffe von physischen Vorstellungen konstatiren will, denen
der ganze zweite Theil gewidmet seyn soll. Jndeß kann dieß
Alles, ehe nicht dieser zweite Theil selbst vorliegt, nur als vor-
läufiges Bedenken angesehen werden, und muß ein definitives
Urtheil über diesen Punkt bis zur gänzlichen Durchführung des
vom Vers, befolgten Eiutheilungspriuzips Vorbehalten bleiben.

Nach einer Einleitung, in der der Vers, von der Kunst des
werdenden Christenthums und von dessen Vcrhältniß zu der des
heidnischen Alterthums ausgehend, die wesentlichsten Bezüge seiner
Aufgabe zur Geschichte der Kunst, wie zu der der Kirche und
Religion auseinanderlegt, geht derselbe zum ersten Abschnitt über,
welcher von den historisch-mythologischen Vorstellungen von typi-
scher Bedeutung handelt (S. 64 —157), während die größere
Hälfte des Buches dem zweiten Abschnitt, von den historisch-
mythologischen Vorstellungen von eigentlicher Bedeutung gewidmet
ist (S. 158 — 507). Unter den Typen nun werden die formellen
Typen gleichsam einleitungsweise vorangestellt und es werden die-
selben als solche bestimmt, „von denen man, indem sie der christ-
lichen Kunst angeeignet wurden, mit Beseitigung ihres heidnischen
Inhalts nur die Form beibehalten hat. Solchen formellen
Typen kommt dann ein mythologischer Charakter nicht mehr zu,
da das Typische nur in der antiken Komposition liegt, die zum
Träger einer christlichen Idee geworden" S. 64. Es kommen
dann derartige Typen theils im christlichen Alterthume vor und
find als solche die Vorstellungen des Baumes mit dem Drachen
zu betrachten, dessen Motiv der altgriechischen Sage angehört
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