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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0028

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ständniß begleitei, einen sehr wvhlthätigen Einfluß auf
die Entwickelnng der hiesigen Knnst ausübt. Das sv
si'eqnente Reisen nach Eurvpa, der Besuch der dvrtigen
Galerien haben hanptsächlich dazu beigetra^en, das Ver-
ständniß der Kunst auszubilden und den Geschmack zu
läutern und zu verfeinern.

Es sind jetzt gerade zwei Kunstwerke ausgestellt, welchedie
Aufmerksamkeit der Kunstliebhaber in hohem Maße auf
sich ziehen und schon seit Monaten vvn einembewundern-
den Publiknm umgeben sind. Es sind dies: 1) Die kolos-
sale Marmorstatue von Thomas Ball, den amerikanischen
Tragöden Edwin Forrest in der Rolle des Koriolan dar-
stellend und 2) Adolf Bierstadt's Gemälde: Die Dome
des Vo-Semite.

Die Statue ist in der Galerie von Childs L Co.
ausgestellt. Der Künstler hatte bedeutende Schwierigkeiten
bei diesem Werke zu überwinden. ES macht an und für
sich schon einen eigenen Eindruck, einen modernen Kopf,
ohne Jdealisirung, als Nömerkopf angewendet zu sehen.

Den Auftrag zn dieser Porträtstatue erhielt Herr Ball
von einigen Berehrern und Frennden Forrest's. Er
hatte Laher in erster Linie auf tresfende Aehnlichkeit
des Schanspielers zu sehen, was ihm meisterhaft ge-
lungen, doch wurde durch diese Bedingung die Thätigkeit
seiner Phantasie natürlich sehr eingeengt.

Zur Darstellung ist in der Rolle des Koriolan die
Stelle gewählt, wo er bei der Belagerung Roms, nach
Abweisung aller nm Schonung der Stadt bittenden
Gesandten, die Annährung seiner Mntter und seincs
Weibes mit ihrem Kinde, als lleberbringer eines letzten
Gesnches um Schonung der Siadt vom Senate, bemerkt.
Es ist dcr Moment, wo er sagt:

„Nein, laß die Volsker

Den Pflng ziehn über Rom, das Land zerwiihlcn:

Jch werde nimmer solch ein Gänschen sein,

Zn folgen dcm Natnrtricb, sondern stehe

Als wcnn dcr Mensch sein eigner Schöpfcr wär',

Und kennte keinen Ursprnng".

Wir merken aber eben nicht, daß Koriolan vor uns
steht. Es ist der Schauspieler so genau porträtirt, daß
dem Künstlcr wenig oder gar keine Gelegenheit gcboten
war, seiner Jdee des Koriolan Ausdruck zu verleihen.
Die Figur des Helden ist genau die des Tragöden, stark
gedrungen und muSknlös, faft an einen Fanstkämpfer er-
innernd, und entspricht daher sehr wenig der Vorstellung,
die man sich von einem Römer macht. Trotzdem übt
die Figur einen imposanten Eindruck. Jn der Stellung
der Figur war dem Künstler mehr Gelegenheit gegeben,
seine Fähigkeiten zu zeigen, obgleich anch hier der Schau-
spicler dem Künstlcr den Gedanken gab. Es ist hicr ein
erfolgreiches Studium der antiken Meistcrwerke bemerk-
bar. Wir sinden nicht das Gesuchte, Affektirte und lleber-

l triebens, das man so gewohnt ist an den Werken hiesiger
! Künstler. Die Ausführung ist einc sehr sorgfältige und
verdient volles Lob. Jm Ganzen ist die Leistung^ dcs
Künstlers daher als eine recht anerkennungswerthe zu be-
zeichnen; nur ist zu hofsen, daß ihiu in weiteren Werken
Gelegenheit geboten werde, mehr seine eigenen Jdeen und
Gestalten zu Tage zu fördern.

Herr Ball hat in Amerika schon lange einen guten
Namen. Er ist im Staate Vermont gebürtig, hält sich
aber meistens in Rom auf. Was den Aufstellungsort
der Statue anbetrifft, deren Kosten sich beiläustg auf
10,000 Doll. belaufen, so ist von den Herren, welche die-
selbe ausführen ließen, noch nicht darüber entschieden
worden, wahrscheinlich wird sie aber in Boston bleiben.

Herr Ball hat auch von der Stadt Boston den Auf-
trag eines kolossalen Bronze-Reiterstandbilves Washing-
tons, erhalten, welches bestimmt ist, im hiesigen öffentlicheu
Park, dem Common, aufgestellt zu werden. Jch hatte nicht
Gelegenheit, das Modell, welches vor einigen Jahren
ausgestellt war, zu sehen. Ein befreundeter Berliner
Architekt bewundert dasielbe sehr und stellt es dem
Friedrichs-Denkmal in Berlin als ebenbürtig an die Seite.
Wir wollen sehen.

Das Gemälde: „die Dome des Vo-Semite" *) ist in
der Galerie von Williams und Everett auögestellt. Der
Künstler, Herr Bierstadt, welcher scine Ausbildung in
Düsieldorf erhielt, hat es sich, wie es scheint, zur besou-
dereu Aufgabe gemacht, die großartigen Naturschönhciten
unseres ferneu Westens in seinen Gemälden vorzuführeu.
Das jetzt ausgestellte Bild schließt sich dem bekannten
Bilde des gleichen Künstlersi „das Felsengebirge" an.

Es stellt unS das HmSemite-Thal, Durchlaß durck

die Sierra Nevada-Kette im Staate Kalifornien dar.
Diese Gegenden sind verhältnißmäßig unbekannt gewcsen,
bis in den letzten Jahren das Publikum durch Photo-
graphien und besonders durch die Gemälde Bierstadt's
darauf aufmerksam gemacht wurde. Der Thalkessel ist
ungefähr 10 englische Meilen lang und I */» Meilen brcit
und ist eingefaßt durch meisteus senkrechte Felswände von
2000 bis fast 5000 Fuß Höhe. Ueber diese stürzen sich,
imposante Wasserfälle bildend, Bergströme hinab. Der
höchste dieser Wasserfälle ist der Vo-Scmite-Fall, dessen
Wasser sich in zwei Absätzen 2400 Fuß tief in'S Thal
hinabstürzen.

Der Standpunkt Les Beschauers auf dem Gemälde
ist in einer beträchtlichen Höhe über dem Thale, in einer
breiten Schlucht, von welcher man in das Thal der Länge
nach hinabsieht. Dem Beschauer gegenüber, links am
Ende des Thales, ragt ein stumpfer Felsenkegel empor. Es
ist dies dcr nördliche Dom, 3700 Fuß hoch. Die Nackt-
heit der ungeheuren Felsenwände ist am Fuße dieses

*) Vergl. Kiiustchronik, 2. Jahrg., S. 145.
 
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