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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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An der Universitätsbibliothek zu Bologna ist ein uner-
hörter Diebstahl veriibt, indem eine Anzahl der werthvollsten
Kupserstiche, darunter viele Blätter von Albrecht Dürer,
entwendet worden sind. Den polizeilichen Nachforschungen ist
«S gelnngen, die Diebe znr Rechenschaft zu zichcn. von dcn
gestohlenen Blättern aber ist bis jetzt nur ein kleiner Theil
und zwar in Stuttgart zum Vorschein gekommen.

Felix Slade, einer der eisrigsten Kuustsammler Englands,
welcher vor Kurzem gestorben ist, hat seine bedeutendcn Samm-
lungen von Kupferstichen nnd Gläsern dem Britischen Mnseum
testamentarisch hinterlassen. Außerdem hat er letztwillig
40,000 M angewiesen, mit deren Zinsen drei Lehrstnhle für
Knnst dotirt werdcn sollen, von denen je einer an den Uni-
versicälen zu Oxsord, Cambridge und London zn crrichten ist.

-s- Bcrlin. Einigc vorzüglichc Bilder müssen noch
nachtragweise nach der jüngst eingesandten Korrespondenz er-
wähnt werden. Vor allen eins von Engen Blaas aus
Vcnedig (jetzt in Florenz). Von ihm erschienen vier kleine
Bilder vor ciniger Zeit bei Sachse, nicht geeignet, die Auf-
merksamkeit in hohem Grade zn erreqen. Von sehr verschie-
denem Werlh nnd Charaktcr, trugen sie durchweg den Stempcl
des Unfertigen. Nur in zweicn kündigte sich koloristisches
Talent und tüchtigeS Studium des Kostüms an. Den hier-
durch erregten Erwartungen entsprach dann ein lebensgroßer
Studienkopf einer Venetianerin. Hielt er stch auch in einer
«twaS stumpfen Harmonie, so war diese doch vollkommen, und
sehlte es dem Kopfe an Beseelung. so war er doch von hohem
Adel, das Ganze von einer so geschlosscnen malerischen Wir-
lung, daß es schwer wurde, seme Aussührung mil der der
kleinen Bilder demselben Jahre (l867) zuzuweisen. Doch
ein brößeres Räthsel noch behielt der Künstler sich vor, nns
danut zu überraschen. Einige Wochen später fanden wir ein
sechstes Bild aus demselben Jahre hinzugekommen, welches
uns, wir gestehen es offen, so gefesselt und besriedigt hat, wie
seit lange nichts. Den Gegenstand bildet die Jntrodnktion zum
Decameron deS Boccaccio. Die Komposition ist von köstlicher
Einfachheit und Natürlichkeit, Bewegungen und Ausdruck von
HLchster Anmnth nnd Zartheic, die Aussührung von einer der
alten Holländer würdigen Feinheit, der Charakcer des Ganzen
von einem wnnderbaren Zeitgefühl, vor Allem aber die
Farbe von einer gesätligten Krast und einer harmonischen
Schönheit ohne Gleichen. Wohin man blickl, sei es auf die
Köpfe der handelnden Figuren, sei es auf die Tracht.
sei es auf die Grabsteine am Fnßboden, sci eS auf
das Wandgemälde einer Kreuzschleppung auf Goldgrund, das
sich über den Personen hinzieht, sei es in den Hauptraum
der Kirche, in den sich rechts cin Einblick eröffnet, überall
tritt dem Auge eigentbümlicher Rei; und höchste Mcisterschaft
entgegen. Jm Gegensatz aber gegen so viele andere Sitten-
bilder. besonders französischcr Kllnstler auS entlegenen Zeiten
nnd Zonen, die in den Aeußcrlichkeiten wohl, milunter wenig-
stcnS theilweise mit dem vorliegcnden Bilde dcn Vergleich
bestehcn, ist dies eine Werk ohne alle Prätension, dessen
größtcr Zauber sich crst bci näherer Belanntschaft in dcr er-
freulichen Frische und Unmittelbarkeit des individuellen Lebens
in jcder cinzelnen Figur entfaltet. — Ein ähnliches, wenn
auch nicht so bedcnlcndes Bild besand sich jllngst bei Lepke.
Karl Hoff. der Düsseldorfer, hatte eine Rococo - Scene ge-
schildert. So treffliche Meister auch dcr Verherrlichung dieser
höchst malerischcn Periode ihren Pinsel geweiht haben, ist e«
doch wohl nur selten gelungen, ein Bild der Zeit so aus
einem Guß nnd von solcher Anziehungskrail zu geben. Men-
schen nnd Dinge, Bewegungen und Trachten, Formen und
Farben harmoniren so vollkommen mit einander und sind so
malerisch. daß das Bild in hohem Grade und dauernd gefällt.
Besonders zu rühmen ist die Behandlung der Farbe. Die
hellen, anffallenden und lebhaft kontrastirenden Farben, die
das Rococo liebte, und die häufig selbst bei den Besten des
Fachs, wie Karl Becker, Fr. Kraus u. s. w. hart und kühl
ausfallen, hat er in einer Weise abzntönen und zu stimmen
verstandcn, daß kcine ihre charakteristische Art einbüßt und
alle auf's Beste vermittelt und zusammengebracht sind. — Gute,
zum Thcil sehr gutc Bilder von Brendel ljbci «achse), von
Oswald nnd Andreas Achenbach und I- Fap (bei Lepke)
niögen sich mit dieser kurzen Erwähnung begnügen.

kiliililiterlltur niid Knilttlimidel.

Der Jllustrirtc Katalog dcr Pariscr Jiidnstrieaus-
stcllung von 1867 (Leipzig, F. A. Brockhans) gehl seiner
Vollendung entgegen. Das auf 12 — 15 Lieserungen ä 20
Sgr. berechnete Werk ist bis zur II. Liefernng vorgeschrittcn
und bringt in seinen letzten Heslen wiederum eine Fülle von
Abbildungcn aus dcn verschiedensten Zweigen dcr Kunstin-
dustrie. Wiegt auch im Allgemeinen die Fabrikation Frank-
reichs und demnächst Englands vor, wie cs bei dcr großen
Auswahl von kunstiiidustrielleii Erzeugnissen, welche diese
beiden Länder aus der Ausstellung zu bielen hatten, nicht
anders erwartct werden kann, so hat doch der Herausgeber
billige Nücksicht auf die übrigen Nationcn genommcn und na-
mentlich solche Gegenstände aufgenommen, die das Eigenartige
nationalen Kunstfleißes an sich tragen und dcßhalb von be-
sonderem Jntcresse sind, so beispielsweise die norwegischen
Holzschnitzereien von de Conink in Christiania. — Jn der 10.
Lieferung besindet sich aüch ein viel bewundertes Prachtstück
der Ansstellung, der in Silber getriebene Milton-Schild von
Morel Ladamil, aus der Fabrik von Elkington L Co. in
London.

Von Rndolph Weigel's hintcrlasscner Knnstsammlnng

kommr die III. Abtheilung der I. Gruppe, Bücher zur Ge-
schichte und Theorie der Kunst cnthaltend, am 29. Juni zur
Versteigerung. Der überaus reichhaltige Katalog umfaßt die
Nummern 1696—5508 und gewahrt schon an sich dnrch die
systematische Zusammcnstellung und Rubricirung einer so um-
fassenden kunstliterarischen Bibliothek cin ganz besonderes Jn-
teresse. Die Hauptwerke nnserer Kunsttheorie nnd Kunstge-
schichte sowobl der älteren als der neueren und neuesten Lire-
ratur des Jn- und Auslandes sind fast sämmilich in der
Sammlung, manche in mehreren Exemplaren und den ver-
schiedenen AuSgaben verlretcn; so sind z. B. die Vite des
Vasari in zehn Ausgaben von der ältesten Florentiner vom
Jahre 1550 bis zur neuesten Ausgabe von Le Monnier vor-
handen. Auch unter den Monographien über einzelne Epochen,
Schulen, Künstlcr und Denkmäler fehlt kaum cin irgendwie
wichligcs Werk. So nmsaßt die Literatnr über Rafsael bei-
spielsweise an 40 Nummcrn.

Eine Geschichtc dcr portllgicsischcii Maler von Mar-
quis Sonza-Holstcin wird demnächst in Paris erscheinen.

Lunllvcrtiiie, Zammliiilgcil imd Äilgstrllililgcil.

-s- Bcrliii. Dic crstc ordcntlichc Gencralvcrsammlnng
dcS dcutschc» Gcwcrbcmusciims faud am 30. April im
Hörsaale der Anstalt stalt. Der Vorsteher dcr Sammlungen
Herr C. Grnnow crstattete Namcus dcs Vorstandes den
Bericht, dcr die Thätigkeit der vcrschiedencn Kommissioncn, dic
Beschaffung dcr Geldmittel und dic gctroffencn Einrichtnngen
schilderte. Auf den Bericht des PrüfungsauSschusses wurde
für die Kassenverwaltung Decharge ertheilt, worauf Herr
Professor Rosenthal überEinrichlung und bisherige Erfolge
des Untcrrichtes sprach. Von Seitcn der Versammlung wurde
der Wunsch ausgesprochen, dem Leihsystem eine größere Aus-
dehnung und den öffentlichen Vorlesungen eine praklischere Ein-
richtung zu geben, als bishcr geschehen. Nach 1>/ü stündiger
Sitzung begab sich die Vcrsammlung in die Ausstellungsräume
des Museums.

* Ocstcrrcichischcr Kuilstvcrein. Die April-Ansstcllung
des österreichischen Kunstvereins war im Vergleich mit den
unmittelbar voraufgegangenen von beträchtlich geringerer O.ua-
lität. Nur einzelne Leistungen entschädigten für die Dürstig-
keit der Auswahl, in erster Linie das tüchtige Bild von Cäsar
Willich in München: „Einc schlafende Nymphc mit einem
jungcn Fann", welches durch sein glückliches Arrangement
und die feine, flcißige Durchbildung des Nackten in einem bei
der weiblichen Figur etwas kühlen Fleischton, sowie dnrch die
außerordentlich schöne Landschaft ungemein ansprach. Auch
des jüngst verstorbenen Fran; Dobyajchossky „Madonna" ge-
hört unzweifelhaft zu den liebenswürdigsten Werken dieses
Mcistcrs. Jm Uebrigen sah cs mil den Figurenbildern rccht
windig aus. Das Lutherbild des talenlvollen Sigismund
Pollak ist für ein Werk strebsamer Jugend auffallcnd matt
in der Empfindung, Emilie Hel on's „Blumenmädchen" schon
etwas mehr als koquett. Viel besser war die Berlrelung der
Landschast durch Pausinger's „Nehe im Kornfeld", Leop.
Wunsch's ,,Waldpartie im Spätsommer" A. Stade-
 
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