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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Die Konkurrenz-Entwürfe zum Berliner Goethe-Denkmal, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0165
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VII. Jahrgang.

GeiträgL

!lnd an vr. C.v. Lützow
(Wien, Theresianumg.
25)od.andieBerlagsh.
(^eip)ig, Königsstr. 3)
zu richten.

14. 2i,ni

Nr. 18.
Inftrote

2 Sgr. fiir dic drci
Mal gespaltene Petit-
zeile wcrden von jeder
Buch, und Kunsthant,
lung angenommcn.

IÜ78.

Beiblatt znr Zcitslhrist für bildcnde Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, siir die Abonnenten der „Zeitschrift fiir bildende Kunst" gratis. Fiir sich allein bezogcn lostct die Kunst-Cbronil in
allen Buch- und Kunfthandlungen, sowie bci dcr Post vom VII. Jahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

Jnhalt: Die Konkurrenz-Entwiirfe zum Berliner Goethe-Denlmal. —
llr. Lucanus — PreiScrtheilung für die Entwürfe zun, deutschen
k Parlamentsgebäude; für daS SicgeSdcnkmal in Freiburg. — Hcrr v.
Dachröden. — Direltor v. Eitelberger, Proscssor Thaulow. — Wicncr
WeltauSstellung; Ausstellung deS Rhein.-Westvh. Kunstvereins; «eih-
auSstellnng in Basel. — Denkmal Fricdrichs des Groftcn in Marien-
bnrg. — Kaeser'S Klinsthaiidliing in Wien. — AuS Wcimar. — Be-
gräbnißfeier Schnorr'S. Berichte vom Kunstmarkt: Auktion
der Wcigel'schen Sanimlung; Anktion Gscll; Jnserate.

Die Lorckurren) - Entwürfe ;mn Äertiner
Goethe-Denlunal.

i.

„Wer wagt cs, Rittersmann oderKnapP, zu tauchen
in dicsen Schlund?" sollte über der Eingangsthür zu der
Ausstellung der Goethedenkmalsentwürfe in der Rotunde
des alten Museums angeschrieben stehen. Leider durfte
nicht einmal die verlockende Verheißung dazugesetzt wer-
den, daß ein goldenes Kleinod auf dem tiefsten Grunde
den glücklichen Finder lohne, (denn von den antiken Sta-
tuen, die betrübt und kopfschüttelnd in der Runde stehen,
kann doch hier in diesem Sinne nicht geredet werden).

Es ist ein trauriges Schauspiel, das sich in dieser
stolzen Arena abspielt, ein Wettrennen nicht mit Hinder-
nissen, sondern mit Kleppern um einen Königspreis.
Einen trostlosen und niederschlagenden Eindruck macht
dieses furchtbare Fiasko unserer Bildhauerei, und das
um so mehr, als die Wünsche und Erwartungeu berech-
tigter Weise hochgespannt waren.

Wir wollen bei allen Versuchen zur Lösung monu-
mentaler und nationaler Aufgaben das Wirken und Wehen
des nationalen Geistes in unserer großen Zeit sehen.

Wir hoffen hier, mit dem ersten Schritte wenigstens
uns endlich einmal der Abtragung ciner Ehrenschuld
zu nähcr», die genau geuoimnen zehn Jahre älter ist als
die des Schillerdenkmals, aber weuigstens doch eben so
lange wie diese anerkannt worden ist.

Wir wünscheu dringeud, an dem älteren der Dios-

klircn unserer Nationalliteratur das Unrecht zum Theil
gesühnt zu sinden, das wir an dcm andereu durch ein
mißlungenes Denkinal verübt haben.

Wir glauben, denselben Ernst und dieselbe Kraft der
Gesiiliiuug und des Vermögens, welche uns bei den Bau-
meistern in ihreu Neichstagsentwürfen entgegcntritt und
uns Anerkeunung, zum Theil Hnldigungen abuölhigt,
auch bei uusern Bildhauern verlangen und voraussctzeu
zu dürfe».

Haben wir mit alledem nicht recht? Uud was tritt
unS hier entgegen? Eine so traurige Unfähigkeitund Ober
flächlichkeit, Kleinlichkeit und Armseligkeit, daß einem
Menschen, dessen Wesen nicht schon ganz in schlechteu
Witzen aufgegaugen ist, der noch etwas erustcn Fond in
seineiu Gemüthe hat, selbst der Humor vergeht. Die
Konkurrenzentwürfe als Ganzes betrachtet sind zu elend,
um darüber zu lacheu. Nichts — auch gar nichts Ganzes,
Fertiges, Schlagendcs taucht aus der wässerigen, abcr
nicht glänzenden Fluth empor; nur Vereinzeltes crriugt
sich Beifall (sehr wenigcs lebhaften), und auch das ist fast
durchaus klein, nicht nur der Form, sondern auch dem
Sinne nach, und kann eben höchstens den Kleinkünsten
zur Vcrwerthung empfohlen werden.

Nehmen wir nun mit dicsem Triebsand die Gold-
wäsche vor; lohnend, wie gesagt, kann sie nicht ausfallen,
aber sie ergiebt doch wohl so viel, daß man die Mühe
nicht scheuen darf. Leider wird zunächst auch von einigcn
Allgemeinheiten nicht Umgang genomnien werden können.

Jn Bezug auf die Bedingungen war die Konkurreuz
so einfach wie möglich: die dcutschen Bildhauer werden
um Modelle zu einem Goethcstandbilde am Saum des
Thiergartens ersncht; dic ganz beliebig zu bchandelnde
Bildnißstatue sollte 15—18 rheinl. Zoll Proportion
haben. Für die Ansführung (die Hauptfigur soll Mar
mor sein) werden ca. 30,000 Thlr. als disponibel be
zeichnet. Drei Preise ü 40 Friedrichsdor warcn zu cr-
 
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