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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Schneider, Friedrich: Eine Publikation der Reichsdruckerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0178
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Eine Publikation der Reichsdruckerei.

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sich diese Bestrebungen mehr im Kreise der Liebhaberei,
als dciß sie auf die den breiten Massen des Volkes
diencndcn Drnckerzcugnisse einen bestiminenden Einfluß
hätten gewinnen können oder wollen. Wenn jüngst
vvn namhaster Seite tadelnde und abweisende Äuße-
rungen gegen die Altertümetei ans dem Gebiete des
Druckes gefallen sind, so wärcn dicselben berechtigt,
ivenn man den sraglichen Liebhabereien allgemeincii
Eingang zu verschaffen trachtcte; sie sind aber unzu-
tresfcnd, sofern sie dic Geschmacksrichtung im engen
Kreise aburteilen und dabei übersehen, daß in der be-
schränkten stiichtung geradezn Meisterliches geleistet wor-
den, das in seiner cchten und geschmackvollen Behand-
lung immerhin weiteren Kreisen als Vorbild zu dienen
sehr wohl geeignet war und manchen Fachinann that-
sächlich auf bessere Bahnen geleitet hat. Wir stimmen
insofern mit der Bemerkung in dem Borworte unscres
Werkes vollkommen überein, wenn es da heißt: „So
wcnig eine bloß äußcrliche Nachahmung des Alten an
sich einen wirklich künstlerischen Fortschritt bedeutet,
so wenig wird andererseits das typographische Gewerbe
jener Qnellen entralen können, aus denen frische An-
regung so vielfach zu schöpfen ist, der Bekanntschaft
init den Meisterleistungen der alten Buchdrucker."

Damit ist die Frage aus die richtige Bahn ge-
setzt: auch auf dem Gebiete der Druckkunst ist eine
Besserung nur durch Anschluß an mustergllltige Vor-
bilder zu erzielen. Die Besserung selbst hat aber nicht
nur nach der geschmacklichen, mehr künstlerischen Seite
zu erfolgen, sondern vielleicht noch weit mehr in der
Nichtung dcr eigentlichen Schristbildung, wir möchten
sagen uach dcr elementaren Seite. Die Frage liegt
bei unserer doppelwährigen Druckschrist in Deutschland,
der lateinischen und der gangbaren deutschen, besonders
schwierig. Während im Gebiete der ausschließlich
lateinischen Schristgattung, namentlich in England und
auch in Frankreich, die Umkehr zu gut gebildeten und
geschmackvollen Druckschriften sich verhältnismäßig früh
und leicht vollzogen hat, bietet unsere deutsche, im
Laufe der Zeit vielgestaltig gebildele und mißbildelc
Schrift erhebliche Schwierigkeiten. Zu einer Besonder-
heit im deutschen Volksleben geworden, hat sie unter
allen llmständeu das Necht des Bestehens, nnd eben so
gewiß sind die Mittel gegeben, sie in bessere Bahnen
zn leiten. Einen vielverheißenden Anlauf in dieser
Richtung erblicken wir in dem vorliegenden, von be-
rufenster Stelle ausgehenden Werk. An der Hand
mustergültiger Leistungeu kaun es gelingen, gewisse
Grundauschauungen in Fachkreisen zur Geltung zu
bringen. Das Widerstreben gegen eine verständige
Um- und Einkehr wird gerade dadurch am ehesten be-
seitigt, daß diese neueste Beröffentlickning nickit aus-
schließlich eiue einzige Richtnng Pflegt; bietet sie doch

zwei verscbiedene Ansgaben des Tcrteö i» altdentscher
Frakturschrist (Schwabacher) und eiue andere in latci-
nischer Schrist (Antiqua). Jn dcr Wahl der mitzu-
teilenden Probcn ist es zunächst auf Textsatz in ganze»
Seiteu abgesehen;. vvn solchen Schriften, welche ihrer
Schönheit nnd Bollkvmmenheit wegen für Wieder-
vcrwendung voruehmlich geeignet oder historisch be-
sonders wichtig sind, iverden dic Alphabcte vollständig
zusaiumcngestellt. Daran svllen sicki schließen Beispiele
bon Titelblätlcrn, Kapitelanfängeii, ferner auch in
Holztafcln gesckmittcue Sckirifteu; letzteres dürfte jedvch
mit Rücksicht auf die ganz verschiedenen Bedingniste
des Blockdruckes und des Typendruckes mit größter
Beschränkung und sorglicher Wahl zu geschchen haben.
Die Wiedergabe rein ornamentaler BuchauSstattung,
>vie Jnitialen, Zicrleistcn, Randcinsastungcn, licgt nicht
im Plaue; indes begegnen wir gleich auf Blatt 6 dvch
einem reichverzierten Anfangsbuchstaben ans einem
Pariser Druck von 1488, neben welchen, die drei Worte
Schrift nicht wohl für die Aufnahme enlscheidend sein
kvnnten.

Sehen wir llbrigens näher zu, was das erste Hest
an Druckproben bietet, so verdienen vor allem die
altdeutschen Schristgattnngen Erwähnung, woniit die
Reichsdruckerei selbst auf dem Titelumschlag und iu
der Einleitung hervortritt. Hier ist der beste Beweis
erbracht, von welcher Wichtigkeit es ist, auf diesem
Gebiete Anschluß an alte Meisterleistungen zu erstreben.
Es sehlt ja nicht an verivandten Versuchen, und Pro-
ben in Hülle und Fülle lieseru den Beweis, daß dic
Schriftgießereien ersteu Nanges ihre Bemühungcn in
ähnlicher Richtung eingesetzt haben. Was die Reichs-
druckerei aber in dem Blatte altdeutscher Textschrift
bietet, darf unbedenklich an die Spitze atler neuereu
Versuche der Art gesetzt werden. Namentlich sind die
„Gemeinen" ganz vorzüglich behandelt; iu den Au-
fangsbuchstaben, den „Versalien", begegnen wir hier
und da fremdartigen Zuthaten, wie dcnu auch eiue
einheitliche Behandlnng der Grundformen mehrfach zu
vermissen ist. An klarer Bildung, an glücklichem Ver-
hältnis und Schönheit der Zeichnung schließt dicse
Schristprobe sich den allerbesten Mustern iinmerhin an.
Eutschieden nnbefriedigend ist die für das Jnhalts-
verzeichnis und die Unterdrucke benützte Schwabacher,
ivo es zunächst am richtigcn Verhältnis zwischen der
Stärke der Haar- und Grundstriche fehlt. Von den
Wiedergaben verdient jene in Kanzleischrift ans dem
Gebetbuch Maximilians und die gotische Missalschrift
des Pariser Druckcrs Hopyl unbedingtes Lob. Da-
gegen zcigt es sich bei den auf den Taf. 5 aus letz-
terem ausgezogenen Alphabcten, wie mißlich es ist,
wenn dieselben aus der Hand umgezeichnet und nicht
mechanisch wiedergegeben werdcn. Die eigcntümlich^
 
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