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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Stiassny, Robert: Handzeichnungen von Hans Baldung Grien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0254
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Handzeichnungen von Hans Baldung Grien.

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zeichnung i), dem Eisenmann a. a. O- Ausdruck lieh. Auch
bei dem anderen Blatte, den drei Frauenköpfen der Alber-
tina (Photographie von JLgermayer) scheint mir trotz
Eisenmanns gewichtiger Beistimmung Thausings An-
nahme noch einigermaßen anfechtbar. Desgleichen Lürfte
Wvltmann, der Jahrb. s. Kunstw. IV, 354 ff., elf der
im Kopenhagener Kupferstichkabinett dem jüngeren Hol-
bein zugeschriebenen Studien für den Straßbnrger
Meister reklamirte, auf eine falsche Fährte geraten sein
— foweit die Photographien (Huarnnts leniUss ä'un
livrs ä'ssgnmses äs äean Iloldsin le äsnns, 6open-
dngns, 1861) ein Urteil gestatten. Eine den Gegen-
stand betreffende Arbeit liegt meines Wissens nur noch
in dem fleißigen Aufsatze A. Grensers: „H. Baldung,
gen. Grien und seine heraldische Thätigkeit" (Jahrbnch
des heraldisch-genealogischen Vereins „Adler" in Wien,
VII, 1 fs.) vor, der die herzlich trockenen Wappen-
zeichnungen der Albertina behandelt. Es darf somit
als willkommene Nachricht gelten, daß binnen kurzem
die Veröffentlichung des reichhaltigsten, an einem Orte
vereinigten Schatzes Baldungscher Handzeichnungen zu
gewärtigen ist: des Karlsrnher Skizzenbuches durch
Pros. Or. Marc Rosenberg. Und aus diesem Anlasse
niag vielleicht auch der nachfolgende Hinweis auf einige
noch unbesprochene Blätter des „Grünhans" nicht un-
erwünscht kommen.

Den hervorragendsten Ruhmestitel Baldungs bildet
bekanntlich der Hochaltar im Chor des MUnsters zu
Freiburg i. Br., inschristlich 1516 vollendet, aller Wahr-
scheinlichkeit nach aber bereits 1511 begonnen. Jeden-
falls hat sich die Arbeit an dem elf große Gemälde
umsassenden Wandelaltar durch eine Reihe von Jahren
hingezogen, und erscheint daher der Umstand hvchst auf-
fällig, daß aus dem stattlichen Corpus Baldungscher
Zeichnungen noch kein Entwurf sür diesen monumentalen
Bildercyklus hervorgetreten. Freilich muß zur wenig er-
baulichen Entschnldigung betvnt werden, daß eine Auf-
nahme dieses bedeutendenDenkmals altdeutscher Malerei
noch inimer aussteht. — Nur dem freundlichen Reiseschick-
sal also, das mich im Sommer 1885 von Freiburg direkt
nach Basel führte, dankte ich den Fund einer, so viel
ich sehe, unzweifelhaften Vorstudie zu einer Hauptstgur
des Altarwerks anf der öffentlichen Kunstsammlung
der letzteren Stadt. Das bisher anonyme, in Bd. II,
I, auf S. 34 aufgeklebte Blatt (hoch 30,7 om, breit
22 om) zeigt den Gottvater aus der Krönung Mariä,
dem Hauptblatte des Freiburger Altars, im gleichen
Sinne und einer sich bis ins Detail erstreckenden Über-
einstimmung mil der Gestalt der Tafel — einer Über-
einstimmung, die Herr Konservator E. La Roche in
Basel an der Hand der von mir nach einer Zeichnung

I) Albertina, Stuttgart; Lithographie, herausgegeben
von Ludw. Förster.

des Bildes gegebenen einläßlichen Beschreibung neuer-
lich zu bestätigen das Entgegenkvmmen hatte. Gott
sitzt von rechts nach links (im heraldischen Sinne) ge-
wandt, über dem talarartigen Untergewand mit einem
weiten Mantel angethan, der besonders über dem vor-
gestreckten linken Knie reiche Falten wirst. Auf dem,
von langem Bollbarle umrahmten und in den Kinn-
partien stark ausladenden, im Dreiviertelprofil .ge-
gebenen Haupt trägt er eine niedere Krone, deren
breites Ringband mit Edelsteinen besetzt und von
krabbenartigen Verzierungen bekrönt ist. Ein drci-
eckiges Ohrläppchen, dessen Saum ebenfalls Juwelen
schmücken, fälll unter der Krone aus die linke Schläfe
herab. Jn der linken Hand hält er ein langes mchr-
fach gegliedertes Zepter, dessen Auslauf kreuzblumen-
artiges Ornament aufweist. Den rechten Arm hat er
vorgestreckt, um Maria die Krone aufzusetzcn. — Die
aus dem Faesch'schen Museum stammende Zeichnung
ist auf etwas gelblichem Papier — dessen Wasserzeichen,
weil das Blatt anfgeklebt, nicht erkennbar — in Kreide
ausgeführt und mit dem Wischer vertrieben: eine Tech-
nik, die der Künstler z. B. auf vier ihm unbestrittener
Weise zuerkannten Studienköpfen, gleichfalls in Basel,

wieder verwendete.

Die Signatur:


spricht

auch ihrerseits insofern für Baldung, als die „Kreuz-
abnahme", Federzeichnung derselben Sammlung (Bd.
O, 8, S. 8.) eine nahe verwandte Bezeichnung:

trägt, die Urheberschaft Baldungs

aber bei diesem Blatte eindringlicher als durch jedes
Mvnvgramm durch die Jdentität der Typcn mit denen
der korrespondirenden Persvnen anf dem in der Ga-
lerie besindlichen Gemälde des Mcisters: Christus am
Kreuz, zwischen den Schächern von 1512 (Katalvg
1884, Nr. 77) bezeugt wird. Erwähnenswert ist
wohl noch, daß gerade 1513 Baldung in den Frei-
burger Münsterrechnungen zum erstenmal vorkommt.

Die Sammlung der Universitätsbibliothek zu Er-
langen besitzt nun (Portef. I, F. 4) eine - inono-

grammirte Zeichnnng Baldungs, die eine Marginal-
notiz, vielleicht noch von Woltmanns Hand, für eine
Studie zu einem der Schächer auf dem erwähnten
Krenzignngsbilde erklärt. Leider liegt auch von diesem
Gemälde — das der Darstellung des gleichen Gegenstnnds
und aus demselben Jahre im Berliner Museuni künst-
lerisch weit überlegen ist — noch keine Reprvduktion
vor, und so kann ich nur nnch einem aus der Er-
innerung geschöpften Vergleiche jener Bemerkung bei-
pslichlen. Die znverlässig echte, auf rötlich grundirtem
Papier in kräftigen Federstrichen entworfene Zeichnung
 
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