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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0188
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Korrespondenz.

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Mels, nn dem die Mondsichel sichtbar wird, ist fein
abgetönt. — Ein echtes Stimmungsbild und sehr
hübsch durchgearbeitet ist Panl Thicms „Winter-
nwrgen bei Tauwetter". Grau in gran liegt der
steine Marktplatz da, nlles trieft, nlles träufelt, als
wolle es dem Brunnen Konknrrenz machen; der La-
ternenmann löscht die letzte Laterne, und unter dcn
Schirm geduckt huscht ein früher Passaut eilig daher,
die Berkörperung der Unbehaglichkeit. — Feine Natnr-
üeobachtung zeichnet das Stimmungsbild von Böla
bon Spanyi: „Abschied dcr Störche" aus. Das
herbstlich angehauchte Ried niit seinen Wasserlachen,
dcr aufsteigende Abendnebel, ein letzter Sonnenblick
drüben am Waldsaume, die Versammlung der regungs-
ios meist anf einem Bein verharrenden Störche —
das ist ebenso wahr wie virtuos vorgetragen. Die
Malweise ist flott, aber auch im einzelnen sorgfältig,
die Farbe flüssig. Sehr fein sind die Lufttöne. —
I. von Earstens „Aus alter Zeit", Kirchenruine
wit Grabstein, den ein alter gelehrter Herr studirt,
ist poetisch empfnnden und sehr fein durchgearbeitet.
Goldenes Sonnenlicht fällt durch frisches Grün hinab
'ii das vermorschte Gemäuer. „Junges Leben blüht
i>us den Ruinen". — Ein Gemälde von F. von Ende,
das nur den Fehler hat, zu groß zu sein, ist ein
Roman ohne Worte, genannt „Hcrbst". Unter einer
entblättcrten Birke sitzt eine jnnge nnd schöne schivarz
gekleidete Dame. Trauer im Herzen und im Auge,
lchant sie in den herbstlich gestimmtcn Park. Ein
kleines Mädel spielt neben ihr im Grase. — R. Hirth
Frönes zeigt uus in seiner äußerst fein durch-
gearbeitetcn „Uets ollanipötro" ein Stückchen Kultur-
geschichte. Jm Parke eines Edelsitzes vergnügt sich
kine Gesellschaft von Herren und Damen im Kostüm
i>es Empire; vielleicht Porträts. — Unter den Still-
ieben gefällt namentlich eines von A. Kunz, das
Prnnkgefäße und Früchte darstellt, durch virtuosen
^ortrag, und ein „Jagdstilllebcn" von R. Wimmer
durch geschickte Anlehnung an altholländische Art
(Jan Wecnix).

Nächst der vorgenannten ist die Kunstausstel-
iung von Wimmer k Co. in der Briennerstraße
iüe größte und besteingerichtete von München. Jn
ihren sieben eleganten und wohldurchwärmten Ober-
üchtsälen bietet sie eine ganze Galerie neuerer Kunst-
werke. Die Verhältnisse des Kunstmarktes bringen es
wit sich, daß man hier Bildern begegnct, welche nian
wegen ihres anerkannten Wertes längst verkauft geglaubt
hütte. Neben solchen fehlt es aber nicht an anderen,
^ie durch bizarre Jnscenirung einer an sich recht
hübscheu Jdee abstoßen. Uxsmpla sunt oäiosa. Zu-
weilen ist die Leinwand für dcn Vorwnrf zn groß
gewählt. Dies dürfte bei dcm im übrigen vortreff-

liche» Genrebild von G. Jacvbides „Ans der Kinder-
stube" der Fall sein (Bildgröße 1 zu 2 in). Kiuder
^ streiten um einen Apfel, Großmutter mahnt zum
I Frieden. Die Vorzüge des Bildes, das in rnhigen
Farben sehr sorgfciltig gemalt ist, beruhen in unge-
wöhnlicher Plastik und seinem Realismus der hübscheu
^ Kindertypen. — Hugo Kaufmann hat zwei kleine,
wie immer sehr fein gehaltene Genrebildchen ausge-
stellt, W. Velten einen Pferdemarkt am Winter-
morgen vor einer mittelaltcrlichcn Stadt, ein figuren-
reichcs vortreffliches kleines Bild. — G. Max schildert
„Witwenleid" (oder wie man das Bild nennen will
es ist ein Mangel, daß die ausgestellten Bilder nicht
sämtlich die vom Maler gewählte Bezeichnung tragen),
eine alltägliche, abcr ergreifende Scene; der Gatte ist
gestorben, Hab und Gut wird versteigert; im Hinter-
grunde sehen wir die Auktion, vorn die junge Witwe
bleich und schmerzvoll vor der eben ausgebotenen
Bettstatt, das kleine Töchterchen an der Hand. Ein
gcdankentiefes Bild. — Von L. Adam Kunz sehen
wir hier drei seiner schönen farbenprächtigen Still-
leben; besonders wirkungsvoll ist eins (von 1885),
das edle Gefäße und Früchte auf purpurner Decke
darstellt. — Anch Ed. Grützner kann seine Mönche
nicht mehr alle unterbringen. Es überrascht, hier
noch das vielbewunderte, durch psychologisch feine Züge
ausgezeichnete Bild „Der Barbier im Kloster" anzu-
treffeu (den zum Rasiren versammelten Mönchen er
zählt der Barbier lustige Schwänke). Ein neueres
Bild stellt zechende Mönche im Klosterkeller dar.
Grützners Mönche sind immer kreuzfidel. Sein „Kon-
kurrent" in dieser Spezialität, der ebenfalls mehreres
hier ausgestellt hat, Richard Linderum, faßt das
Mönchsleben weniger rosig auf. Seine scharf gezeich-
neten Typen dürften mehr der Wirklichkeit angehören.
'— Ein großes Bild von I. Rouband „Abendgebet
in der Wüste" (Araber auf dcm Gebetteppich neben
seinem Kamel) ist fein gemalt, koloristisch wirksam
und stimmungsvoll. — Ernst Meißner wetteifert
mit Hofner und Brendel. Zwei Bilder „Schaf-
herde im Schneesturm" sind sehr naturwahr. Das
größere derselben dürfte technische Vorzüge besitzen- —
Tüchtige Leistungen sind „Aufbruch zur Jagd" und
„Tartarenlager" von Josef Brandt, „Vierspännige
Kutsche mit Feuerreiter im Schnee" von Zygm. Ajdu-
kiewicz, „Jm Zigeunerlager" von A. Kozakiewicz
und „Schlittenviergespann" (wilde Fahrt bei eigentüm-
lich lila Beleuchtnng) Vvn Bohdan Kleczynski. Die
slavischen Maler sind lebhaft in der Darstellung nnd
wirkungsvoll in der Farbe. — Jul. Rose wetteifert
in einem „Norwegischen Fjord" erfolgreich mit Nor-
mann, hat aber eine selbständige Vortragsweise, deren
malerische Wirknng durch leuchtendes Kolorit unter-
 
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