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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0260
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507

Vom Ulmer Münster. — Korrespondenz.

508

Gefolge der Kardinal Granvella, Herzog Alba und der
Herzog von Württemberg, Lanzknechte und spanische
Soldateska, ferner ein langer Zug Patrizier und
Bürger, Zünfte u. s. w. Es folgte ein Hochzeitszug,
eine Jagdgruppe, schliesslich der Zug der Fischer. Das
17. Jahrhundert war dargestellt durch eine Wallen-
steingruppe mit allerlei interessantem Anhängsel,
flüchtendem Volk u. dergl. Das 18. Jahrhundert
wurde durch Gruppen aus der Einnahme Ulms im
Jahre 1702 eingeleitet, es folgte der Aufzug des
Magistrats und der Bürgerschaft am Schwörmontag,
das ehemalige Stadtmilitär und Bauerndeputationen
der umliegenden altulmischen Orte.

Das 19. Jahrhundert brachte Soldaten der Frei-
heitskriege bis zu den modernsten bayerischen Che-
vaulegers mit Lanzen und weissen Helmbüschen.
Diese aus allen Waffengattungen zusammengesetzten
Truppen eskortirten gleichsam den Wagen der Ger-
mania, das schlichte Symbol der Errungenschaften
unserer Tage.

Das war der Glanzpunkt des Festes; an ihn
schloss sich noch das schöne Festspiel, ausgeführt
von Mitwirkenden des Festzuges, die Dichtung von
K. Oesterlen in Stuttgart, Oratorium, Beleuchtung
des Münsters und Fischerstechen, welches leider
wegen schlechtem Wetter auf den folgenden Sonn-
tag verschoben werden musste.

Aber noch ist das Münster nicht vollendet, das
Gerüste wird noch mehrere Jahre stehen, und wir
werden voraussichtlich noch einmal das Vergnügen
haben, ein eigentliches Vollendungsfest feiern zu
dürfen.

Aus der zahlreich erschienenen Festlitteratur sei
noch erwähnt eine ausführliche Münsterbeschreibung
von Stadtpfarrer Dr. Pfleiderer, ein hübsches Tableau
in Farbendruck aus der lithographischen Anstalt von
Eckstein in Stuttgart und eine grosse Radirung des

Münsters von Hentschel.

M. B.

KORRESPONDENZ.

Köln, den 15. Juni 1890.

R— Seit dem 13. d. M. sind hier im Wallraf-
Riehartz-Museuin die Entwürfe zu dem Denkmal
ausgestellt, welches die Stadt Köln dem Kaiser Wil-
helm errichten will. Die Konkurrenzbedingungen
sind aus dem Ausschreiben in der „Chronik" be-
kannt ; hier sei nur nochmals betont, dass den Künst-
lern eine doppelte Lösung freigegeben war: einfaches
Denkmal oder ein solches in Verbindung mit einem
Brunnen. Auch bezüglich der Lage des Denkmals

am Kaiser-Wilhelm-Ring war mehr Freiheit gewährt,
als sonst der Fall ist. Die Befürchtung, dass bei der
Konkurrenz grosse Brunnen herauskommen würden,
auf welchen oben ein Reiter steht, ist glücklicher-
weise nicht zur Wahrheit geworden: alle Entwürfe
— es sind deren dreizehn —■ haben die Brunnen-
anlage entweder nebensächlich behandelt oder die
figürliche Ausstattung derart mit dem Brunnenmotiv
verbunden, dass das Ganze den Charakter einer
grossen monumentalen Anlage erhalten hat.

Über den ersten Preis konnte eine Meinungs-
verschiedenheit kaum obwalten: der Entwurf von
R Anders in Berlin überragt alle anderen um Hauptes-
länge. Der Kaiser mit Helm und malerisch dra-
pirtem Mantel, den Kommandostab in der Rechten,
hält das Pferd an und blickt seitwärts in die Ferne.
Die Figur ist vortrefflich gelungen, die Gefahren,
welche diesen Reiterbildern drohen, sind glücklich ver-
mieden. Der schön aufgebaute Sockel hat durchaus
den Charakter eines Postaments; die Brunnenanlage
ist wesentlich auf die Langseiten verwiesen. Der Auf-
bau ist klar und vornehm, bei der Ausführung Avür-
den vielleicht die allzuschrägen Konturen etwas zu
mildern sein. Reicher plastischer Schmuck ziert
Vorder- und Rückseite: hinten die Colonia, ein
Füllhorn und das Dommodell haltend, vorn der Vater
Rhein mit Urne; Delphine in geschickter Weise
mit den Figuren verbunden, werfen Wasserstrahlen
in die Seitenbecken am Sockel. An den Lang-
seiten bilden mächtige — in der Ausführung wohl
zu verkleinernde — Löwenköpfe die Wasserspeier,
über denen einerseits schwebende Putten die Kaiser-
krone tragen, auf der anderen Seite der preussische
Adler seine Schwingen ausbreitet. Der Aufbau und
Umriss des Denkmals wird an der einzigen Stelle,
auf der es errichtet werden kann, in der Mitte der
Gartenanlagen des Kaiser-Wilhelm-Ringes — der
Künstler hat einen ganz unmöglichen Platz am Süd-
ende desselben in Aussicht genommen — sehr glück-
lich wirken; mit den beiden Stirnseiten auf breite
Promenadenwege und Fahrstrassen gerichtet, wird
es für den näher Kommenden stets von den Breit-
seiten sichtbar sein, deren Massenwirkung sehr gün-
stig ist. Falls der Entwurf zur Ausführung kommt,
darf Köln ein würdiges Monument des grossen Kaisers
sein eigen nennen.

Konnte über die Verleihung des ersten Preises
kein ernster Zweifel obwalten, so hat das Urteil der
Preisrichter betreffend der weiteren Preise doch
einiges Kopfschütteln hervorgerufen. Das Projekt
von W: Albermann in Köln, mit dem zweiten Preis
 
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