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Korrespondenz. — Kunstlittcratur und Kunsthandel.
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gekrönt, ist ohne Frage eine tüchtige Arbeit, aber
wird von anderen Entwürfen übertroffen. Das
Brunnenmotiv ist hier stark in den Vordergrund ge-
rückt: ein grosser streng durchgeführter, aber lang-
weiliger architektonischer Aufbau mit reichem pla-
stischen Schmuck am Sockel, freien allegorischen
Figuren auf den Ecken eines grossen Bassins, dem
sich wieder kleinere vorlegen. Das Ganze gross ge-
dacht, aber in der Durchführung, namentlich der
Architektur, mit recht erheblichen Mängeln behaftet.'
Weit überragt wird das Projekt von einem an-
deren (Motto: Imperator), dessen Verfasser nur im
Fall des ersten Preises genannt sein will: irre ich
nicht, so ist er in der Kunststadt an der Dussel
sesshaft. Die malerisch behandelte, etwas zu leb-
hafte Reitergestalt des Kaisers ruht auf hohem, an
den Ecken mit allegorischen Figuren geziertem Sockel.
Dieser steht auf einer Plattform, die an der vorderen
Stirnseite mittelst einer Treppe zugänglich ist. An
die drei anderen Seiten legen sich Brunnenbecken
mit mächtigen Felspartien, auf denen hinten der
Vater Rhein mit allerlei Wassergottheiten thront,
während an den Langseiten Wassernixen in lebhafter
jubelnder Bewegung dem Kaiser die Reichsinsignien
darbieten. Das Ganze ist grossartig gedacht, genial
komponirt und meisterhaft durchgeführt; die alle-
gorischen Figuren am Sockel von vornehmer Ruhe,
die Gruppen der Wasserdämonen von köstlicher Be-
wegung und herrlicher Gruppirung. Das Werk at-
met den Geist der grossen Brunnenanlagen der Re-
naissanceperiode, ohne dem Charakter der modernen
Zeit Gewalt anzuthun. Auch ist trotz des Hervor-
tretens der Brunnenanlage der Charakter eines Denk-
mals nicht verwischt oder zurückgedrängt: die ge-
sonderte Aufstellung des eigentlichen Denkmals auf
einer zugänglichen Plattform war ein überaus glück-
licher Gedanke. Gegen die Erteilung des ersten
Preises dürfte meines Erachtens neben den hier ver-
pönten Nixen, lediglich die Preisfrage gesprochen
haben: denn trotz der gegenteiligen Berechnung des
Künstlers, dürfte ein solches Monument nicht für
300 000 Mark herzustellen sein.
Ganz unverständlich ist ferner Stehenden die
Erteilung eines weiteren, dritten Preises an Clemens
Buscher in Düsseldorf; die Figur des als „Friedens-
fürst" charakterisirten Kaisers ist nicht übel; doch
hat der Künstler in der Wahl der Sockelfiguren völlig
fehlgegriffen, indem er der Colonia, dem Rhein und
dem Frieden — einer übrigens sehr schönen Figur
— Kaiser Karl den Grossen zugesellt hat, einen
alten steifen Herrn, noch dazu an der Rückseite des
Denkmals, der über die Zwecklosigkeit seines Hier-
seins tiefe Betrachtungen anzustellen scheint.
Der Entwurf von Bildhauer Kühn und Archi-
tekt Drollinger in München zeigt den Kaiser zu
Pferd; an einem steifen, langweiligen Sockel mit
Säulen, der an längstvergangene Zeit gemahnt, grosse
Reliefs in malerischer Auffassung (Kaiserproklama-
tion und Domeinweihung) und allegorische Figuren
an den Stirnseiten. Warum dieser Entwurf prämiirt
ist, wissen die Götter allein und die Preisrichter.
Dagegen sind unter den nicht prämiirten Werken
einige recht beachtenswerte Leistungen, die wenig-
stens hier zu erwähnen, doppelt Pflicht ist.
Zunächst ein Entwurf „In majorem imperatoris
gloriam", dessen Verfasser wir wohl unter den
Schülern von Meister Volz in Karlsruhe zu suchen
haben. Der Entwurf hält den vorgeschriebenen
Massstab nicht ein, daher ist er wohl übergangen.
Er zeichnet sich weniger aus durch die Gesamt-
komposition — der Sockel ist unbedeutend, auch
steht die Figur des Kaisers nicht ganz auf der Höhe
— als durch den vorzüglichen Sockelschmuck. So-
wohl die allegorischen Figuren der Stirnseiten als
die grossen, in Nischen stehenden Gruppen der Lang-
seiten sind von höchster Schönheit der Komposition
und edelstem Linienfluss, Arbeiten, die man wohl aus-
geführt sehen möchte.
Der Verfasser des Entwurfes „Für Kaiser und
Vaterland" hat, wie ich glaube, weitaus die beste
Figur des Kaisers geliefert. Der hohe Herr im ein-
fachen Militärmantel mit Helm ohne Busch stützt
den Feldstecher auf den rechten Schenkel; frei um
sich blickend sitzt er vorzüglich im Sattel. Das
Pferd kräftig, aber doch kein stilisirter Renaissance-
gaul, ist in lebhafter Gangbewegung; es erinnert etwas
an das des Colleoni, nur ist es massvoller gehalten.
Die ganze Figur atmet Leben und Bewegung: das ist
der alte Kaiser, wie er im Herzen des Volkes, in
der Erinnerung seines siegreichen Heeres fortleben
wird! Schade, dass der Sockel so wenig gelungen
ist. Diese Reiterstatue auf dem Postament von Anders
gäbe ein wirklich grossartiges Monument.
KUNSTLITTERATUR UND KUNSTHANDEL.
x. — Wanderungen durch das alte Nürnberg betitelt
sich ein durch Ausstattung und Inhalt gleich anziehendes
Büchlein aus der Feder von Dr. P. J. Rie, welches unlängst
im Verlage von J. H. Schräg in Nürnberg erschien. Der
kundige Verfasser giebt darin in einer angenehm plaudern-
den Weise eine anziehende Beschreibung der historischen
Schätze des altehrwürdigen Nürnbergs. Der wunderbare
Zauber der Stadt bewährt auch in den Schilderungen des
Buches seine Kraft und die zum Herzen sprechende höchst
Korrespondenz. — Kunstlittcratur und Kunsthandel.
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gekrönt, ist ohne Frage eine tüchtige Arbeit, aber
wird von anderen Entwürfen übertroffen. Das
Brunnenmotiv ist hier stark in den Vordergrund ge-
rückt: ein grosser streng durchgeführter, aber lang-
weiliger architektonischer Aufbau mit reichem pla-
stischen Schmuck am Sockel, freien allegorischen
Figuren auf den Ecken eines grossen Bassins, dem
sich wieder kleinere vorlegen. Das Ganze gross ge-
dacht, aber in der Durchführung, namentlich der
Architektur, mit recht erheblichen Mängeln behaftet.'
Weit überragt wird das Projekt von einem an-
deren (Motto: Imperator), dessen Verfasser nur im
Fall des ersten Preises genannt sein will: irre ich
nicht, so ist er in der Kunststadt an der Dussel
sesshaft. Die malerisch behandelte, etwas zu leb-
hafte Reitergestalt des Kaisers ruht auf hohem, an
den Ecken mit allegorischen Figuren geziertem Sockel.
Dieser steht auf einer Plattform, die an der vorderen
Stirnseite mittelst einer Treppe zugänglich ist. An
die drei anderen Seiten legen sich Brunnenbecken
mit mächtigen Felspartien, auf denen hinten der
Vater Rhein mit allerlei Wassergottheiten thront,
während an den Langseiten Wassernixen in lebhafter
jubelnder Bewegung dem Kaiser die Reichsinsignien
darbieten. Das Ganze ist grossartig gedacht, genial
komponirt und meisterhaft durchgeführt; die alle-
gorischen Figuren am Sockel von vornehmer Ruhe,
die Gruppen der Wasserdämonen von köstlicher Be-
wegung und herrlicher Gruppirung. Das Werk at-
met den Geist der grossen Brunnenanlagen der Re-
naissanceperiode, ohne dem Charakter der modernen
Zeit Gewalt anzuthun. Auch ist trotz des Hervor-
tretens der Brunnenanlage der Charakter eines Denk-
mals nicht verwischt oder zurückgedrängt: die ge-
sonderte Aufstellung des eigentlichen Denkmals auf
einer zugänglichen Plattform war ein überaus glück-
licher Gedanke. Gegen die Erteilung des ersten
Preises dürfte meines Erachtens neben den hier ver-
pönten Nixen, lediglich die Preisfrage gesprochen
haben: denn trotz der gegenteiligen Berechnung des
Künstlers, dürfte ein solches Monument nicht für
300 000 Mark herzustellen sein.
Ganz unverständlich ist ferner Stehenden die
Erteilung eines weiteren, dritten Preises an Clemens
Buscher in Düsseldorf; die Figur des als „Friedens-
fürst" charakterisirten Kaisers ist nicht übel; doch
hat der Künstler in der Wahl der Sockelfiguren völlig
fehlgegriffen, indem er der Colonia, dem Rhein und
dem Frieden — einer übrigens sehr schönen Figur
— Kaiser Karl den Grossen zugesellt hat, einen
alten steifen Herrn, noch dazu an der Rückseite des
Denkmals, der über die Zwecklosigkeit seines Hier-
seins tiefe Betrachtungen anzustellen scheint.
Der Entwurf von Bildhauer Kühn und Archi-
tekt Drollinger in München zeigt den Kaiser zu
Pferd; an einem steifen, langweiligen Sockel mit
Säulen, der an längstvergangene Zeit gemahnt, grosse
Reliefs in malerischer Auffassung (Kaiserproklama-
tion und Domeinweihung) und allegorische Figuren
an den Stirnseiten. Warum dieser Entwurf prämiirt
ist, wissen die Götter allein und die Preisrichter.
Dagegen sind unter den nicht prämiirten Werken
einige recht beachtenswerte Leistungen, die wenig-
stens hier zu erwähnen, doppelt Pflicht ist.
Zunächst ein Entwurf „In majorem imperatoris
gloriam", dessen Verfasser wir wohl unter den
Schülern von Meister Volz in Karlsruhe zu suchen
haben. Der Entwurf hält den vorgeschriebenen
Massstab nicht ein, daher ist er wohl übergangen.
Er zeichnet sich weniger aus durch die Gesamt-
komposition — der Sockel ist unbedeutend, auch
steht die Figur des Kaisers nicht ganz auf der Höhe
— als durch den vorzüglichen Sockelschmuck. So-
wohl die allegorischen Figuren der Stirnseiten als
die grossen, in Nischen stehenden Gruppen der Lang-
seiten sind von höchster Schönheit der Komposition
und edelstem Linienfluss, Arbeiten, die man wohl aus-
geführt sehen möchte.
Der Verfasser des Entwurfes „Für Kaiser und
Vaterland" hat, wie ich glaube, weitaus die beste
Figur des Kaisers geliefert. Der hohe Herr im ein-
fachen Militärmantel mit Helm ohne Busch stützt
den Feldstecher auf den rechten Schenkel; frei um
sich blickend sitzt er vorzüglich im Sattel. Das
Pferd kräftig, aber doch kein stilisirter Renaissance-
gaul, ist in lebhafter Gangbewegung; es erinnert etwas
an das des Colleoni, nur ist es massvoller gehalten.
Die ganze Figur atmet Leben und Bewegung: das ist
der alte Kaiser, wie er im Herzen des Volkes, in
der Erinnerung seines siegreichen Heeres fortleben
wird! Schade, dass der Sockel so wenig gelungen
ist. Diese Reiterstatue auf dem Postament von Anders
gäbe ein wirklich grossartiges Monument.
KUNSTLITTERATUR UND KUNSTHANDEL.
x. — Wanderungen durch das alte Nürnberg betitelt
sich ein durch Ausstattung und Inhalt gleich anziehendes
Büchlein aus der Feder von Dr. P. J. Rie, welches unlängst
im Verlage von J. H. Schräg in Nürnberg erschien. Der
kundige Verfasser giebt darin in einer angenehm plaudern-
den Weise eine anziehende Beschreibung der historischen
Schätze des altehrwürdigen Nürnbergs. Der wunderbare
Zauber der Stadt bewährt auch in den Schilderungen des
Buches seine Kraft und die zum Herzen sprechende höchst