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Kunstlitteratur. - Neue Kunstblätter und Bilderwerke. — Todesfälle. — Vermischte Nachrichten.
434
Selbst ein so guter Holländer wie Abraham Bredius
gesteht mit anerkennungswertem Freimut ein, dass
sich unter den Delfter Faiencemalern nur ein einziger
hervorragender Künstler, Frederik van Frytom, befand,
und wenn wir seine in unserer Ausstellung befind-
liehen Arbeiten, eine Folge von acht weissrandigen
Tellern mit Landschaften (Bes. Herr F. Lippman)
und zwei viereckige Platten mit Landschaften (im
kaiserlichen Besitze) unbefangen prüfen, wird man
an ihnen wenig mehr als die feine, zeichnerische Be-
handlung rühmen können, während in den Einzel-
heiten viel Konventionelles und Manierirtes zu finden
ist. Immerhin dürfen er und der um 1700 thätige
Umbrecht Brower, von dem die Ausstellung zwölf
ebenfalls blau bemalte Teller mit Darstellungen des
Fanges, der Bereitung und Versendung des Herings
vorführt, sowie noch Th. Witzenburgh (Schüssel mit
den vier Jahreszeiten) das Verdienst in Anspruch
nehmen, dass sie in ihren Motiven und auch im
Zierat national waren, während die Mehrzahl der
Delfter Faiencemaler ihren Ruhm in der Nach-
ahmung ostasiatischer, gelegentlich wohl auch persi-
scher Vorbilder suchte, die ihnen zum Teil allerdings
vorzüglich gelungen ist. Neue Formen haben die
Delfter Töpfer nur in Spielereien, Geigen, Pantoffeln,
Vexirkrügen u. dgl. m. gefunden, die von der mo-
dernen Kritik viel weniger respektirt werden als von
den Sammlern. Ein wahres Labsal in der Masse von
Blaugeschirr bietet das bunte Delft, wovon die
Ausstellung einige vorzügliche Stücke aufzuweisen
hat, von denen wir zwei flaschenförmige Vasen von
A. Pynaeker, eine achteckige gerippte Vase mit Orna-
menten von Louwys Figdoor, eine Vase und zwei
Fluten mit Blumenornamenten und der Marke „De
Roos" und die drei Prachtstücke der Gumprechtschen
Sammlung: einen kleinen auf einer Tonne sitzen-
den Dudelsackspieler im Geschmack der italienischen
Majoliken, einen gerippten, im sog. Kaschemirstil mit
kleinen Blumen bemalten Becher mit Ausguss und
Henkel und die Figur einer aus einem Notenblatte
singenden Dame im Schleppkleid, mit bunten Blumen
und Vergoldung, hervorheben.
Gleich ihren Vorgängerinnen aus den letzten
zwei Jahrzehnten hat auch diese Ausstellung von
Kunstwerken aus dem Privatbesitz dem ästhetischen
Genuss wie dem Studium der Kunstgeschichte einen
reichen Stoff zugeführt.
ADOLF ROSENBERG.
KUNSTLITTERATUR.
* Von dem Berliner Oakriewerh mit Text von J. Meyer
und W, Bode, ist kürzlich die fünfte Lieferung erschienen,
welche in ihren Tafeln ausschliesslich Werke niederländi-
scher Meister enthält. Die Wiedergabe derselben ist von
sehr ungleichem Wert. William Um/er glänzt mit einer
schönen, zart und geistreich behandelten Radirung nach der
„Diana auf der Hirschjagd'' von Rubens. P. Halm eröffnet
das Heft mit einem Blatt nach der „Jungen Frau am Fen-
ster" von Rembrandt, das so ziemlich das gerade Gegenteil
von dem ist, was ein Rembrandt-Radirer anstreben soll,
schwer in der Behandlung, russig im Ton, undurchsichtig in
den Schatten. Die übrigen deutschen Radirer bieten An-
nehmbares. Den Schlusseffekt macht Gaillard mit seinem
berühmten Blatt nach J. van Eycks „Mann mit den Nelken".
Es war ein heroischer, aber nur zu sehr gerechtfertigter
Entschluss der Herausgeber, einfach die alte herrliche Platte
des verstorbenen französischen Meisters wieder abzudrucken,
statt einen lebenden deutschen Stecher etwa in die Ver-
suchung zu führen, mit Gaillard wetteifern zu wollen. Die
beigegebenen Texte behandeln die vlämische Schule des 17.
und die florentinische des 15. Jahrhunderts in getrennt neben-
einander herlaufenden Abschnitten, welche mit reizvollen
kleinen Textbildern ausgestattet sind. Darunter befindet sich
ein ungemein delikat behandeltes radirtes Blättchen von
Joh. Cialis nach dem Porträt des C. de Bie von Gonzales
Cocx und eine schöne Heliogravüre nach der Venus von
Botticelli, einer Wiederholung der Hauptfigur des Gemäldes
in den Uffizien.
NEUE KUNSTBLÄTTER UND BILDER-
WERKE.
* Der Kupfersteelier Eugen Doby in Budapest hat so-
eben einen trefflichen Porträtstich des verstorbenen Grafen
Julius Andrassy vollendet, von dem uns ein Druck vorliegt.
Der Stich ist nach dem im Besitze der Familie des Verstor-
benen befindlichen Gemälde von Benczur ausgeführt und
zeichnet sich ebenso durch Ähnlichkeit wie durch schöne
künstlerische Haltung aus. Er wird den zahlreichen Ver-
ehrern des berühmten Staatmannes gewiss eine willkommene
Gabe sein.
TODESFÄLLE.
• Paul Lange, Professor am k. k. technologischen Ge-
werbemuseum in Wien, ein in Verbindung mit Avanzo viel-
beschäftigter Architekt, ist am 26. v. M. 40 Jahre alt ge-
storben.
VERMISCHTE NACHRICHTEN.
* Widmungen für St. Stephan in Wien. Kaiser Franz
Josef hat der Domkirche von Stephan zwei kunstvolle Mosaik-
bilder der Heil. Petrus und Paulus zum Geschenke gemacht,
welche dem Monarchen zum vierzigjährigen Regierungsjubi-
läum (1888) vom Camposanto dei Tedeschi zu Rom als Hul-
digung dargebracht wurden. Die Bilder haben an der Wand
neben dem Dreifaltigkeitsaltar ihre Aufstellung gefunden. —
Die neuen Glasfenster sind nun sämtlich gestiftet; die beiden
letzten Chorfenster, die noch in der Ausführung begriffen
sind, sollen im Herbst zur Aufstellung gelangen.
• Medaille für Friedrieh Freiherrn von Schmidt. Der
Wiener Dombauverein hat aus Anlass der Vollendung des
restaurirten Innern von St. Stephan dem Dombaumeister eine
Medaille gewidmet, welche als bleibendes Denkmal der nun
rühmlich beendeten langjährigen Wiederherstellungsarbei-
ten dastehen und dem hochverdienten Künstler einen Zoll
Kunstlitteratur. - Neue Kunstblätter und Bilderwerke. — Todesfälle. — Vermischte Nachrichten.
434
Selbst ein so guter Holländer wie Abraham Bredius
gesteht mit anerkennungswertem Freimut ein, dass
sich unter den Delfter Faiencemalern nur ein einziger
hervorragender Künstler, Frederik van Frytom, befand,
und wenn wir seine in unserer Ausstellung befind-
liehen Arbeiten, eine Folge von acht weissrandigen
Tellern mit Landschaften (Bes. Herr F. Lippman)
und zwei viereckige Platten mit Landschaften (im
kaiserlichen Besitze) unbefangen prüfen, wird man
an ihnen wenig mehr als die feine, zeichnerische Be-
handlung rühmen können, während in den Einzel-
heiten viel Konventionelles und Manierirtes zu finden
ist. Immerhin dürfen er und der um 1700 thätige
Umbrecht Brower, von dem die Ausstellung zwölf
ebenfalls blau bemalte Teller mit Darstellungen des
Fanges, der Bereitung und Versendung des Herings
vorführt, sowie noch Th. Witzenburgh (Schüssel mit
den vier Jahreszeiten) das Verdienst in Anspruch
nehmen, dass sie in ihren Motiven und auch im
Zierat national waren, während die Mehrzahl der
Delfter Faiencemaler ihren Ruhm in der Nach-
ahmung ostasiatischer, gelegentlich wohl auch persi-
scher Vorbilder suchte, die ihnen zum Teil allerdings
vorzüglich gelungen ist. Neue Formen haben die
Delfter Töpfer nur in Spielereien, Geigen, Pantoffeln,
Vexirkrügen u. dgl. m. gefunden, die von der mo-
dernen Kritik viel weniger respektirt werden als von
den Sammlern. Ein wahres Labsal in der Masse von
Blaugeschirr bietet das bunte Delft, wovon die
Ausstellung einige vorzügliche Stücke aufzuweisen
hat, von denen wir zwei flaschenförmige Vasen von
A. Pynaeker, eine achteckige gerippte Vase mit Orna-
menten von Louwys Figdoor, eine Vase und zwei
Fluten mit Blumenornamenten und der Marke „De
Roos" und die drei Prachtstücke der Gumprechtschen
Sammlung: einen kleinen auf einer Tonne sitzen-
den Dudelsackspieler im Geschmack der italienischen
Majoliken, einen gerippten, im sog. Kaschemirstil mit
kleinen Blumen bemalten Becher mit Ausguss und
Henkel und die Figur einer aus einem Notenblatte
singenden Dame im Schleppkleid, mit bunten Blumen
und Vergoldung, hervorheben.
Gleich ihren Vorgängerinnen aus den letzten
zwei Jahrzehnten hat auch diese Ausstellung von
Kunstwerken aus dem Privatbesitz dem ästhetischen
Genuss wie dem Studium der Kunstgeschichte einen
reichen Stoff zugeführt.
ADOLF ROSENBERG.
KUNSTLITTERATUR.
* Von dem Berliner Oakriewerh mit Text von J. Meyer
und W, Bode, ist kürzlich die fünfte Lieferung erschienen,
welche in ihren Tafeln ausschliesslich Werke niederländi-
scher Meister enthält. Die Wiedergabe derselben ist von
sehr ungleichem Wert. William Um/er glänzt mit einer
schönen, zart und geistreich behandelten Radirung nach der
„Diana auf der Hirschjagd'' von Rubens. P. Halm eröffnet
das Heft mit einem Blatt nach der „Jungen Frau am Fen-
ster" von Rembrandt, das so ziemlich das gerade Gegenteil
von dem ist, was ein Rembrandt-Radirer anstreben soll,
schwer in der Behandlung, russig im Ton, undurchsichtig in
den Schatten. Die übrigen deutschen Radirer bieten An-
nehmbares. Den Schlusseffekt macht Gaillard mit seinem
berühmten Blatt nach J. van Eycks „Mann mit den Nelken".
Es war ein heroischer, aber nur zu sehr gerechtfertigter
Entschluss der Herausgeber, einfach die alte herrliche Platte
des verstorbenen französischen Meisters wieder abzudrucken,
statt einen lebenden deutschen Stecher etwa in die Ver-
suchung zu führen, mit Gaillard wetteifern zu wollen. Die
beigegebenen Texte behandeln die vlämische Schule des 17.
und die florentinische des 15. Jahrhunderts in getrennt neben-
einander herlaufenden Abschnitten, welche mit reizvollen
kleinen Textbildern ausgestattet sind. Darunter befindet sich
ein ungemein delikat behandeltes radirtes Blättchen von
Joh. Cialis nach dem Porträt des C. de Bie von Gonzales
Cocx und eine schöne Heliogravüre nach der Venus von
Botticelli, einer Wiederholung der Hauptfigur des Gemäldes
in den Uffizien.
NEUE KUNSTBLÄTTER UND BILDER-
WERKE.
* Der Kupfersteelier Eugen Doby in Budapest hat so-
eben einen trefflichen Porträtstich des verstorbenen Grafen
Julius Andrassy vollendet, von dem uns ein Druck vorliegt.
Der Stich ist nach dem im Besitze der Familie des Verstor-
benen befindlichen Gemälde von Benczur ausgeführt und
zeichnet sich ebenso durch Ähnlichkeit wie durch schöne
künstlerische Haltung aus. Er wird den zahlreichen Ver-
ehrern des berühmten Staatmannes gewiss eine willkommene
Gabe sein.
TODESFÄLLE.
• Paul Lange, Professor am k. k. technologischen Ge-
werbemuseum in Wien, ein in Verbindung mit Avanzo viel-
beschäftigter Architekt, ist am 26. v. M. 40 Jahre alt ge-
storben.
VERMISCHTE NACHRICHTEN.
* Widmungen für St. Stephan in Wien. Kaiser Franz
Josef hat der Domkirche von Stephan zwei kunstvolle Mosaik-
bilder der Heil. Petrus und Paulus zum Geschenke gemacht,
welche dem Monarchen zum vierzigjährigen Regierungsjubi-
läum (1888) vom Camposanto dei Tedeschi zu Rom als Hul-
digung dargebracht wurden. Die Bilder haben an der Wand
neben dem Dreifaltigkeitsaltar ihre Aufstellung gefunden. —
Die neuen Glasfenster sind nun sämtlich gestiftet; die beiden
letzten Chorfenster, die noch in der Ausführung begriffen
sind, sollen im Herbst zur Aufstellung gelangen.
• Medaille für Friedrieh Freiherrn von Schmidt. Der
Wiener Dombauverein hat aus Anlass der Vollendung des
restaurirten Innern von St. Stephan dem Dombaumeister eine
Medaille gewidmet, welche als bleibendes Denkmal der nun
rühmlich beendeten langjährigen Wiederherstellungsarbei-
ten dastehen und dem hochverdienten Künstler einen Zoll