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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Rosenberg, Adolf: Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0043

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Todesfälle. — Preisverteilungen. — Sammlungen und Ausstellungen.

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Paar in einer Osteria von Egitto Laticerotto obenan.
Nicht geringere malerische Vorzüge, aber mehr nach
der Richtung einer eleganten Glätte und einer sorg-
samen Detaillirung, zeigte das Bild des Mailänders
Eleuterio Pagliano „Zeuxis und die Jungfrauen von
Kroton", eine Darstellung jener bekannten Anekdote,
nach welcher sich die sieben schönsten Mädchen von
Kroton dem Maler als Modelle für ein Bild der
Helena hüllenlos zur Verfügung stellten. Der heikle
Stoff ist so taktvoll behandelt und die Komposition
eine so glückliche, dass ein niedriger sinnlicher Reiz
den reinen künstlerischen Genuss nirgends stört. Das
sogenannte Kostümgenre hatte die besten Vertreter
in der „Mussestunde" eines mit drei niederen Geist-
lichen an einem Tische in offener Loggia sitzenden
Kardinals von August Holmberg in München, in der
durch humorvolle Charakteristik ausgezeichneten
„Matinee" mit Figuren aus dem 18. Jahrhundert von
Paul Meyer in Mainz und in den feinen Rokokobild-
chen von F. Poppe in Berlin gefunden. Eine Epi-
sode aus der Orientreise des verstorbenen Kaisers
Friedrich als Kronprinz, ein „Ritt zu den Kalifen-
gräbern bei Kairo" von W. Gentz und die „Rück-
kehr des jetzigen Kaisers von der Bärenjagd bei
Fürst Radziwill in Nieswiez" zu Anfang des Jahres
1888 von Julius Falat gehören zu der Gattung von
Bildern, in welchen Landschaft und Figuren mit
gleichmässiger Liebe behandelt sind. Dort ist die
staubige Wüstenlandschaft mit den Bauwerken von
Kairo im Hintergrunde ebenso fein beobachtet und
wiedergegeben wie hier die grell beleuchtete Schnee-
landschaft.

Dass die Landschaft auch auf dieser Ausstellung
an Zahl und Wert alle übrigen Gattungen der Ma-
lerei übertrifft, ist eine sich stetig wiederholende
Wahrnehmung, welche sich aus dem Gesamtcharak-
ter der deutschen Malerei erklärt. Die Mehrzahl
der Auszeichnungen ist denn auch auf Landschafts-
maler gefallen. Von den mit Medaillen Bedachten
haben zwar Schönkber (Ansicht von Quinto al Mare)
und Joseph Wcngleui nichts Neues gesagt; aber des
letzteren zwei Herbstlandschaften aus Oberbayern
stehen doch auf der vollen Höhe seines Könnens,
und Eugen Bracht hat in seinem „Gestade der Ver-
gessenheit", einer felsigen, von Schnee und Eis be-
deckten Meeresküste in schauriger Einöde, ein Gebiet
betreten, dessen in neuerer Zeit stetig zunehmende
Pflege auf eine Wiederbelebung der stilistischen oder
historischen Landschaft vom Standpunkte des mo-
dernen Kolorismus hinausläuft Dieser Gattung
gehören auch Karl Ludwigs „Römische Heerstrasse

in den Hochalpen" mit dem Zuge einer römischen
Legion und eine phantastisch beleuchtete Marine
nach einem Motive aus des Grafen Philipp Eulen-
'burg Gedichte „Atlantis" von Hermann Hendrich an,
welcher seit Jahren bemüht ist, die Stilgesetze der
historischen Landschaft auf das Seestück zu übertragen.
Auch für die durch eine ehrenvolle Erwähnung aus-
gezeichneten jüngeren Landschaftsmaler Paul BartJiel
in Berlin (Aquarelle aus Pompeji), Ludwig Lettmann
in Berlin (Aufziehendes Gewitter am Strande von
Rügen), Heinrich Härtung in Düsseldorf (Rheinland-
schaft aus der Gegend von Caub) und Julius Wentscher
in Berlin (Samländische und Rügensche Ostseeküste),
ist das Streben nach Ernst und Grösse der Auf-
fassung, nach strenger Durchbildung der Einzelformen
und nach poetischer Stimmung charakteristisch, und
man wird nicht fehl gehen, wenn man darin keine
bloss zufällige Erscheinung, sondern den Ausdruck
einer Neigung erblickt, welche innerhalb der jüngeren
Künstlergeneration, nicht bloss auf dem Gebiete
der Landschaftsmalerei, sondern auch auf dem der
Geschichts- und Genremalerei immer mehr Anhänger

gewinnt.

ADOLF ROSENBERG.

TODESFÄLLE.

* Geheimrat Ludwig von UrlicJis, Professor an der
Universität Würzburg und Vorstaud des M. v. Wagnerschen
Instituts, ist dort am 3. d. M. im 76. Lebensjahre infolge
eines Schlaganfalles plötzlich gestorben. Unsere Zeitschrift
enthält in ihren früheren Jahrgängen wertvolle Beiträge aus
seiner Feder.

PREISVERTEILUNGEN.

»% Preisverteilung an der Berliner Kunstakademie. Bei
der für das laufende Jahr im Fache der Bildhauerei stattge-
habten Preisbewerbung der I. Michael-Beerschen Stiftung für
Maler und Bildhauer jüdischer Religion ist das Stipendium
im Betrage von 2250 Mark zu einer einjährigen Studienreise
nach Italien dem einzigen Bewerber, welcher sich gemeldet,
dem Bildhauer Isidor Konti aus Wien, verliehen worden.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

0. M. Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Die Ausstellung
der Stoffsammlung hat am Sonnabend den 2. Nov. mit der
ersten Gruppe, welche die Arbeiten der fridichristlichen Zeit
und des Mittelalters umfasst, begonnen. Die Webereien und
Stickereien reichen bis in das vierte Jahrhundert zurück,
enthalten die Arbeiten von Aegypten, des Sassanidenreichs,
von Byzanz, von Sizilien aus der Zeit des Normannischen
Königreichs und der Hohenstaufen, sowie von Italien
und Flandern bis zum Schluss der gotischen Epoche im
15. Jahrhundert. — Für die acht Gruppen, in denen die Aus-
stellung der Stoffe etc. stattfindet, ist ein von Julius Lessing
verfasster Führer erschienen, welcher über die verschiedenen
Bestandteile der Sammlung Erläuterungen giebt.
 
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