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Neue Forschungen auf dem Gebiete der holländischen Kunstgeschichte.
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solche schon aus dem Grunde notwendig, weil der Sand-
stein, aus welchem das Denkmal sich zusammensetzt,
aus vielen Blöcken zusammengefügt ist, deren Fugen
verdeckt werden mussten. Der mittlere Teil des Pferde-
leibs ist aus einem grossen Sandsteinblock gebildet,
welcher aber für die Rundung des Bauchs nicht aus-
gereicht hat, so dass eine Steinschale von mittlerer
Stärke das Fehlende ergänzen musste. Ebenso sind
Hals und Kopf, Beine und Schweif des Pferdes aus
einzelnen Steinstücken gearbeitet; zusammenge-
stückelt in gleicher Weise sind der Körper, Arme
und Beine des Kaisers. Zu seinem Mantel, welcher
in breiten Falten über den Rücken des Pferdes hinab-
fällt, musste, um die Rundung auszufüllen, ebenfalls
eine dünne Platte aufgelegt werden. Man hat im
ganzen 17 mehr oder weniger grosse Steinblöcke
gezählt, die indes so sorgfältig vernietet und durch
den Goldüberzug unkenntlich gemacht sind, dass die
Gesamtwirkung des Ganzen nicht beeinträchtigt wird.
Nach den angestellten Untersuchungen ist in
früheren Zeiten die Statue höchst wahrscheinlich bunt
bemalt gewesen; wenigstens heisst es gelegentlich einer
Wiederherstellung aus dem Jahr 1540, dass der Kaiser
Otto „auffs neue wider" gemalt worden sei. Auch
wird von dieser Zeit ab bis ins vorige Jahrhundert
das Pferd wiederholt ausdrücklich ein „weisses" ge-
nannt. Ferner erzählt der Verfasser der „wahrhaf-
tigen und ordentlichen Beschreibungen des Einzuges
Herrn Joachim Friederichen, postulirten Admini-
stratoris des Primats und Erzstiftes Magdeburg",
dass 1579 „Kaiser Ottonis Statue schön renovirt
worden". Gerade in dem Augenblick, wo die Stadt
unter Entbindung von ihrem an Sachsen und Bran-
denburg geleisteten Huldigungseide dem Erzbischofe
huldigte, wollte dieselbe die grosse Bedeutung des
alten Gemeinwesens von neuem und nachdrücklichst
zum Bewusstsein der Bürger bringen, und nichts
schien geeigneter zu diesem Zwecke, als die Herstel-
lung des Denkmals, das von neuem verkünden sollte,
wie Ottos Stadt ihre alten Privilegien und Gerech-
tigkeiten durch die Huldigungen nicht verlöre.
Eine weitere Erneuerung fand 1651 statt. Aus
dieser Zeit stammt die Architektur des Gehäuses mit
seinen acht korinthischen, durch Korbbogen ver-
bundenen Säulen und der bedeckenden, mit Kupfer-
blech überzogenen Holzlaube.
Eine weitere kunstgerechte Restauration erfolgte
unter zustimmender Begutachtung des Konservators
der Kunstdenkmäler von Quant im Jahre 1S57.
Die jetzige letzte Erneuerung hat monatelang
gedauert; erst seit wenigen Tagen sind die verhüllen-
den Leinwanddecken gefallen und in neuem Glanz, .
vielleicht augenblicklich noch zu glänzend, zeigt
sich der alte Kaiser mit seinem weiblichen Gefolge.
Die reiche Ornamentirung des adlergeschmückten
Kaisermantels sowie der weiblichen Gewandung sind
durch schwarze Linien in sehr lebendiger Weise her-
vorgehoben. Leider hat die Malerei bei der Re-
stauration keine Rechte eingeräumt erhalten, obwohl
dieselbe, in verständiger Weise angebracht, wesent-
lich zur Verstärkung des altertümlichen Charakters
des Bildwerks beigetragen haben würde.
Jedenfalls wird das sorglich hergestellte Werk,
welches mit dem lebensvollen Reiterbild des Königs
Konrad III. im Dom zu Bamberg fast die einzige Re-
liquie jener jugendkräftigen künstlerischen Schaffens-
zeit des 13. Jahrhunderts ist, nun noch längere Jahr-
hunderte wieder den Unbilden der Zeit und der Wit-
terung Widerstand leisten können. s.
NEUE FORSCHUNGEN
AUF DEM GEBIETE DER HOLLÄNDISCHEN
KUNSTGESCHICHTE.
Wenn wir die verschiedenen Publikationen,
welche in holländischer Sprache erscheinen und für
die holländische Kunstgeschichte wichtig sind, hier
bei dem deutschen Publikum einführen, so können
wir nicht umhin, auch eine in Belgien erscheinende
periodische Schrift in den Kreis mit hinein zu ziehen,
nämlich „De Didschc Warande". Dreissig Jahre lang
wurde diese Zeitschrift geleitet von Prof. Dr. J. A.
Alberdingh Thijm in Amsterdam, bis im Jahre 1889
die Redaktion an seinen Bruder Prof. Dr. P. Alber-
dingh Thijm in Löwen überging. Wenn auch jede
Lieferung der Zeitschrift das Wort Kunstgeschichte
auf dem Titelblatte trug und wenn auch der Redak-
teur selber Professor der Kunstgeschichte war, so
wäre es doch eine sehr mühsame Arbeit, etwas Wich-
tiges für die holländische Kunstgeschichte daraus
nennen zu müssen. Aber die Zeiten haben sich ge-
ändert und die Zeitschrift mit ihnen. Der erste Band
der neuen Folge ist unbedingt wertvoller für unsere
Zwecke als alle früheren zusammen genommen. Hier-
mit sei aber noch nicht gesagt, dass alle Beiträge
musterhaft sind. Die Abhandlung über Droochsloot
von Prof. J. B. Nordhoff z. B. bietet, abgesehen von
der für einen Holländer wunderbar komischen hol-
ländischen Sprache des deutschen Professors, wenig
Bedeutendes. Mit Beihilfe von mehreren Kunst-
gelehrten wird ein „ceuvre complet" des Meisters
zusammengestellt und etwa 30 Bilder können ge-
Neue Forschungen auf dem Gebiete der holländischen Kunstgeschichte.
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solche schon aus dem Grunde notwendig, weil der Sand-
stein, aus welchem das Denkmal sich zusammensetzt,
aus vielen Blöcken zusammengefügt ist, deren Fugen
verdeckt werden mussten. Der mittlere Teil des Pferde-
leibs ist aus einem grossen Sandsteinblock gebildet,
welcher aber für die Rundung des Bauchs nicht aus-
gereicht hat, so dass eine Steinschale von mittlerer
Stärke das Fehlende ergänzen musste. Ebenso sind
Hals und Kopf, Beine und Schweif des Pferdes aus
einzelnen Steinstücken gearbeitet; zusammenge-
stückelt in gleicher Weise sind der Körper, Arme
und Beine des Kaisers. Zu seinem Mantel, welcher
in breiten Falten über den Rücken des Pferdes hinab-
fällt, musste, um die Rundung auszufüllen, ebenfalls
eine dünne Platte aufgelegt werden. Man hat im
ganzen 17 mehr oder weniger grosse Steinblöcke
gezählt, die indes so sorgfältig vernietet und durch
den Goldüberzug unkenntlich gemacht sind, dass die
Gesamtwirkung des Ganzen nicht beeinträchtigt wird.
Nach den angestellten Untersuchungen ist in
früheren Zeiten die Statue höchst wahrscheinlich bunt
bemalt gewesen; wenigstens heisst es gelegentlich einer
Wiederherstellung aus dem Jahr 1540, dass der Kaiser
Otto „auffs neue wider" gemalt worden sei. Auch
wird von dieser Zeit ab bis ins vorige Jahrhundert
das Pferd wiederholt ausdrücklich ein „weisses" ge-
nannt. Ferner erzählt der Verfasser der „wahrhaf-
tigen und ordentlichen Beschreibungen des Einzuges
Herrn Joachim Friederichen, postulirten Admini-
stratoris des Primats und Erzstiftes Magdeburg",
dass 1579 „Kaiser Ottonis Statue schön renovirt
worden". Gerade in dem Augenblick, wo die Stadt
unter Entbindung von ihrem an Sachsen und Bran-
denburg geleisteten Huldigungseide dem Erzbischofe
huldigte, wollte dieselbe die grosse Bedeutung des
alten Gemeinwesens von neuem und nachdrücklichst
zum Bewusstsein der Bürger bringen, und nichts
schien geeigneter zu diesem Zwecke, als die Herstel-
lung des Denkmals, das von neuem verkünden sollte,
wie Ottos Stadt ihre alten Privilegien und Gerech-
tigkeiten durch die Huldigungen nicht verlöre.
Eine weitere Erneuerung fand 1651 statt. Aus
dieser Zeit stammt die Architektur des Gehäuses mit
seinen acht korinthischen, durch Korbbogen ver-
bundenen Säulen und der bedeckenden, mit Kupfer-
blech überzogenen Holzlaube.
Eine weitere kunstgerechte Restauration erfolgte
unter zustimmender Begutachtung des Konservators
der Kunstdenkmäler von Quant im Jahre 1S57.
Die jetzige letzte Erneuerung hat monatelang
gedauert; erst seit wenigen Tagen sind die verhüllen-
den Leinwanddecken gefallen und in neuem Glanz, .
vielleicht augenblicklich noch zu glänzend, zeigt
sich der alte Kaiser mit seinem weiblichen Gefolge.
Die reiche Ornamentirung des adlergeschmückten
Kaisermantels sowie der weiblichen Gewandung sind
durch schwarze Linien in sehr lebendiger Weise her-
vorgehoben. Leider hat die Malerei bei der Re-
stauration keine Rechte eingeräumt erhalten, obwohl
dieselbe, in verständiger Weise angebracht, wesent-
lich zur Verstärkung des altertümlichen Charakters
des Bildwerks beigetragen haben würde.
Jedenfalls wird das sorglich hergestellte Werk,
welches mit dem lebensvollen Reiterbild des Königs
Konrad III. im Dom zu Bamberg fast die einzige Re-
liquie jener jugendkräftigen künstlerischen Schaffens-
zeit des 13. Jahrhunderts ist, nun noch längere Jahr-
hunderte wieder den Unbilden der Zeit und der Wit-
terung Widerstand leisten können. s.
NEUE FORSCHUNGEN
AUF DEM GEBIETE DER HOLLÄNDISCHEN
KUNSTGESCHICHTE.
Wenn wir die verschiedenen Publikationen,
welche in holländischer Sprache erscheinen und für
die holländische Kunstgeschichte wichtig sind, hier
bei dem deutschen Publikum einführen, so können
wir nicht umhin, auch eine in Belgien erscheinende
periodische Schrift in den Kreis mit hinein zu ziehen,
nämlich „De Didschc Warande". Dreissig Jahre lang
wurde diese Zeitschrift geleitet von Prof. Dr. J. A.
Alberdingh Thijm in Amsterdam, bis im Jahre 1889
die Redaktion an seinen Bruder Prof. Dr. P. Alber-
dingh Thijm in Löwen überging. Wenn auch jede
Lieferung der Zeitschrift das Wort Kunstgeschichte
auf dem Titelblatte trug und wenn auch der Redak-
teur selber Professor der Kunstgeschichte war, so
wäre es doch eine sehr mühsame Arbeit, etwas Wich-
tiges für die holländische Kunstgeschichte daraus
nennen zu müssen. Aber die Zeiten haben sich ge-
ändert und die Zeitschrift mit ihnen. Der erste Band
der neuen Folge ist unbedingt wertvoller für unsere
Zwecke als alle früheren zusammen genommen. Hier-
mit sei aber noch nicht gesagt, dass alle Beiträge
musterhaft sind. Die Abhandlung über Droochsloot
von Prof. J. B. Nordhoff z. B. bietet, abgesehen von
der für einen Holländer wunderbar komischen hol-
ländischen Sprache des deutschen Professors, wenig
Bedeutendes. Mit Beihilfe von mehreren Kunst-
gelehrten wird ein „ceuvre complet" des Meisters
zusammengestellt und etwa 30 Bilder können ge-