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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 1.1889/​90

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Vom Christmarkte
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https://doi.org/10.11588/diglit.3772#0066

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Vom Christmarkte. — Todesfalle. — Personalnachrichten. — Sammlungen und Ausstellungen.

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die früher aufgenommenen Gifte und der Jüngling
stirbt im ersten Liebeskusse. Die Erzählung ist
sinnreich und glutvoll, wie es die Orientalen lieben;
was thuts, dass sie sich mit dem heutigen Stande
der Medizin- nicht verträgt? Ein anderes ist ein
Dichter, ein anderes ein Apotheker. Dieser darf mit
seinen Giften nicht so umspringen wie jener und
verabreicht seine Schlummertränkchen nur mit Vor-
sicht, während manche Dichter mit den ihren nichts
weniger als skrupulös sind . . ,

Zu der kurzen aber schönen Dichtung Heyses hat
Frank Kirchbach den Bilderschmuck entworfen, der
sich zwanglos auf den Textseiten in farbigen Helio-
gravüren und Zinkographien ausbreitet. Manches
prächtige orientalische Bild befindet sich dabei: die
junge wasserholende Frau, welcher im Dickicht der
Tiger auflauert, die Luftfahrt der schönen Jungfrau,
welche den Namen Paradiesvogel führt, und anderes
sind von lieblicher Zartheit und grossem malerischen
Reize. Das Ganze ist von einem reichen vielfarbigen
Einband umschlossen und führt den Titel „Liebes-
zauber".

Es ist charakteristisch für unsere Zeit, dass eine
grosse Menge Prachtwerke das Wort gänzlich ver-
bannt haben und das Bild einfach seine stumme
Sprache reden lassen. Solcher Art sind die Kunst-
mappen, welche der Verlag von C. T. Wiskott in
Breslau den nimmersatten Augen des schaulustigen
Publikums darbietet. Letztes Jahr hatten wir Studien
und Skizzen von Defregger und Knaus zu rühmen,
seitdem sind auch Mappen mit Geselschaps und Menzels
Kunst gefüllt worden; kürzlich nun haben sich
Werner Schuch und Ed. Grützner dieser Künstler-
reihe beigesellt. Werner Schuch ist den Lesern
dieser Blätter von früher her wohl noch erinnerlich;
er hat als Maler eine rasche und glänzende Ent-
wickelung hinter sich. Er war ursprünglich Archi-
tekt unter Conrad Wilhelm Hase, wandte sich aber
seiner alten Liebe, der Malerei zu und stellte zuerst
Landschaften, dann Kriegs- und Historienbilder dar.
Seine Reiterbilder sind höchst lebendig und mit
Bravour gezeichnet; die kühne Darstellung der
apokalyptischen Reiter und die Studien zur „wilden
Jagd" beweisen seine hervorragende malerische Kraft.

Die vorliegende Mappe bringt landschaftliche
Schilderungen aus der Lüneburger Heide voll schwer-
mütiger Stimmung, und Kriegsbilder von 1640, 1760,
1813 voll mächtigen Lebens. Die Mappe, welche
den Namen Grützner trägt, enthält ausser den viel-
gesehenen Mönchen einige seiner lustigen Falstaff-
bilder, vor allem den dicken Sir John mit dem

Sektkrug in seiner ganzen Grösse und zeigt ihn in
mancherlei Fährlichkeit, die er auf seiner feuchten
Lebenslaufbahn zu bestehen hatte. Eine Porträt-
studie und weltliche Genrebilder vervollständigen das
Bild der malerischen Wirksamkeit des Künstlers.
(Schluss folgt.)

TODESFÄLLE.

0 Der ausserordentliche Professor der Theologie, Dr.
Ferdinand Piper, welcher an der Universität zu Berlin das
Fach der christlichen Archäologie vertrat und seit 1849
Direktor des christlich-archäologischen Museums der Uni-
versität war, ist am 28. November zu Berlin im 79. Lebens-
jahre gestorben. Von seinen archäologischen Schriften sind
die „Mythologie und Symbolik der christlichen Kunst"
(1847—51) und die „Einleitung in die monumentale Theo-
logie" (1867) die hervorragendsten.

O Der französische Bildhauer Francois Etcheto ist am
20. November zu Paris im jugendlichen Alter gestorben. Er
hat sich besonders durch eine Bronzestatue des Volksdichters
Francois Villon, welche von der Stadt Paris angekauft und
auf dem Square Monge aufgestellt wurde, und durch die
Marmorfigur eines Demokrit bekannt gemacht, die der Staat
ankaufte und im öffentlichen Garten zu Pau aufstellen liess.

PERSONALNACHRICHTEN.

* Dr. Emanuel Löwy in Wien wurde zum ausser,
ordentlichen Professor der klassischen Archäologie an der
k. Universität in Rom ernannt.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

A. R. Der Verein Berliner Künstler hat Siemiradzkis
„Phryne in Eleusis", welche während der Monate September
und November den Mittelpunkt seiner Ausstellung bildete,
für den Monat Dezember eine neue Anziehungskraft von aus-
wärts folgen lassen: das Kolossalgemälde „Alexander in
Persepolis" von dem Italiener Gustav Sinwni, welches bis
dahin in der italienischen Abteilung der Pariser Weltaus-
stellung paradirt hatte. Simoni hat sich in Deutschland zu-
erst auf der Dresdener Aquarellausstellung von 1888 durch
einige Aquarelle aus dem orientalischen Volksleben in Algier,
Marokko und der Türkei bekannt gemacht, welche sich durch
eine ganz ungewöhnliche Leuchtkraft und Tiefe der Farbe
und durch grosse Energie der Charakteristik auszeichneten.
Auch das jetzt ausgestellte Ölgemälde ist eine Schilderung
orientalischen Lebens und asiatischer Üppigkeit, welchem
nur eine historische Etikette aufgeklebt ist. Wir sehen nicht
den kühnen Eroberer im stolzen Selbstgefühl an seinem
Ziele, sondern einen schwelgenden Sybariten, welcher sich
mit seinen Kriegsgefährten nach dem Festmahle in einer
Halle des persischen Königspalastes den Ausschweifungen
des Bechers hingegeben hat. In die trunkene Gesellschaft
der Zecher ist die Kurtisane Thais, welche nach der Er-
zählung Diodors und anderer den Macedonier auf seinem
Zuge nach Persien begleitete, an der Spitze eines Zuges von
Bacchantinnen und Satyrn mit brennenden Fackeln hinein-
gestürmt. Während sich ihre Gefährtinnen bereits zu den
auf Ruhebetten gelagerten Kriegern gesellt haben, sucht sie
durch die hüllenlose Entfaltung ihrer vollen Reize in ver-
führerischem Tanze die Sinne Alexanders zu umgaukeln und
ihm die Fackel in die Hand zu spielen, welche einer der vor
ihm tanzenden Satyrknaben schwingt. Schon schickt sich
 
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