181
Georg Penz als Italist.
182
tiner wie Bronzino erinnerndes Gepräge Woltmann
(Zs. f. b. K. I, 201) und Mündler (ebd. 111, 275),
Bode (Gaz. d. b. A. 1887 p. 444) und Morelli (Münd-
liche Mitteilung) übereinstimmend hervorgehoben
haben.
Diese frühe und mit den Jahren nur gesteigerte
Empfänglichkeit für italienische Einflüsse der ver-
schiedensten Richtung soll nun Penz — nach einer
Entdeckung B. Haendckes — erst in den Nieder-
landen angeflogen sein, wo wir ihn vor 1540 zu
suchen keinerlei Ursache haben! Aus diesem Jahre
stammt eine Kontrafaktur des Schlosses zu Gent;
1544 folgt der bereits von Waagen (Handbuch der
deutsch, u. niederl. Malerschulen I, 244) als eine Kopie
nach der häufig wiederholten Erfindung des Qu.
Massys bestimmte „H. Hieronymus in der Zelle" im
Germanischen Museum; und im nämlichen Jahre
zeigt Penz den Losungsherren seiner Vaterstadt ein
möglicher Weise gleichfalls in den Niederlanden
gefertigtes Porträt des Kanzlers Granvella (Baader,
Beiträge 1860, S. 40). Manche Äusserlichkeit seiner
Malführung, so den glasig leuchtenden Ton mag der
Künstler vlämischen Mustern abgesehen haben, und
in einer Anzahl klassizistischer Gemälde seiner
Spätzeit, der— freilich stark übermalten — „Judith"
und „Venus mit Amor" in Schieissheim (Noe.
170 u. 181), einem der Forschung bisher ent-
gangenen „Sündenfall" der ehemaligen Galerie Sterne
zu Wien') — denen sich die mir unbekannte
Muse Urania in Pommersfelden (1545) vermutlich
anschliesst — nähert er sich durch die gesuchte
Grazie der Formengebung und den geleckten, in der
Karnation porzellanartigenFarbenauftrag entschieden
den niederländischen Romanisten. Auch in den nach
Petrarca gestochenen Triumphen, den allegorischen
Cyklen der sieben Todsünden, der fünf Sinne und
der sieben freien Künste giebt er diesen „osservatori
della maniera italiana" an Unerquicklichkeit nichts
1) Diese sehr freie Darstellung eines Synipleginas der
ersten Eltern wurde gelegentlich der Ausstellung der Samm-
lung im Wiener Künstlerhause (Febr. 1881) als „Giulio Pippi"
nach Petersburg verkauft! Das missverstandene Handzeichen
des Penz auf dem Bildchen gab zu dem heiteren Quiproquo
Anlass. _ ^Sündenfälle" und „Vertreibungen aus dem Para-
diese" kleinen Formats gehen in Galerien mehrfach unter
dem Namen des Penz, obwohl sich eineine Exemplare, z. B.
Nr. 189 der Gal. Harrach schon durch den Kupfergrund, auf
welchem sie gemalt sind, als niederländische Arbeiten der
zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ausweisen; An-
spruch auf Echtheit könnte allenfalls der ,Sündenfall* im
Innsbrucker Ferdinandeum (Kab. IV, Nr. 91; Phot. von Gratl)
erheben, bei welchem dann die Holzart (Eiche) eine Ent-
stehung in den Niederlanden wahrscheinlich machte.
nach. TiefereSpuren aber hat die niederländischeReise,
die er im Anfang der vierziger Jahre unternommen
haben dürfte, jedenfalls nicht bei ihm hinterlassen,
mit seinem letzten datirten Blatte, der „Kreuzigung"
von 1547 (B. 57) lenkt er wieder völlig ein in die
Traditionen seiner Nürnberger Lehrjahre. Die Kar-
dinalfrage also: wo hat sich Penz die Grundlagen
seiner Renaissancebildung geholt, muss nach wie vor
mit der, durch die ältere Litteratur freilich in Ver-
ruf gekommenen Annahme einer italienischen Reise be-
antwortet werden, welche für einen Schüler Dürers zu-
mindestens ebenso wenig befremdlich ist als ein Aus-
flug nach den Niederlanden. Der plastische For-
mensinn, das Verständnis für freie und schöne Be-
wegung, der veredelte Geschmack der Zeichnung, den
er noch 1543 in der Folge mit der Geschichte des
Tobias (B. 13—19) oder einem Blatte wie „Thetis
bei Chiron" (B.90) *) an den Tag legt, konnte ihm nur
jenseits der Alpen zugewachsen sein. Gleichzeitig
hat sich aber Penz den im Norden massgebenden
Einflüssen eines Dürer und Massys keineswegs ent-
zogen und in dem Erasmusporträt von 1537 zu
Windsor-Castle (Waagen, Handbuch 1,244; Braun 41)
auch nach Holbein eine Kopie geliefert2). Diese
eklektische Vielseitigkeit, die Penz bereits zu einem
Vorläufer der Spätrenaissance gestempelt, reimt sich
nun sehr wohl mit den spärlichen biographischen
Nachrichten, die wir über ihn besitzen; als eine
künstlerische Landsknechtsnatur, vielfach als fahren-
der Mann, dem das Glück nie recht hold geworden,
hat er sich durch das Leben geschlagen und es in
äusserster Dürftigkeit 1550 beschlossen.
ROBERT STIASSNY.
DIE NEUE HOFWAFFENSAMMLUNG
IN WIEN.
Unser vor einigen Monaten in dieser Zeitschrift
ausgesprochener Wunsch, es möge der Eröffnung
des naturhistorischen Hofmuseums in Wien recht
1) Gegenstand dieses schönen Stiches (Phot. von Alinari
nach dem Ex. in den Uffizien, Nr. 7013) ist, beiher gesagt,
nicht, wie Bartsch meint, die „Übergabe des Achill an Chiron
zur Erziehung", sondern ein Besuch der Göttin bei dem Cen-
tauren, welcher über die Wildheit seines mit Patroklus eben
von der Jagd heimkehrenden Zöglings Klage führt; die Epi-
sode ist nach der Achilleis des Statius in Konrads von Würz-
burg Trojanerkrieg erzählt, als nächste Quelle dürfte aber
die von M. Tatius verfasste Übersetzung der Iliade des
Dares Phrygius (Augsp , H. Stayner, 1536) anzusehen sein.
2) Alte Repliken dieses Bildnisses mit dem Mono-
gramme des Penz befinden sich auf der Nürnberger Stadt-
bibliothek und in der Sammlung des Grafen Lanckaronski
zu Wien; eine dritte wurde mit der Gal. Heymel aus Dres-
den im Nov. 1889 von Lepke in Berlin versteigert.
Georg Penz als Italist.
182
tiner wie Bronzino erinnerndes Gepräge Woltmann
(Zs. f. b. K. I, 201) und Mündler (ebd. 111, 275),
Bode (Gaz. d. b. A. 1887 p. 444) und Morelli (Münd-
liche Mitteilung) übereinstimmend hervorgehoben
haben.
Diese frühe und mit den Jahren nur gesteigerte
Empfänglichkeit für italienische Einflüsse der ver-
schiedensten Richtung soll nun Penz — nach einer
Entdeckung B. Haendckes — erst in den Nieder-
landen angeflogen sein, wo wir ihn vor 1540 zu
suchen keinerlei Ursache haben! Aus diesem Jahre
stammt eine Kontrafaktur des Schlosses zu Gent;
1544 folgt der bereits von Waagen (Handbuch der
deutsch, u. niederl. Malerschulen I, 244) als eine Kopie
nach der häufig wiederholten Erfindung des Qu.
Massys bestimmte „H. Hieronymus in der Zelle" im
Germanischen Museum; und im nämlichen Jahre
zeigt Penz den Losungsherren seiner Vaterstadt ein
möglicher Weise gleichfalls in den Niederlanden
gefertigtes Porträt des Kanzlers Granvella (Baader,
Beiträge 1860, S. 40). Manche Äusserlichkeit seiner
Malführung, so den glasig leuchtenden Ton mag der
Künstler vlämischen Mustern abgesehen haben, und
in einer Anzahl klassizistischer Gemälde seiner
Spätzeit, der— freilich stark übermalten — „Judith"
und „Venus mit Amor" in Schieissheim (Noe.
170 u. 181), einem der Forschung bisher ent-
gangenen „Sündenfall" der ehemaligen Galerie Sterne
zu Wien') — denen sich die mir unbekannte
Muse Urania in Pommersfelden (1545) vermutlich
anschliesst — nähert er sich durch die gesuchte
Grazie der Formengebung und den geleckten, in der
Karnation porzellanartigenFarbenauftrag entschieden
den niederländischen Romanisten. Auch in den nach
Petrarca gestochenen Triumphen, den allegorischen
Cyklen der sieben Todsünden, der fünf Sinne und
der sieben freien Künste giebt er diesen „osservatori
della maniera italiana" an Unerquicklichkeit nichts
1) Diese sehr freie Darstellung eines Synipleginas der
ersten Eltern wurde gelegentlich der Ausstellung der Samm-
lung im Wiener Künstlerhause (Febr. 1881) als „Giulio Pippi"
nach Petersburg verkauft! Das missverstandene Handzeichen
des Penz auf dem Bildchen gab zu dem heiteren Quiproquo
Anlass. _ ^Sündenfälle" und „Vertreibungen aus dem Para-
diese" kleinen Formats gehen in Galerien mehrfach unter
dem Namen des Penz, obwohl sich eineine Exemplare, z. B.
Nr. 189 der Gal. Harrach schon durch den Kupfergrund, auf
welchem sie gemalt sind, als niederländische Arbeiten der
zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ausweisen; An-
spruch auf Echtheit könnte allenfalls der ,Sündenfall* im
Innsbrucker Ferdinandeum (Kab. IV, Nr. 91; Phot. von Gratl)
erheben, bei welchem dann die Holzart (Eiche) eine Ent-
stehung in den Niederlanden wahrscheinlich machte.
nach. TiefereSpuren aber hat die niederländischeReise,
die er im Anfang der vierziger Jahre unternommen
haben dürfte, jedenfalls nicht bei ihm hinterlassen,
mit seinem letzten datirten Blatte, der „Kreuzigung"
von 1547 (B. 57) lenkt er wieder völlig ein in die
Traditionen seiner Nürnberger Lehrjahre. Die Kar-
dinalfrage also: wo hat sich Penz die Grundlagen
seiner Renaissancebildung geholt, muss nach wie vor
mit der, durch die ältere Litteratur freilich in Ver-
ruf gekommenen Annahme einer italienischen Reise be-
antwortet werden, welche für einen Schüler Dürers zu-
mindestens ebenso wenig befremdlich ist als ein Aus-
flug nach den Niederlanden. Der plastische For-
mensinn, das Verständnis für freie und schöne Be-
wegung, der veredelte Geschmack der Zeichnung, den
er noch 1543 in der Folge mit der Geschichte des
Tobias (B. 13—19) oder einem Blatte wie „Thetis
bei Chiron" (B.90) *) an den Tag legt, konnte ihm nur
jenseits der Alpen zugewachsen sein. Gleichzeitig
hat sich aber Penz den im Norden massgebenden
Einflüssen eines Dürer und Massys keineswegs ent-
zogen und in dem Erasmusporträt von 1537 zu
Windsor-Castle (Waagen, Handbuch 1,244; Braun 41)
auch nach Holbein eine Kopie geliefert2). Diese
eklektische Vielseitigkeit, die Penz bereits zu einem
Vorläufer der Spätrenaissance gestempelt, reimt sich
nun sehr wohl mit den spärlichen biographischen
Nachrichten, die wir über ihn besitzen; als eine
künstlerische Landsknechtsnatur, vielfach als fahren-
der Mann, dem das Glück nie recht hold geworden,
hat er sich durch das Leben geschlagen und es in
äusserster Dürftigkeit 1550 beschlossen.
ROBERT STIASSNY.
DIE NEUE HOFWAFFENSAMMLUNG
IN WIEN.
Unser vor einigen Monaten in dieser Zeitschrift
ausgesprochener Wunsch, es möge der Eröffnung
des naturhistorischen Hofmuseums in Wien recht
1) Gegenstand dieses schönen Stiches (Phot. von Alinari
nach dem Ex. in den Uffizien, Nr. 7013) ist, beiher gesagt,
nicht, wie Bartsch meint, die „Übergabe des Achill an Chiron
zur Erziehung", sondern ein Besuch der Göttin bei dem Cen-
tauren, welcher über die Wildheit seines mit Patroklus eben
von der Jagd heimkehrenden Zöglings Klage führt; die Epi-
sode ist nach der Achilleis des Statius in Konrads von Würz-
burg Trojanerkrieg erzählt, als nächste Quelle dürfte aber
die von M. Tatius verfasste Übersetzung der Iliade des
Dares Phrygius (Augsp , H. Stayner, 1536) anzusehen sein.
2) Alte Repliken dieses Bildnisses mit dem Mono-
gramme des Penz befinden sich auf der Nürnberger Stadt-
bibliothek und in der Sammlung des Grafen Lanckaronski
zu Wien; eine dritte wurde mit der Gal. Heymel aus Dres-
den im Nov. 1889 von Lepke in Berlin versteigert.