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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Korrespondenz Dresden, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0072
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Korrespondenz.

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dass sie der Künstler richtig rindet, da andere leicht
auf andere Erklärung kommen können. Jedenfalls
haben wir es hier mit einem Rätsel zu thun, dessen
Lösung ebenso schwierig wie fesselnd erscheint.

Weniger bedeutend will uns das dritte Bild vor-
kommen. Wir erblicken auf ihm eine von den
Wellen an das Land gespülte Nymphe, deren mehr
als behäbige Formen ästhetisch wenig befriedigen.
Es ist ein Akt, dessen Bewältigung den Künstler
gereizt haben mag, der aber den Beschauer als eine
bloße Studie gleichgültig lässt.

Für die Verehrer des Künstlers bietet aber die
Lichtenberg'sche Ausstellung noch eine andere Num-
mer von hervorragendem Interesse. Es ist dies eine
von Klinger eigenhändig gefertigte weibliche Büste,
die er Salome nennt, und die unseres Wissens über-
haupt hier zum erstenmal öffentlich ausgestellt ist.
Klinger erweist sich auch in dieser plastischen Ar-
beit als ein Charakteristiker ersten Ranges, da er
die frivole Herzlosigkeit dieses Weibes sozusagen
typisch erfasst und vollendet dargestellt hat. Er
beherrscht offenbar die technische Seite der Bildnerei
vollständig und hat sich mit diesem Werke den
ersten Meistern unserer Zeit ebenbürtig zur Seite
gestellt. Zur Erhöhung der Wirkung hat er die
Büste, farbig behandelt, indem er zunächst ver-
schiedenfarbigen Marmor verwandte und dann bei
dem Kopf und den Händen durch Bemalung nach-
half, auch hierin durch weises Maßhalten seinen
feinen künstlerischen Sinn bethätigend. So ist ein
Werk entstanden, das sicher in der Geschichte der
modernen Plastik einen hervorragenden Platz be-
haupten und als Beispiel packender Realistik frucht-
bringend wirken wird.

Im Wettbewerb mit den von der Lichtenberg-
schen Kunsthandlung gemachten Anstrengungen hat
nun auch die Ernst Arnold'sehc sich gedrungen ge-
fühlt, dem Dresdener Publikum durch ähnliche Ver-
anstaltungen die Bekanntschaft mit den Erzeug-
nissen der modernen Malerei zu vermitteln. Sie gab
im Oktober in ihren alten Räumen auf der Schloss-
straße zunächst eine Aquarellausstellung, in der
außer einem vorzüglichen Bilde von Hans von
Bartels (Holländische Frauen, Boote erwartend) und
den überaus drastischen Karikaturen Strathmann's
hauptsächlich nur Marktware mittlerer Güte ver-
einigt war. Größeres Interesse durfte ein Porträt
Sr. Majestät des Königs Albert von Lembach in An-
spruch nehmen, das, gleichzeitig mit dem für das
Leipziger Museum bestimmten Uniformbild ent-
standen, den König im schwarzen Civilrock und

zwar gleichfalls ganz im Profil darstellt. Da die
Ausstellung desselben in die Zeit des kgl. Militär-
jubiläums fiel, war natürlich dieses Bild und die
kurz vorher in den Handel gekommenen Photogra-
phieen nach dem Leipziger Originale häufig Gegen-
stand des Gespräches. Das allgemeine Urteil lautete
dahin, dass die Ähnlichkeit allerdings nicht weg-
zuleugnen sei, dass aber den Bildnissen die Haupt-
sache fehle, der gütige Blick Sr. Majestät. Letz-
teren meinte man dagegen in einer um denselben
Zeitpunkt herausgekommenen Radirung iwrfwa^ Otto's
wiederzufinden, die den König, geschmückt mit der
Kette des Heinrichsordens, im vollen Glänze seiner
Würde, ziemlich von vorn gesehen, zeigt. Wir
unsererseits können dieser allgemeinen Meinung nicht
beipflichten. Die Radirung Otto's scheint uns nur
den Wert eines geschickt gemachten höfischen Prunk-
bildes beanspruchen zu können, während wirLenbach's
Bildnisse, vor allem das in Civil, den besten Arbeiten
des Künstlers für gleichwertig erachten, da es uns
eine seltene Ähnlichkeit zu besitzen scheint und in
Bezug auf Schärfe der Charakteristik nichts zu wün-
schen übrig lässt.

Viel versprachen wir uns, als zu Anfang des
November die Arnold'sche Kunsthandlung bekannt
machte, dass sie eine permanente Ausstellung von
Werken der Münchener Sezessionisten in einem neuen
Lokal über der Löwen-Apotheke an der Ecke des
Altmarkts und der Schlossstraße eröffnen werde.
Allerdings waren wir nicht erfreut darüber, dass der
Streit in den beiden München er Heerlagern nun auch
nach Dresden verpflanzt und dass nicht überhaupt
für gute Werke der modernen Kunst, sondern nur
für Mitglieder der Sezession ein neuer Aus-
stellungsraum geschaffen werden sollte. Indessen
diese Bedingung konnte ja von den Münchener Heiß-
spornen gestellt worden sein, und wenn ein Kunst-
händler darauf einging, so war das am Ende seine
Sache. Die Bilder also trafen ein, meist solche, die
schon im Sommer in der Berliner Ausstellung zu
sehen waren, sie wurden aufgehängt und der Salon
eröffnet. Aber es zeigte sich alsbald, dass der neue
Ausstellungsraum für den Zweck wenig geeignet ist.
Die Zimmer sind viel zu klein und eng, und das
Licht genügt nur in den nach dem Altmarkt zu
gelegenen Abteilungen. Wir wollen den guten
Willen gewiss nicht verkennen und den Anstren-
gungen des Unternehmers gern Gerechtigkeit wider-
fahren lassen, aber was hier geboten wird, kann nur
als eine Art von Interimistikum gelten. Die Se-
zessionisten brauchen viel Licht, womöglich Ober-
 
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