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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Böck, Rudolf: Die dritte internationale Kunstausstellung in Wien, [3]
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nstausstellnng in Wien. III.

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Bilde „Frau mit Ziegen", das die Zeitschrift im
Vorjahre in Radirung brachte, vertreten, Dettmann,
der auch tüchtige Landschaften bringt, mit einem
Triptychon „Das deutsche Volkslied", das in Stimmung
und poetischer Empfindung, besonders im Lied der
Freundschaft und Liebe, einzig ist. In Walther Firle's
Triptychon ist wohl das am meisten dramatische
Bild das letzte „Vergieb uns unsere Schuld!", aus dem
Besitze der Pinakothek, das alte, ewig neue Lied
von der Mutterliebe, die auch für die gefallene Tochter
immer der siegreiche Anwalt bleibt. An Suchodolski's
„Heiliger Familie", einem Beleuchtungseffektstück
eines Stallinterieurs, in dem die Ruhe der Nacht vor-
trefflich wiedergegeben ist, stören die an sich gleich-
gültigen Heiligenscheine die Stimmung und Wahr-
heit des Ganzen bedeutend. Carl Banlzer's „Abend-
mahlsfeier in Hessen" ist durch die scharf gezeich-
neten männlichen und weiblichen Typen ein herzer-
freuendes, echt deutsches Werk, ebenso wie des un-
glücklichen Christian Ludwig Ilolcclmann's „Bewirtung
der Abgebrannten". Ein vorzügliches Bild in kraft-
voller, unbeirrter Farbengebung ist Carl Frithjof
Smith's „Abendsonne", mit den fröhlichen, singen-
den Mädchen, die über die blütenreiche Bergwiese
schreiten.

In der Landschaft, respektive Marine sind Hans
Bartels mit seiner großartigen „Brandung", dem
„Dünenbild" — einer Abendstimmung bei unter-
gehendem ersten Viertel — und Gustav Schönleber
mit der „Hohen Fluth" vorzüglich vertreten, ebenso
Hermann Baiseh mit seiner holländischen „Kuh-
weide" am Wasser, in dem sich Tiere und Himmel
spiegeln, Charles J. Palmie mit seinem „Nachtbild"
und Christian Kröner mit seinem „Herbstwald", in
dem besonders der reich mit Farrenkräutern be-
wachsene Waldboden von überzeugender Naturwahr-
heit ist, ähnlich wie des jugendlichen August Leonhardi
Hochgebirgsbach, ein anspruchloses Sujet von in-
timster Durchführung.

Die Monumentalplastik hat ihren würdigsten
Vertreter in Ludwig Munzel, der in seinem „Frieden
von Waffen geschützt" einer unangenehmen zeitge-
mäßen Wahrheit eine poetische Gestaltung verlieh.
Baumbaeh's „Gebet", eine reiche Frau, die, ihren
plötzlich erkrankten Knaben in den Armen, inbrünstig
zum Himmel um Genesung des Kindes fleht, ergreift
durch das allgemein menschliche Motiv ebenso wie
durch die energische Kraft, mit der es der Künstler
zur Darstellung brachte. Henny Geiger-Spiegel hat
eine treffliche Porträtbüste ausgestellt, die einen leisen
Versuch der Polychronurung wagt. Es ist unbe-

greiflich, dass unsere Marmorbildner in dieser Be-
ziehung noch immer nicht den nötigen Wagemut
besitzen. In der Kleinplastik, und zwar in feinbe-
ärbeiteter, wohlfärbiger Bronze, ist durch zwei Ar-
beiten „Die Schreiberin" und „Die Liegende" der
vielversprechende Ferdinand Lep/ce repräsentirt; Hein-
rich M. Wadere thut sich durch eine Bronzebüste
„Elisabeth", ein reizendes halberblühtes Mädchen,
und Georg Lund durch seine „Singenden Kinder",
die an die Robbia's gemahnen, angenehm hervor.

Unter den Norwegischen Düsseldorfern hat unter
anderen diesmal Ludwig Munthe mit seiner „Winter-
stimmung im Walde" eine vorzügliche Vertretung
gefunden. Sophus Jacobson malte außerordentlich fein
im Ton der Luft und des Wassers die „Kirche della
Salute in Venedig" bei Vollmond. Gussows Schüler
Wilhelm Holter schuf in seinem männlichen Porträt
mit den stillen, tiefen Augen ein Charakterbild, das
sich bleibend einprägt.

Die Ungarn haben ihr Bestes in Porträt, Genre,
Landschaft und Tierstück geleistet. Für das erstere
bürgen Namen wie Julius Iienczur und Leopold Horo-
vüx, letzterer besonders glücklich in dem so köstlich
einfachen und wahren Bild einer Dame mit weißen
Haaren. Unter den jüngeren ist Alexander Bihari,
Arthur Ferraris (sitzende junge Frau in Lebensgröße)
und Philipp Läsxlö mit seinem frappanten Porträt
Liezen-Mayer's zu nennen, sowie Georg Vastagh mit
seinen lebensgroßen Porträts eines Ehepaars auf
einem Bilde, beide „zum Sprechen ähnlich". Im
Genre glänzt Heinrich Pap; sein Bild „Leere Wiege"
mit dem tief'bekümmerten Elternpaare, besonders der
ganz gebrochenen Frau, ist eines der tiefstempfundenen
der ganzen Ausstellung. Würdig reiht sich daran das
humorvolle Volksstück Bihari's „Mein Leiblied", in
dem ein junger ungarischer Bauer den Zigeunern
vorpfeift und mit der Hand taktirt. Durch größte
Intimität ausgezeichnete Werke sind noch Otto von
I!a<lH.'s „Heckenrosen", eine kaum erblühte Dorf-
schöne, die sich ihr Haupt mit wilden Rosen schmückt,
so ein Ungarheideröslein, und Julius Stetktis „Die
Neugierigen" — ein üppiges Mädchen betrachtet einen
Stich nach Carolus Duran, ein junger Mann sieht
unbemerkt zum Fenster herein, — alles von größter
Meisterschaft in der Wiedergabe des Stofflichen —.
Ladislaus Baron Mednyansxky's „Landschaft aus der
Umgegend von Munkäcs" ist vollendet in der Wieder-
gabe des trüben, nebeligen Vormittagslichtes, das, durch
die hinter Wolken stehende Sonne erzeugt, flimmernd
in die Augen sticht; gigantische Baumsilhouetten
bilden den Hintergrund, vorne waten träge Rinder
 
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