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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0062

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»97

Vom Kunstmarkt.

— Vermischtes.

108

gefangen, wenn wir diesen »Königssee in der Kolonie
Grunewald« mit der über dem dunklen Wasser ausge-
spannten bläulich schimmernden Brücke mit der traum-
haften Beleuchtung der Baumwipfel betrachten. Das ist
ein Werk voll romantischer Poesie und doch der Wirk-
lichkeit getreulich nachgeschaffen. Freilich nicht jedem
ohne weiteres zugänglich ist dieser merkwürdige Teil des
Sees; vom Boot aus hat ihn der Maler gemalt. Und fast
von gleich starker, wenn auch anders gearteter Wirkung ist
der »Märkische See«, über dem machtvoll getürmt die
Wolken am Himmel hängen. —

Zum Strande des Meeres führt sodann der Maler. Er
zeigt mehrere Bilder aus der Einsamkeit der Dünen und
der Heide, die Zeugnis geben von schlichter monumen-
taler Auffassung der ewigen Grösse der Natur! Beson-
ders »Abendsonne in den Dünen« nimmt Herz und Sinne
ganz gefangen. —

Unter solchen Meistern der Maierei hat der Bildhauer,
dem keine Farbe zu Gebote steht, gewiss einen sehr
schweren Stand. Aber die Arbeiten von Fritz Klinisch
bestehen nicht nur, sondern sie erhöhen noch den Reiz
dieser Ausstellung! Er zeigt ein paar weibliche Bildnisse
in Statuettenform, die von höchster Anmut und Frische
sind, aber ebenso sehr fesseln seine Porträtbüsten. Schon
die des Professor Woldemar Friedrich fällt, abgesehen von
der sprechenden Aehnlichkeit, auf durch die sichere fein-
fühlige Art, mit der die Form nachgeschaffen ist; noch
mehr aber ist letzteres der Fall bei den Marmorbildern
zweier Damen, die bei aller modernen Auffassung und
Durchführung etwas geradezu Klassisches haben. P- w.

VOM KUNSTMARKT

Venedig. Auktion Bevilacqua- la Masa. Die Ver-
steigerung Bevilacqua-la Masa im Palazzo Pesaro hier ist
beendet, soweit es sich um den Kunstbesitz handelte. Da
der Gesamterlös einem wohlthätigen Zwecke dient, so gingen,
trotzdem nicht viel Hochbedeutendes vorhanden war, die
Preise sehr hoch. Die Gesamtsumme beläuft sich, den Verkauf
der modernen Zimmereinrichtungen nicht mit inbegriffen,
auf 265000 Lire. Von den Preisen welche für Gemälde
erzielt wurden, seien nur einige hier angeführt. — Unter
den wenigen besseren Bildern waren zwei Longhi, Familien-
scenen darstellend, welche der hiesige Principe Giovanelli
für 5000 Lire erstand P. Codde: 3000 Lire. Eine dem
Gaudenzio Ferrari zugeschriebene kleine Madonna:
3200 Lire, eine Sta. Conversazione von Bonifazio, grosses
sehr übermaltes Bild 2000 Lire. C. Roselli? 2000 Lire.
Bildnis in Halbfigur Philipp II. von Spanien angeb. Coello:
2600 Lire. Eine alte Copie nach Tiepolo wurde als Paolo
Veronese mit 1600 Lire bezahlt. Es ist Kleopatra darge-
stellt, welche beim bekannten Gastmahle die Perle in den
Wein wirft (keine Figuren). Jean Breughel, Landschaft mit
kleinen Figuren: 1050 Lire. Madonna des Marco Pal-
mezzano: 1150 Lire. Porträt des Dogen G. Pesaro, dem
Tintoretto zugeschrieben (obgleich der Doge 100 Jahre
später regierte) wurde für das Städtische Museum gekauft.
Weiter wurde für eine bekleidete Halbfigur, eine hl. Mag-
dalena, welche Seb. del Piombo genannt war, obgleich
sie eine Copie nach Lionardo, oder doch aus dessen
Schule stammt, 3800 Lire bezahlt; für ein Bildnis eines
Geharnischten v. Bronzino 1600 Lire. Die bekannte »Ba-
dende« des F. Hayez erzielte 1600 Lire. — Unter den Gegen-
ständen der Plastik, Weberei, Stickerei etc. sei folgendes her-
vorgehoben: Vier Empirekandelaber in vergoldeter Bronze mit
Figürchen gekrönt: 3000 Lire. Teppiche und Gobelins, unter
welchen aber kein hervorragendes war, bewegten sich im

Preise zwischen 2000 und 4000 Lire. — Ein 11 X 4,8o m.
grosser Aubussonteppich ging auf 2300 Lire. Vier Marmor-
büsten Venezianischer Dogen des vorigen Jahrhunderts:
1550 Lire; eine Cafaggiolo-Vase in Flaschenform: 1200 Lire.
16 geschnitzte und vergoldete Armsessel Louis XV. wurden
mit 9900 Lire bezahlt. Ein siebenzehnter sollte dem städti-
schen Museum verbleiben und deshalb nicht im Preise
emporgetrieben werden. Es gelang jedoch nicht der Kauf-
lust zu wehren, bis ein von einer hochherzigen Triester
Dame Beauftragter gleich 700 Lire bot mit dem Zusätze:
»Als Geschenk fürs Museum . Diese Rettung des schönen
Armstuhles wurde mit lebhaftem Beifall von Seiten des
Publikums belohnt. —

Für das städtische Museum wurde ausserdem noch einiges
erstanden: Ein Weihbecken in vergoldetem Metalle, voriges
Jahrhundert, eine schöne orientalische Schärpe in Gold-
stickerei auf Seide; ein grosser Schrein aus Ebenholz mit
Elfenbein- und Bronzeskulpturen zu 1000 Lire. — Für das
sog. Bett des Dogen Pesaro(?), Arbeit des 17. Jahrhunderts,
gingen nur 700 Lire ein. — Eine Anzahl chinesischer Por-
zellane und Majoliken aus Urbino wurden gut bezahlt. —
Auch einiges Meissner Porzellan war vorhanden. Eine
sehr seltsame Gruppe hatte als Hauptstück einen grossen
Ziegenbock, auf welchem August der Starke mit dem Ab-
zeichen der Schneiderzunft reitet. — Der Ziegenbock hat
die Brille auf der Nase, das Bügeleisen und die Schere
zwischen den Hörnern.

Nachdem nun noch der moderne Besitz der Erblasserin
versteigert sein wird, steht der Palast, völlig seines reichen
Inhalts entleert, der Stadtverwaltung Venedigs zur Ver-
fügung. Möchte es nicht allzulange dauern, bis er seine
schöne Bestimmung erfüllen kann, das prachtvolle Gehäuse
der städtischen »modernen Galerie« zu sein und nach dem
Willen der Erblasserin in allen seinen kleineren Räumen
Malerateliers entstehen zu sehen, welche unentgeltlich an
talentvolle, junge, unbemittelte Künstler vergeben werden
sollen.

VERMISCHTES

Karlsruhe. Der 7. Nov. brachte für unsern Kunstverein
ein Ereignis, dessen Bedeutung nicht nur unsere ein-
heimischen Künstler und Kunstfreunde, sondern auch aus-
wärtige Kunstkreise berührt. Es ist die Eröffnung des
neuen Kunstvereinsgebäudes. Der kleine Raum hinter der
Kunsthalle, in dem die Ausstellungen des Karlsruher
Kunstvereins bisher veranstaltet worden sind, hat sich
seit einer Reihe von Jahren als durchaus unzulänglich er-
wiesen und die Vereinsleitung in ihrer Thätigkeit in jeder
Weise gehemmt. Die Räumlichkeiten des neuen Hauses
sind nun über das Mass des unbedingt Notwendigen
hinaus reichlich bemessen und ermöglichen dem Verein
die freieste und vielseitigste Entfaltung seiner Bestrebungen.
So konnte u. a. auch eine Abteilung für Kunstgewerbe ein-
gerichtet und damit einer wichtigen Forderung unserer
Zeit entsprochen werden. Der Architekt Herr Professor
Friedr. Ratzel in Karlsruhe hat seine Aufgabe nach der
künstlerischen und nach der praktischen Seite hin aus-
gezeichnet gelöst. Das Aeussere und Innere ist in frei
behandeltem Barock gehalten. Was die künstlerische
Ausstattung der Innenräume betrifft, so wurde nach dem
weisen Grundsatz verfahren, mit einjachen Mitteln eine
stimmungsvolle Wirkung zu erzielen und jede Ueberladung
zu vermeiden. Die farbige und doch der Bestimmung des
Gebäudes entsprechende, decent gehaltene Behandlung der
Wände verleiht dem Raum einen vornehmen und intimen
Charakter, ohne sich aufzudrängen und die aufgestellten
 
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