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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Sievers, J.: Die Eröffnung der kgl. Nationalgalerie zu Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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Nekrologe — Denkmalpflege — Denkmäler

gebracht worden. So wird sich wohl mancher an
Olaf Qulbranssons köstlichen Karikaturen (Mommsen,
Paul Heyse, d'Annunzio) erlaben, wenn er auch
Schöpfungen von Th. Th. Heine, Rieth, Jüttner und
anderen, die wohl verwahrt in den Schränken ruhen,
vermissen wird. — Der während der Jahrhundert-
ausstellung den Wienern reservierte große Raum ent-
hält die Studientische (leider noch immer in einem
Durchgangszimmer!), an den Wänden in vortrefflicher
Beleuchtung Blätter von Feuerbach, Schwind, Rud.
von Alt, sowie die umfangreicheren Stücke. In dem
anschließenden Gang eine stattliche Anzahl Menzel-
scher Zeichnungen im Verein mit den Arbeiten Franz
Krügers, Leibis, Liebermanns und der vortrefflichen
Künstlerin Käthe Kollwitz, die mit dieser Nachbar-
schaft zufrieden sein darf. Das letzte Zimmer ist
den älteren Vertretern der klassischen Richtung,
Meistern wie Carstens, Preller, Genelli, Kaulbach und
Schinkel eingeräumt. Die Mitte ziert ein schöner
Neuguß von Schadows Gruppe im Schlosse Sanssouci:
Friedrich der Große mit seinen beiden Windspielen.

Die Neugestaltung der Nationalgalerie wird vor
allem aus den Kreisen des Publikums eine verschie-
dene Beurteilung erfahren. So mancher wird ein ihm
liebgewordenes Stück vermissen, das weichen mußte,
um neuen Werken Platz zu machen oder um die
vornehme und übersichtliche Anordnung des Ganzen
zu ermöglichen. Andere werden dieses oder jenes
unter den Neuerwerbungen tadeln, weil es ihrem
persönlichen Geschmacke nicht entspricht: Wie dem
auch sei, jeder wird anerkennen müssen, daß die
Galerie in ihrer Gesamterscheinung jetzt zum ersten-
mal die Höhe der übrigen staatlichen Sammlungen
erreicht hat, eine Höhe, die sie als einziges Museum
moderner Kunst in Berlin haben muß.

J. SIEVERS.

NEKROLOGE

In Neapel ist der Maler Teofilo Patini gestorben.
In Castel di Sangro in den Abruzzen geboren, zeigte er gleich
in seinen ersten Arbeiten große Kraft und außerordentliche
Begabung, das Leben der Armen und Unglücklichen zu
beschreiben. Ein warmes, empfindendes Herz und ein
scharfes, hellsehendes Auge halfen ihm über die größten
Schwierigkeiten hinweg, und sein Bild l'Erede, welches
das Innere einer armen abruzzesischen Bauernstube schildert,
wo neben dem toten Vater ein rosiges Kindchen sein un-
schuldiges Spiel in der Wiege fortsetzt, und das er im
Jahre 1877 ausgestellt hatte, zeigte schon, was man von
dem Maler erwarten konnte. Und er hat das Versprechen
gehalten. Seine Bilder, in denen er das Leben der armen
Landleute schilderte, sind ergreifend im ernstesten Sinne
des Wortes, wie z. B. Le bestie da soma, Vanga e latte.
Mit ihm verliert die neapolitanische Malerschule ihren besten
Meister. Fed. h.

Unlängst ist in Stockholm der schwedische Maler
Ernst Josephsohn (geb. 1851), der schon seit mehreren
Jahren von einem schweren Gemütsleiden heimgesucht
war, gestorben. Ursprünglich Schüler der Stockholmer
Kunstakademie, bildete er sich später hauptsächlich auf
Reisen durch Holland, Frankreich, Deutschland, Italien und
hat seine hier gesammelten Eindrücke bis zum Jahre 1887
in reichem Schaffen verwertet und verarbeitet. Haupt-
schöpfungen seiner Kunst sind die Bilder »David und

Saul«, dann »Sten Sture befreit die Königin von Däne-
mark«, eine Pariser Straßenszene »14. Juli* und das Ge-
mälde »Der Nöck<-. Obwohl man an vielen seiner Bilder
den Einfluß Manets konstatieren kann, war er doch in
seiner Kunst durchaus selbständig und hat sich den herr-
schenden Strömungen oft direkt oppositionell gegenüber
verhalten. Seine Technik wechselte mit der Art der Motive.
Manchmal malte er breit und ohne Modellierung, manch-
mal spitz und ausgepinselt, wie man dies auf seinen »Zi-
garettenarbeiterinnen« sieht.

In Paris ist der Porträtmaler Paul Langlois im Alter
von 48 Jahren gestorben.

DENKMALPFLEGE

Naturdenkmalpflege in Preußen. Das preußische
Kultusministerium hat zur Förderung der Erhaltung von
Naturdenkmälern im preußischen Staatsgebiet eine »Staat-
liche Stelle für Naturdenkmalpflege« errichtet, die einst-
weilen ihren Sitz in Danzig hat und von dem neu er-
nannten Kommissar dieses Zweiges, Professor Dr. Convenz,
verwaltet wird.

Rom. Die Commissione Centrale dclle antichitä e belle
arti hat in ihren Sitzungen über verschiedenes diskutiert,
was die Erhaltung alter Monumente betrifft. Es ist be-
schlossen worden, die Reste der Villa des Dogen von
Genua Simon Boccanegra in San Martino d'AIbenga zu
erhalten. — Was die lange Debatte über die Krönung des
Gesimses der Kirche von Santa Maria della Steccata in
Parma betrifft, hat man entschieden die spätere barocke
Balustrade nicht abzutragen. Das Domkapitel von Nardö
in Sizilien wollte den Dom mit modernen Ornamenten
ausmalen. Die Commissione hat es verboten.

Wiborg in Jütland ist eine jener zahlreichen Bischofs-
städte, deren Vergangenheit den bescheidenen Glanz der
Gegenwart weit überstrahlt. Vor dem Durchdringen des
Christentums (10. Jahrhundert) war es Hauptstadt des
ganzen Landes, und gefüllt mit nationalen Heiligtümern,
worauf auch schon der Name hinweist. Nach der Errichtung
des Bistums (um 1065) behauptete die Stadt eine ähnliche
Stellung; in ihr gab es zwölf Pfarrkirchen und halb so viel
Klöster. Heute hat sie nur noch den berühmten Dom,
Hauptwerk der Granitbausteinkunst (gebaut um 1140, ge-
weiht 1165) und die Kirche des Dominikanerklosters (an-
gelegt 1230). — Vor einigen Wochen traf man beim Ab-
bruche eines größeren Häuserviertels, dessen Hauptteil
lange als Fabrik gedient hat, und das zunächst der Raum-
gier zum Opfer fallen sollte, auf altes Mauerwerk; es muß
ein Kloster gewesen sein. Das Nationalmuseum, dessen
Direktor Dr. Mollerup zugleich als Denkmalpfleger zu
walten hat, ward benachrichtigt und griff sofort ein. Es
stellte sich heraus, daß man es mit den Überresten des
fast verschollenen Budolfiklosters zu tun hat. Das Kloster
war einst mit Nonnen besetzt, war 1263 vorhanden, man
weiß aber nicht einmal die Stiftungszeit und die Regel.
Diese Reste sind, nach Dr. Mollerups Äußerung, das (ab-
gesehen von den Kirchen) schönste überhaupt in Däne-
mark vorhandene Baudenkmal des Mittelalters. Es sind
neue Verhandlungen im Gange und werden alle Kräfte
angestrengt, um das Ganze so sorgsam als irgend möglich
zu bewahren und in Stand zu setzen. Es wird daran ins-
besondere gerühmt, daß es die feinste architektonische
Durchbildung zeige, daß trotz späterer Eingriffe die ur-
sprünglichen Verhältnisse und Formen ausgezeichnet er-
halten seien, und es sogar leicht zu ermöglichen sei, die
ganze alte Klosteranlage herzustellen. Hpt.

DENKMÄLER
Dem italienischen Dichter und Danteforscher Rossetti,
dem Vater des bekannten Präraffaeliten, soll in seiner
 
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