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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0168
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313

Wettbewerbe

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doch die Arbeitskraft seiner Schüler fruchtbar zu machen
(»Byzant. Denkm.« III, 1902). M'schatta bot den Ausgangs-
punkt für die ihn noch heute vorwiegend beschäftigenden
Ursprungsfragen der Islamischen Kunst. In der frühen
Datierung dieses Denkmals, das heute dank seiner An-
regung im Kaiser-Friedrich-Museum steht, scheint Strzy-
gowski zwar bei der Mehrzahl der Spezialforscher keine
Nachfolge zu finden. Auch mag er wohl den arabischen
Anteil an der einzigartigen ornamentalen Kunstschöpfung
der Arabeske unterschätzen. Und doch hat er auch hier
durch den Nachweis der ausschlaggebenden Bedeutung
der Weinranke für diese Ornamentbildung ein unumstöß-
liches Ergebnis gewonnen und mit sicherer Intuition die
hohe Bedeutung der sassanidisch-persischen Kunsttradition
für den dekorativen Stil der frühislamischen Kunst erfaßt,
wie neuere Ausgrabungen sichtlich bestätigen. In dem
mit kühner Hand aufgeführten Gebäude (Jahrb. d. Kgl. Pr.
K.-Samml. 1904) wird vielleicht noch mancher Baustein ver-
setzt werden müssen, größere Teile aber werden schwer-
lich mehr der Spitzhacke der Kritik zum Opfer fallen.

Daß Strzygowski mit seinem leidenschaftlichen An-
greifen jedes neuen Gebiets und seinem Drange zum
Aufspüren noch unerkannter Kräfte der Kunstentwicklung
leicht in die Gefahr ihrer'Überschätzung gerät, wird der
nachfolgende Weggenosse bald erkennen und in solchen
Fällen ruhig sein »ne qüid nimis« sprechen. Das gilt auch
von den Hypothesen über die unmittelbare Verpflanzung
kleinasiatischer, syrischer und mesopotamischer Bau- und
Kunsttormen nach dem Abendlande, deren Wanderung
Strzygowski nach Westen zurückblickend auf verschiedenen
Wegen zu verfolgen versuchte. Ein bedeutsamer berech-
tigter Kern ist unbedingt darin enthalten, wenn auch
manche Zusammenhänge — so z. B. mit der longobar-
dischen Kunst — wohl zu eng geknüpft erscheinen. Die
weitere sichtende Kleinarbeit, zu der er jüngere Kräfte um
sich zu sammeln im Begriff steht, wird hier größere Klar-
heit schaffen. Es ist als verdienstvolle Kulturtat des Öster-
reichischen Unterrichtsministeriums zu begrüßen, daß es
Strzygowski nach fast 20jähriger Lehrtätigkeit an der Grazer
Universität nach Wien berufen und durch Eröffnung eines
neuen kunsthistorischen Instituts in den Stand gesetzt hat,
auf breiterer Grundlage eine Sammelstelle für alle auf die
osteuropäische und die asiatische Kunst unserer Zeitrech-
nung gerichteten Studien und Forschungen zu schaffen.
Krankt doch auch die Kunstgeschichte des abendländischen
Mittelalters im gesamten Betrieb der deutschen Wissen-
schaft bis heute an der mangelhaften Berücksichtigung der
altchristlichen und mittelalterlichen Kunstentwickelung des
Morgenlandes mit Einschluß von Byzanz, obgleich die ver-
altete Anschauung von der vollen Selbständigkeit der west-
europäischen Stilbildung dank den Arbeiten Dobberts,
Strzygowskis, Vöges, Haseloffs u. a. schon lange prinzipiell
für überwunden gilt. Die tägliche Erfahrung akademischer
Übungen lehrt, wie gerade das primitive Kunstwollen der
germanischen Völker in dieser Rechnung mit zwei unbe-
kannten Größen fast regelmäßig verkannt und als das
byzantinische Element angesehen wird. Aber auch die
Entstehung des zeichnerischen Stiles der Gotik und vollends
der trecentistischen Malerei Italiens ist nicht ohne richtige
Einschätzung dieses Faktors zu verstehen. Jedem angehen-
den Kunsthistoriker des Mittelalters ist es deshalb anzu-
raten, sich mit ihm im Wiener Seminar durch ein paar
Semester vertraut zu machen. Möge es Strzygowski ge-
lingen, auch private Unterstützung für die nach Osten ge-
richteten Forschungen seiner Schüler zu gewinnen und so
den kräftigen Lauf der eigenen Lebensarbeit zum breiten
Strome einer fruchtbaren Schule zu erweitern. Damit sei
dieser nachträgliche Glückwunsch beschlossen! o. w.

Dr. Georg Biermann hat eine ehrenvolle und inter-
essante Berufung erhalten; der Großherzog von Hessen
hat ihn nämlich nach Darmstadt gezogen, zur Beratung
seines Kabinetts in Sachen der Kunst, und ihm dabei den
Titel eines Professors verliehen. Es scheint, als wenn
eine Umgestaltung der Darmstädter Künstler-Kolonie ge-
plant ist und daß die Schaffung eines solchen Beirates
damit in Verbindung steht.

Zum Professor ernannt wurde Dr. Edmund Hilde-
brandt, Privatdozent für Kunstgeschichte an der Berliner
Universität. Der Gelehrte, ein Schüler Herman Grimms,
war während der Berliner Wirksamkeit von Geh. Rat
Heinrich Wölfflin dessen Assistent.

Dr. Martin Wackernagel hat sich an der Leipziger
Universität habilitiert, um am dortigen Kunsthistorischen
Institut seine Lehrtätigkeit auszuüben. Der Gelehrte war
bisher Privatdozent an der Universität Halle.

Albert Welti wurde anläßlich seines 50. Geburtstags
von der Universität Zürich zum Ehrendoktor ernannt.

Dr. Julius Baum, Assistent am Museum vaterländischer
Altertümer zu Stuttgart, hat sich an der dortigen Technischen
Hochschule habilitiert.

Der bisherige Privatdozent an der Technischen Hoch-
schule Karlsruhe Dr. August Grisebach hat sich für Kunst-
geschichte an der Berliner Universität neu habilitiert.

Dr. H. H. Josten, der seit einem Jahre als Assistent
des Kunsthistorischen Institutes der Universität Bonn tätig
war, wurde als Direktorialassistent an die städischen Mu-
seen in Aachen berufen.

-f- München. Prinzregent Luitpold von Bayern hat an-
läßlich seines 91. Geburtstages die Maler Karl Becker,
Eugen Kirchner, beide in München, und Ferdinand Pius
Messerschmidt in Solln zu kgl. Professoren ernannt.

Der Archäologe Homolle, der infolge des Diebstahls
derGioconda seiner Stelle als Direktor des Louvre-Museums
enthoben wurde, ist auf Antrag des Kultusministers zum
Direktor der französischen Schule in Athen ernannt worden.

Wien. Das Professorenkollegium der Akademie der
bildenden Künste hat vor einiger Zeit einen Besetzungs-
vorschlag für die seit dem Tode Siegmund L'Allemands
(f 1910) vakante Lehrstelle an der allgemeinen Maler-
schule dem Ministerium vorgelegt. Das merkwürdige an
dem Vorschlage ist, daß auch hier die Kunstpolitik hin-
einspielt. Es ist wohl ein Ternovorschlag, nicht aber nach
der persönlichen Eignung der Vorgeschlagenen abgestuft,
sondern die Auswahl geschah nach der Zugehörigkeit zu
den drei wichtigsten Wiener Künstlervereinigungen (im-
plizite Richtungen): aus der »Künstlergenossenschaft«
(Künstlerhaus) wurde Maler Posch, aus der »Sezession«
Maler und Bildhauer Andri, aus der »Kunstschaugruppe«
Maler Klint vorgeschlagen. Dem Ministerium bleibt die
Entscheidung.

WETTBEWERBE
Die von der Stadt Leipzig erfolgte öffentliche Aus-
schreibung zur Erlangung von Vorschlägen für die städte-
bauliche Ausgestaltung der Frankfurter Wiesen hat
folgendes Ergebnis gehabt: der erste und zweite Preis
wurden zusammengelegt und mit je 12500 Mk. als je ein
erster Preis an Architekt Oskar Lange-Berlin-Wilmersdorf
zusammen mit Carl Lörcher-Stuttgart und an Professor
Bruno Möhring gegeben. Die zwei dritten Preise von je
5000 Mk. fielen an Edmund Neue zusammen mit M.
Vogeler-Weimar und an Ingenieur Carl Mürdel, Archi-
tekt Hans Rummel, Architekt Christoph Rummel-Frank-
 
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