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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0214
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Denkmalpflege — Wettbewerbe — Ausstellungen

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DENKMALPFLEGE

Denkmalpflege innerhalb des Regierungsbezirks
Wiesbaden im Jahre 1911. Die Erhaltung und Pflege der
Beispiele ländlicher Holzbaukunst, an denen Nassau noch
reich ist, nahm auch 1911 die Tätigkeit der Denkmalpflege in
Anspruch. Es wurden Fackwerkhäuser in zahlreichen Orten
behandelt, so in Maxsain, das in dem Oöblerschen Hause
eines der merkwürdigsten Holzhäuser im Bezirk besitzt.
Aus den sonstigen Fällen, mit denen sich die Denkmals-
pflege im Jahre 1911 zu beschäftigen hatte, seien nach dem
»Rhein. Courier« die folgenden besonders hervorgehoben:
Für die Instandsetzung der nicht mehr dem Gottesdienst
dienenden alten Barbarakirche in Braubach als historisches
Bauwerk wurden vom Landesausschuß Mittel bewilligt.
In dem Turn- und Taxisschen Palais in Frankfurt a. M.
wurde die Herstellung der Malereien mit der großen Mittel-
kuppel dem Maler Heinz Wetzel, Lehrer der dortigen
Kunstgewerbeschule, übertragen. Das Kuppelgemälde um
1740 von Lucas Anton Colomba gemalt, zeigte sich nach
vorsichtiger Reinigung so wohlerhalten, daß es zu seiner
Herstellung nur einer mit großer Zurückhaltung vorge-
nommenen Ausbesserung einzelner durch Zersetzung der
alten Ölfarbe verdorbener Stellen bedarf. Bei einer im
Frühjahr 1911 vorgenommenen Untersuchung durch den
Maler Ballin fanden sich in der Sakristei der Deutsch-
Ordenskirche in Sachsenhausen unter dem Anstrich wert-
volle Gemälde. Die Herstellung der spätgotischen Michaels-
kapelle in Kiedrich ist beendet worden. Das 1733 erbaute
Schiff der evangelischen Kirche in Marienfels, der ältesten
Kirche im Einrichgau, soll einer durchgreifenden Herstel-
lung nach den Plänen des Architekten Hofmann-Herborn
unterzogen werden. An der baugeschichtlich so wertvollen
Ruine Reichenberg wurden umfassende Renovierungsarbeiten
vorgenommen. Die Errichtung von Ortsstatuten gegen
Verunstaltung auf Grund des Gesetzes vom 15. Juli 1907
nahm einen erfreulichen Fortgang. Bei der Beratung dieser
Statute wurde der Bezirkskonservator Professor Luthmer-
Frankfurt a. M. zugezogen.

WETTBEWERBE

Berlin. Der für das Jahr 1912 auf dem Gebiete der
Landschaftsmalerei ausgeschriebene Preis der Karl Blechen-
Stiftung im Betrage von 1500 Mark zu einer Studienreise
nach Italien, den die Kgl. Akademie der Künste zu ver-
geben hat, ist dem Maler Kurt Albrecht in Charlottenburg
zuerkannt worden.

Athen. Im Wettbewerbe um Entwürfe für den
neuen Justizpalast waren zwölf Arbeiten eingelaufen.
Das Preisgericht, dem u. a. E. v. Ihne in Berlin, Camizzaro
in Rom und Louis Bernier in Paris angehörten, beschloß,
die beiden zur Verfügung stehenden Preise von 20000 und
8000 Francs nicht zu verteilen. Aus dem ersten Preis
wurden zwei Preise von je 10000 Francs gebildet und
Guidetti und Nicloudis in Paris, beides Schüler der Ecole
des Beaux-Arts, zugesprochen.

AUSSTELLUNGEN

Brünn. Das Brünner Erzherzog Rainer-Museum zeigt
eine ungemein reich beschickte »Ausstellung von Hand-
zeichnungen moderner Künstler«, die eine Art Ergänzung
zu der 1910 vom Museum veranstalteten Ausstellung alter
Handzeichnungen aus mährischem Privatbesitz bildet. An
der diesjährigen Ausstellung beteiligen sich die Wiener
und Berliner Sezession, die Münchner »Scholle«, der Karls-
ruher Künstlerbund und der Bund zeichnender Künstler
in München. Die Ausstellung gibt einen sehr glücklichen

Uberblick über die einzelnen Temperamente der modernen
Kunst und ihre Ziele. Sie bleibt bis Mitte Mai geöffnet.

Straßburg i. Eis. Im Elsässischen Kunsthaus sind
seit dem 4. April eine größere Anzahl Werke des Malers
Heinrich Ebel zu einer Sonderausstellung vereinigt. Sein
Bestes leistet der Künstler in seinen Temperabildern, wo-
gegen die Ölgemälde erheblich zurückstehen. Lichtpro-
bleme der mannigfaltigsten Art sind es, was Ebel am in-
tensivsten beschäftigt und worin er eine selbständige
Darstellungsweise ausgebildet hat. Die Bilder behandeln
dementsprechend mit wenigen Ausnahmen die untergehende
Sonne, den Vollmond, Laternen und Lichter in Nachtbildern
und Lampenlicht in Innenräumen. Die eigentümlich strenge
und gewissenhafte Beobachtung, die aus seinen Arbeiten
spricht, hat dem Künstler bereits auf den Berliner Aus-
stellungen der letzten Jahre vielseitige Anerkennung ge-
bracht. Für die Gesamtwirkung der Kollektivausstellung
wäre eine größere Beschränkung der Zahl wohl wünschens-
wert gewesen.

London. Werke der »Internationalen Gesellschaft
der Bildhauer, Maler und Kupferstecher« sind zurzeit
dem Publikum in der Grafton-Gallery zur Besichtigung
geboten. Leider muß vornherein gesagt werden, daß diese
zwölfte Ausstellung der »International Society of Sculptors,
Painters and Gravers«, deren Präsidenten Auguste Rodin
und William Strang sind, von allen bisher abgehaltenen
die am wenigsten befriedigende ist. Mit Ausnahme von
etwa zwei Dutzend unter 365 Kunstwerken, erhalten wir
den Eindruck des Niederganges der in den ersten Ent-
stehungsjahren so blühenden Gesellschaft. Gegründet
wurde sie durch das Bestreben, nicht in die Abhängig-
keit Whistlers zu geraten oder als sein Schatten zu gelten.
Im allgemeinen läßt die Atmosphäre Jugend, Überzeugung
und Kraft vermissen. Die beiden großen Gefahren, denen
die Kunst Englands zurzeit ausgesetzt ist, sind teils kosmo-
politischer, teils provinzialer Natur. Wenn nun eine aus-
wärtige Kunst so geartet erscheint, daß sie wirklich vor-
bildlich zu wirken vermag, so kann zwar nationale Eigenart
leiden, indessen die Gesamtheit gewinnt. Hier ist jedoch
z. B. Manet, Courbet, Carriere, J. F. Millet, Sisley und Renoir
so schwach vertreten und das dargebotene rein Englische
erreicht kaum das Niveau einer mittleren Provinzialkunst,
daß von einer voraussichtlichen Hebung und Förderung
der Kunst nicht die Rede sein kann. Gegen den Grund-
satz, die besten Werke verstorbener Meister neben die von
lebenden Künstlern zu hängen, ist an und für sich nichts
einzuwenden, allein schädigend muß es nach mancherlei
Richtungen hin wirken, wenn es Gemälde dritten Ranges
sind und den Eindruck der Verehrung von Reliquien hervor-
rufen. In Gauguins figürlichem Bilde »Atelier« besitzen
wir ein Bindeglied mit den lebenden Künstlern. Ein vor-
zügliches Bild von William Nicholson, »John und Arthur
Fitzgerald« (Nr. 7), gehört eigentlich nicht in diese Aus-
stellung, da von modernstem Stil oder Schule absolut keine
Rede sein kann. Daß unter einer so erheblichen Reihe
von ausgestellten Gemälden sich glücklicherweise eine wenn
auch verhältnismäßig nur geringe Anzahl von guten Werken
vorfindet, soll mit Genugtuung vermerkt werden. Zu
dieser Kategorie gehören unter anderen: Charles Ricketts
»Cleopatra«, John Laverys »Die Bergspitze«, Camerons
»Landschaft«, CharlesShannons »Waldnymphe«, W.Graeves
»Porträt« und Peppercorns »In der Nähe von Porchester«.
Kleinere ausgezeichnete Gemälde voller Stimmung, an und
für sich anspruchslos sind Henry Muhrmans landschaftliche
Szenerien, Miß J. Richters »Bucht von Terracina«, sowie
G. Sauters »The Rose Rhine« und »Herbstblätter«.

O. v. Schleinitz.
 
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