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Funde — Denkmalpflege — Ausstellungen
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Als Nachfolger des Graphikers Sir Charles Holroyd
ist jetzt Professor J. K. Holmes zum Direktor der Londoner
Nationalgalerie ernannt worden. Holmes, der Dozent in
Oxford und Herausgeber des Burlington-Magazine war, ist
Landschafter und hat u. a. ein Buch über die Lehre vom
Malen sowie eine Biographie von Constable geschrieben.
Louis Tuaillon ist zum' Mitgliede der Dresdner Kgl.
Akademie der bildenden Künste ernannt worden. Gleich-
zeitig erhielt diese Auszeichnung Gustav Klimt, der her-
vorragende Wiener Maler.
FUNDE
Deckengemälde von Ferdinand Bol in einem alten
Amsterdamer Haus. In einem Haus in der St.-Antonie-
bree-straat in Amsterdam (Nr. 67) hat man kürzlich zwei
alte, unter einer dicken Schmutzschicht ganz verborgene
Plafondgemälde entdeckt. Da Rembrandt ganz in der Nähe
gewohnt hatte und das Haus einem Freunde des Meisters
gehört hatte, hoffte man schon mit einem Werk von seiner
Hand zu tun zu haben. Nachdem die Bilder aber nach
dem Städtischen Museum überführt und dort einer gründ-
lichen Reinigung unterzogen worden waren, stellte es sich
heraus, daß es sich höchstens um Schülerarbeit handelte,
und man erkannte Ferdinand Bol als den Schöpfer der Bilder.
Es sind Deckenfüllungen von länglichem Format, die an der
Querseite abgerundet sind. Auf dem einen ist der Kampf
Jakobs mit dem Engel dargestellt, auf dem andern der
Besuch Gottvaters und zweier Engel bei Abraham. ' * * *
DENKMALPFLEGE
Die Wandgemälde Wilhelms von Kaulbach im
Treppenhause des Berliner Neuen Museums werden
zurZeit einer durchgreifenden Wiederherstellungunterzogen.
Schon seit Jahren bestand der Plan, die Fresken, die außer
den ganz durchgehenden Sprüngen des Mauerwerks auch
noch durch die Zeit recht matt in der Farbe geworden sind,
wiederherzustellen, und ein chemisches dafür geeignetes Ver-
fahren war mehrfach ausgeprobt worden. Die letzten Versuche
ergaben ein sehr günstiges Resultat, die Farbe leuchtet in
ganz neuer Frische auf. Deshalb ist jetzt ein großes Ge-
rüst aufgebaut worden, und die eine Wand des Treppen-
hauses mit dem Fall Babels, der Blüte Griechenlands und
der Zerstörung Jerusalems wird jetzt wiederhergestellt.
Dann soll die andere Folge an die Reihe kommen.
Der Lettner in Dixmuiden. Die deutsche Heeres-
leitung hat aus den Trümmern der Pfarrkirche in Dixmuiden
die Reste des beim Bombardement zerstörten berühmten
Lettners bergen lassen. Über die Ergebnisse berichtet der
Direktor des Kölnischen Kunstgewerbemuseums, Professor
Max Creutz, in der Zeitschrift für christliche Kunst. Natür-
lich handelt es sich nur um eine Brockensammlung, aber
auch diese Reste sind noch von höchster Schönheit. Außer-
dem fanden sich viele große Sandsteinblöcke mit Köpfen
und Gestalten von Mönchen und Propheten, die bisher im
Dunkel der Gewölbe so gut wie verborgen geblieben waren.
Sie stammen aus der frühgotischen Bauperiode der Kirche
und sind etwa in der Art der Drolerien auf dem Chorgestühl
des Kölner Doms und verwandter Holzplastik der Samm-
lung Schnütgen gehalten. Im Verlaufe der weiteren Auf-
räumungsarbeiten kamen Fragmente und Bestandteile aus
den verschiedensten Zeiten der Baugeschichte der Kirche
zutage. Die meisten sind stark beschädigt durch den Brand,
den die Beschießung hervorgerufen hatte.
AUSSTELLUNGEN
München. Der Bau eines großen neuen Ausstellungs-
hauses der Münchener »Sezession«, die bekanntlich im
Herbst das Gebäude am Königsplatz verlassen muß, ist
nunmehr gesichert. Auf dem vom Staat zur Verfügung
gestellten Bauplatz auf einem Teil des alten Botanischen
Gartens wird sich das neue Heim erheben können dank der
Stiftung von einer Viertelmillion Mark, die der vom Bay-
rischen König kürzlich geadelte Herr Philipp in Leipzig
der Sezession für diesen Zweck hat zukommen lassen. — Das
Schicksal der Sezessionsgalerie, über die ich vor Jahresfrist
berichtet habe, ist noch immer unentschieden. a. l. m.
Wien. Im Laufe der letzten Jahre sahen wir, wie dem
Impressionismus die geistigen Grundlagen und die Aus-
drucksmittel zerbröckelten und verdorrten; in diesen all-
mählichen Prozeß trat der Krieg als ein ungeheuerer Kehr-
aus, in seinem Scheiterhaufen verbrennt erbarmungslos und
restlos alle Kunst, die nicht aus einem inneren Erlebnis ihr
Recht und ihre Kraft schöpft. Diese Lehre wird auch in der
Kunstausstellung, die das österreichische Kriegspresseamt im
Rahmen der allgemeinen Kriegsausstellung veranstaltet,
deutlich, obwohl das dargebotene Material ein über-
aus bescheidenes ist; sogar in der Durchschnittsproduktion
ist die Kurve deutlich ausgeprägt, die der allgemeine Kunst-
verlauf bildet. Die Aussteller sind größtenteils als »Kriegs-
maler« bestallt, von Anfang an bestimmt gewesen, den
Ereignissen mit Stift und Pinsel zu folgen; sie erhielten
das vielbeneidete Vorrecht, die ungeheuere Zeitgeschichte
zum Modell zu haben, der Krieg wurde ihnen vorgeführt,
sollte nicht ihnen zu allererst jene neue Größe, jene neue
Wucht und Kraft zugute kommen, mit denen der Krieg
alle Tätigkeit, nicht zuletzt das künstlerische Schaffen be-
fruchten soll, befruchten muß? Aber wir sehen, daß sich
an diesen berufenen Künstlern schneller als an uns anderen
der unnennbare Greuel vollzog, daß der Krieg aus einem
Ereignis ein Zustand, aus einer Weltkatastrophe ein All-
tagsschauspiel wurde, die meisten waren ohnmächtig dar-
zustellen, was sie nicht erlebt hatten, was sie — einem
Mißverständnis vorzubeugen — vielleicht als Menschen,
Volksgenossen, sogar als Mitkämpfer erlebt, aber nicht als
Künstler mit einer neuen Lebendigkeit durchdrungen hatten,
in der das Schaffen erst wurzelt. Ihre impressionistische
Schulung, ihre impressionistische Gesinnung hinderte sie,
die Wirklichkeit in ihrer Gewalt und Einzigartigkeit zu er-
fassen; die Dinge, an deren äußerem Schein sie haften
blieben, sind in nichts von dem verschieden, was sie sonst
in friedlichen Tagen zu malen gewohnt gewesen waren;
und so sind fast alle trotz Titel und Inhalt ihrer Werke
alles andere als Kriegsmaler. Wenn ein Offizier wie Lud-
wig Heßhaymer in seinen Blättern eine Ausdrucksweise
zeigt, die man nur als zierlich bezeichnen kann, — so sehr
ist ihm das wahrscheinlich mit tiefer Erregung Durchge-
machte zu bloßer Form geworden — wieviel weniger
verwunderlich ist es, ein zu Krümeln zerschossenes Werk
von Przemysl von Luigi Kasimir mit der gleichen lieblos-
liebevollen Treue gezeichnet zu finden, mit der er sonst
den Edelrost der Zeit an einem Alt-Wiener Häuschen nach-
bildete, den »Lovcen« von Karl Ludwig Prinz wie einen
Sonntagsausflugsberg gemalt, in den Bildnissen von Schatten-
stein und Adams dieselbe elegante Glätte, mit denen sonst
Modedamen und Theaterhelden wiedergegeben waren, auf
die Feldherren angewendet zu sehen, in deren Händen und
Köpfen nun unser Schicksal liegt. Alle diese Maler sind nicht
schlechter geworden als sie waren; aber an dem krassen
Mißverhältnisse zwischen Aufgabe und Lösung merken wir
deutlicher, daß ihre Geschicklichkeit eben nur auf die gefühls-
armen Gegenstände des Alltags angewendet erträglich war,
daß sie aber im eigentlichen Sinn des Wortes wohl nie-
Funde — Denkmalpflege — Ausstellungen
414
Als Nachfolger des Graphikers Sir Charles Holroyd
ist jetzt Professor J. K. Holmes zum Direktor der Londoner
Nationalgalerie ernannt worden. Holmes, der Dozent in
Oxford und Herausgeber des Burlington-Magazine war, ist
Landschafter und hat u. a. ein Buch über die Lehre vom
Malen sowie eine Biographie von Constable geschrieben.
Louis Tuaillon ist zum' Mitgliede der Dresdner Kgl.
Akademie der bildenden Künste ernannt worden. Gleich-
zeitig erhielt diese Auszeichnung Gustav Klimt, der her-
vorragende Wiener Maler.
FUNDE
Deckengemälde von Ferdinand Bol in einem alten
Amsterdamer Haus. In einem Haus in der St.-Antonie-
bree-straat in Amsterdam (Nr. 67) hat man kürzlich zwei
alte, unter einer dicken Schmutzschicht ganz verborgene
Plafondgemälde entdeckt. Da Rembrandt ganz in der Nähe
gewohnt hatte und das Haus einem Freunde des Meisters
gehört hatte, hoffte man schon mit einem Werk von seiner
Hand zu tun zu haben. Nachdem die Bilder aber nach
dem Städtischen Museum überführt und dort einer gründ-
lichen Reinigung unterzogen worden waren, stellte es sich
heraus, daß es sich höchstens um Schülerarbeit handelte,
und man erkannte Ferdinand Bol als den Schöpfer der Bilder.
Es sind Deckenfüllungen von länglichem Format, die an der
Querseite abgerundet sind. Auf dem einen ist der Kampf
Jakobs mit dem Engel dargestellt, auf dem andern der
Besuch Gottvaters und zweier Engel bei Abraham. ' * * *
DENKMALPFLEGE
Die Wandgemälde Wilhelms von Kaulbach im
Treppenhause des Berliner Neuen Museums werden
zurZeit einer durchgreifenden Wiederherstellungunterzogen.
Schon seit Jahren bestand der Plan, die Fresken, die außer
den ganz durchgehenden Sprüngen des Mauerwerks auch
noch durch die Zeit recht matt in der Farbe geworden sind,
wiederherzustellen, und ein chemisches dafür geeignetes Ver-
fahren war mehrfach ausgeprobt worden. Die letzten Versuche
ergaben ein sehr günstiges Resultat, die Farbe leuchtet in
ganz neuer Frische auf. Deshalb ist jetzt ein großes Ge-
rüst aufgebaut worden, und die eine Wand des Treppen-
hauses mit dem Fall Babels, der Blüte Griechenlands und
der Zerstörung Jerusalems wird jetzt wiederhergestellt.
Dann soll die andere Folge an die Reihe kommen.
Der Lettner in Dixmuiden. Die deutsche Heeres-
leitung hat aus den Trümmern der Pfarrkirche in Dixmuiden
die Reste des beim Bombardement zerstörten berühmten
Lettners bergen lassen. Über die Ergebnisse berichtet der
Direktor des Kölnischen Kunstgewerbemuseums, Professor
Max Creutz, in der Zeitschrift für christliche Kunst. Natür-
lich handelt es sich nur um eine Brockensammlung, aber
auch diese Reste sind noch von höchster Schönheit. Außer-
dem fanden sich viele große Sandsteinblöcke mit Köpfen
und Gestalten von Mönchen und Propheten, die bisher im
Dunkel der Gewölbe so gut wie verborgen geblieben waren.
Sie stammen aus der frühgotischen Bauperiode der Kirche
und sind etwa in der Art der Drolerien auf dem Chorgestühl
des Kölner Doms und verwandter Holzplastik der Samm-
lung Schnütgen gehalten. Im Verlaufe der weiteren Auf-
räumungsarbeiten kamen Fragmente und Bestandteile aus
den verschiedensten Zeiten der Baugeschichte der Kirche
zutage. Die meisten sind stark beschädigt durch den Brand,
den die Beschießung hervorgerufen hatte.
AUSSTELLUNGEN
München. Der Bau eines großen neuen Ausstellungs-
hauses der Münchener »Sezession«, die bekanntlich im
Herbst das Gebäude am Königsplatz verlassen muß, ist
nunmehr gesichert. Auf dem vom Staat zur Verfügung
gestellten Bauplatz auf einem Teil des alten Botanischen
Gartens wird sich das neue Heim erheben können dank der
Stiftung von einer Viertelmillion Mark, die der vom Bay-
rischen König kürzlich geadelte Herr Philipp in Leipzig
der Sezession für diesen Zweck hat zukommen lassen. — Das
Schicksal der Sezessionsgalerie, über die ich vor Jahresfrist
berichtet habe, ist noch immer unentschieden. a. l. m.
Wien. Im Laufe der letzten Jahre sahen wir, wie dem
Impressionismus die geistigen Grundlagen und die Aus-
drucksmittel zerbröckelten und verdorrten; in diesen all-
mählichen Prozeß trat der Krieg als ein ungeheuerer Kehr-
aus, in seinem Scheiterhaufen verbrennt erbarmungslos und
restlos alle Kunst, die nicht aus einem inneren Erlebnis ihr
Recht und ihre Kraft schöpft. Diese Lehre wird auch in der
Kunstausstellung, die das österreichische Kriegspresseamt im
Rahmen der allgemeinen Kriegsausstellung veranstaltet,
deutlich, obwohl das dargebotene Material ein über-
aus bescheidenes ist; sogar in der Durchschnittsproduktion
ist die Kurve deutlich ausgeprägt, die der allgemeine Kunst-
verlauf bildet. Die Aussteller sind größtenteils als »Kriegs-
maler« bestallt, von Anfang an bestimmt gewesen, den
Ereignissen mit Stift und Pinsel zu folgen; sie erhielten
das vielbeneidete Vorrecht, die ungeheuere Zeitgeschichte
zum Modell zu haben, der Krieg wurde ihnen vorgeführt,
sollte nicht ihnen zu allererst jene neue Größe, jene neue
Wucht und Kraft zugute kommen, mit denen der Krieg
alle Tätigkeit, nicht zuletzt das künstlerische Schaffen be-
fruchten soll, befruchten muß? Aber wir sehen, daß sich
an diesen berufenen Künstlern schneller als an uns anderen
der unnennbare Greuel vollzog, daß der Krieg aus einem
Ereignis ein Zustand, aus einer Weltkatastrophe ein All-
tagsschauspiel wurde, die meisten waren ohnmächtig dar-
zustellen, was sie nicht erlebt hatten, was sie — einem
Mißverständnis vorzubeugen — vielleicht als Menschen,
Volksgenossen, sogar als Mitkämpfer erlebt, aber nicht als
Künstler mit einer neuen Lebendigkeit durchdrungen hatten,
in der das Schaffen erst wurzelt. Ihre impressionistische
Schulung, ihre impressionistische Gesinnung hinderte sie,
die Wirklichkeit in ihrer Gewalt und Einzigartigkeit zu er-
fassen; die Dinge, an deren äußerem Schein sie haften
blieben, sind in nichts von dem verschieden, was sie sonst
in friedlichen Tagen zu malen gewohnt gewesen waren;
und so sind fast alle trotz Titel und Inhalt ihrer Werke
alles andere als Kriegsmaler. Wenn ein Offizier wie Lud-
wig Heßhaymer in seinen Blättern eine Ausdrucksweise
zeigt, die man nur als zierlich bezeichnen kann, — so sehr
ist ihm das wahrscheinlich mit tiefer Erregung Durchge-
machte zu bloßer Form geworden — wieviel weniger
verwunderlich ist es, ein zu Krümeln zerschossenes Werk
von Przemysl von Luigi Kasimir mit der gleichen lieblos-
liebevollen Treue gezeichnet zu finden, mit der er sonst
den Edelrost der Zeit an einem Alt-Wiener Häuschen nach-
bildete, den »Lovcen« von Karl Ludwig Prinz wie einen
Sonntagsausflugsberg gemalt, in den Bildnissen von Schatten-
stein und Adams dieselbe elegante Glätte, mit denen sonst
Modedamen und Theaterhelden wiedergegeben waren, auf
die Feldherren angewendet zu sehen, in deren Händen und
Köpfen nun unser Schicksal liegt. Alle diese Maler sind nicht
schlechter geworden als sie waren; aber an dem krassen
Mißverhältnisse zwischen Aufgabe und Lösung merken wir
deutlicher, daß ihre Geschicklichkeit eben nur auf die gefühls-
armen Gegenstände des Alltags angewendet erträglich war,
daß sie aber im eigentlichen Sinn des Wortes wohl nie-