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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 57.1921/​1922 (März - September)

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Nr. 36
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39787#0183
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Nochmals »Ein Bamberger Engel'

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gründe? Bedenklich fiimmt gegen die Echt»
heitsthefe die Identität des Materials der
der Überlieferung nach 1731 gearbeiteten
Deckplatte und der Reliefs. Können aber
nicht b e i d e aus altem, urfprünglichem Ma-
terial fein? Ein Sprung im Stein fpricht für
wenig fchonfame Behandlung, die man eher
der Zeit vor 1731 Zutrauen möchte. Ilt
nun, wie angenommen werden muß, an der
Deckplatte 1731 gearbeitet worden, dann
gefdiah vielleicht auch etwas an den Re»
liefs. Würde die Hypothefe einer barocken
Überarbeitung den unangenehm feifigen
Oberflächencharakter, den Mangel an Präzi»
fion in der Handlchrift, das fcheinbar »Ma-
lerifche«, nicht zur genüge erklären? Ilt
das nicht auch äußerlich wahrfcheinlicher als
eine völlig neue Arbeit nach — damals
doch ficher noch vorhandenen, nachher aber
angeblich verfchwundenen — älteren Vor»
lagen?
Entlcheidend aber find die inneren Grün»
de. Und diefe fprechen für die Echtheit,
wenn man die unwahrfcheinlichlte Möglich»
keit einer rein mechanifchen Übertragung
beifeite tuen darf.
1. Der Flachreliefltil ilt der gleiche wie
an der Figur des Bamberger Grabes von
Bilchof Günther im Georgenchor, die der
gleichen Werkfiatt entfiammt, auch wie an
Reliefs der Goldlchmiedekunfi im 13. Jahrh.,
etwa denen des Marburger Blifabeth»
fchreines. Schmitt erklärt, ohne folche Ana-
logien, von denen er die nächltliegende
felber abbildet, heranzuziehen, daß diefer
Relieffii! nicht der der Zeit fei. Barocke
Übertragung aus einem erhabeneren, frei
plafiifcheren Relief in die Fläche foll es fein.
Alfo doch wohl der Flachreliefltil des acht»
zehnten? Das »Verfagen« in der Verkür»
zung bemerkt auch Schmitt. Daß es fich hier
um eine ausgefprochen vorperfpektivifche,
eben die frühgotilche Gefialtungsweife han-
delt, verkennt er. Der Reliefltil des acht»
zehnten läßt jede Figur von fich aus Raum
erzeugen, auch wo kein ausgefprochener
Hintergrund gegeben ilt. Ilt das etwa in
Bamberg der Fall?
2. Die Handfchrift — wenn auch durch
barocke Überarbeitung verwifcht — ilt die
des Meiffers, der am Fürltenportal das
Tympanon, die unverwitterten Figuren des
rechten Gewändes, Abrahams Sdioß und

den blafenden Engel gemacht hat. Man
vergleiche die Aktbehandlung vom Fluß»
gott des Grabes mit der des Teufels, der
die Verdammten zerrt, in der Gerichtsfzene!
Weiter die Profile der »Fortitudo« und des
den König heranführenden Engels! Vor
allem das Temperament der die Furchen
und Löcher gleichfam ausfpritzenden Hand»
fchrift und der fo ungemeinen Beweglichkeit
mancher Figuren! Dem großen Meifier
der Heimfuchung, dem ich auch Reiter und
inneren Engel gebe, dem der Ekklesia
und Synagoge und der Adamspforte»
Werkfiatt ifi diefes Temperament durchaus
fremd. <Über meine von den bisherigen
Meinungen abweichende Meifieraufteilung
vgl. Anmerkungen meines oben zitierten
Sammelbandes !>
Warum arbeitet der Meifier des Tym»
panons, wenn er es ifi, — wird man hier
einwenden — plötzlich in diefem ihm ur»
fprünglich fcheinbar ganz fremden Flachfiil?
Ifi folches Umfpringen in eine andere Weife
frühgotifchen Meifiern nicht durchaus fremd?
Die Gründe müllen äußerer Art gewefen
fein. Der Fall hat eine Parallele im vier»
zehnten; die Marmorfiguren des Hochaltars
vom Kölner Dom. Keine Reliefs/ dennoch
ganz in der Fäche gearbeitet, während alles
Nächftverwandte — z. T. von derfelben
Hand — {Sarkophagfiguren in Marburg,
Marmormadonnen in der Aachener Münfier»
vorhalle, im Kölner Kunffgewerbemufeum
ufw.) vollplafiifcher ifi. Auf die vorauszu»
fetzende Urfache hat mich Fr. Witte freund»
lichfi hingewiefen. Die Marmorplatten wur»
den vermutlich in befiimmter Form und
Dicke importiert, fo daß ein Arbeiten in hö»
herem Relief nicht möglich war. Ähnlich
wird es auch in Bamberg gewefen fein.
Ob nicht auch die Deckplatte urfprünglich
den dann mehrfach nachher nachgeahmten
im Profil fchreitenden Papfi in ähnlichem
Flachfiil trug ? Die Maße der Papfifigur am
Georgenchor fiimmen zu denen der Platte
durchaus nicht fo ausgezeichnet. Hier ifi
aber nichts Felles mehr zu greifen.
Die Frage der Echtheit der Konzeption
der Papfigrabreliefs ifi, wenn man das Pro-
blem richtig fiellt, von fo entlcheidender Be» ,
deutung, daß es allerdings ein Verdien!!
war, ihre Erörterung in Fluß gebracht zu
haben. Beenden
 
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