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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Der Verein Berliner Künstler und die Verloosung von Kunstwerken für den Bau eines Künstlerhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0312
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rend die Künstler in Händen der Kunsthändler, wie ja bekannt, übermässig ge-
schröpft werden.
Nach aussen hin steht der Verein in regem Verkehr mit allen Local-Vereinen
der „Deutschen Kunstgeuossenschaft“, dessen Glied er ist, und in dessen
Interesse er sich bei allen Versammlungen und Berathungen ausserhalb durch De-
legirte vertreten lässt, das allgemeine deutsche Kunstinteresse zu fördern. Auch
ist zu einem internationalen Zusammenwirken jetzt der erste Schritt gethan, da in
jüngster Zeit Beziehungen zu Russland angeknüpft sind, und ein Austausch von
photographischen Reproductionen beschlossen wurde. Der Vorstand des Vereins
Berliner Künstler, der zugleich Haupt-Vorstand der Deutschen Kunstgenossenschaft
ist, besteht äusser dem Vorsitzenden Professor Steffeck aus sechs Mitgliedern.
Als Rechts-Beistand vertritt den Verein der Rechtsanwalt und Notar Levin. Der
Verwaltungsrath der Dahrlehnscasse und die Costüm-Commission bestehen aus je
5 Mitgliedern. Zum Vorstand gehören noch eine Anzahl Vertrauensmänner, eine
Ausstellungs-Commission und ein Verwaltungs-Ausschuss; ausserdem hat der Verein
für den geschäftlichen Verkehr zwei besoldete Büreau-Beamte. Die Zahl der activen
einheimischen Mitglieder ist auf 284, der Ehren-Mitglieder auf 19, der auswärtigen
auf 72, der ausserordentlichen auf 150 angewachsen, es ergiebt sich also eine Zahl
von 525 Mitgliedern.
Wenn nun jetzt der Verein von Neuem danach strebt, sich ein eigenes Haus
zu bauen, so ist das in Ansehung seiner Bedeutung zur Nothwendigkeit geworden,
aber auch durch die bedeutend gesteigerten, doch berechtigten, Ansprüche, ein sehr
schwieriges Unternehmen.
Die Zeit wird es lehren und das Resultat der Bestrebungen, wie weit auch
ideale Zwecke, die dem Verein bei dieser Gründung vorschweben, Berücksichtigung
finden können. Und gerade diese idealen Zwecke möchten wir in Ansehung ihrer
Wichtigkeit für die Kunst-Entwickelung besonders betonen, und von Herzen wün-
schen, dass sie ermöglicht werden können, wir meinen die Errichtung einer Kunst-
schule. Es ist uns nicht bekannt, in wie weite Fernen gerade dieser Zweck vom
Vereine hinausgeschoben ist, dass es aber einer der edelsten Wünsche ist, bleibt
zweifellos. Die in Aussicht gestellte Reorganisation der königl. Akademie bietet
noch keine Garantien, dass diese Angelegenheit wirklich im Geiste der modernen
Kunst-Entwickelung gefördert wird. Würde es daher dem Verein (der Corporation
der tüchtigsten Kräfte, die Berlin aufzuweisen hat) gelingen, neben der Gründung
eines Künstlerhauses auch durch Verwirklichung dieser idealen Bestrebungen der
königl. Akademie die Wege zu zeigen, die sie seit länger als 30 Jahren hätte ein-
schlagen müssen, dann wäre der höchste Zweck erreicht, und unsere junge Künstler-
schaft brauchte nicht mehr mit Sehnsucht nach Düsseldorf, Karlsruhe, Mün-
chen oder Paris zu blicken.
So hat denn der Verein eine Ausstellung von Kunstwerken veranstaltet, deren
Zahl nach Einsendung des noch Fehlenden auf ungefähr 190 anwachsen wird; mehr
als die Hälfte der activen Mitglieder ist bei diesem Opfer betheiligt, das dem ge-
meinschaftlichen Interesse gebracht wurde. Durch Verloosung dieser Werke soll der
Baufonds eine namhafte Bereicherung erfahren, es ist daher zu wünschen, dass sich
das kunstliebende Publicum recht zahlreich an diesem edlen Spiele betheilige. „Es
wächst der Mensch mit seinen grössren Zwecken“, möge auch das Kunst-Mäcenat
mit in dieses Wachsthum hineingerathen! Eine Besprechung der in der Ausstellung
befindlichen Kunstwerke behalten wir uns vor, für das nächste Heft des „Kunst-
freundes“ zu liefern, wir können heute nur darauf hinweisen, dass sie reich an werth-
vollen Gaben ist.
 
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