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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Fritz Reuter
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0313

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307

Fritz Reuter,
Am Montag, den 13. Juli, trug der elektrische Draht die Trauerkunde
in alle Welt, dass Fritz Reuter am vorhergegangenen Sonntagabende zu
Eisenach plötzlich am Schlagflusse gestorben sei. Zwar versetzte noch an
demselben Tage die Nachricht von dem Attentate in Kissingen die Welt in
die grösste Aufregung, aber dennoch trat jene traurige Kunde nicht in den
Hintergrund, sondern machte die Runde durch alle, auch die kleinsten Zei-
tungen, und überall, wohin sie kam, liessen Tausende das Zeitungsblatt traurig
sinken. Tausende fühlten eben, dass sie Einen der Ihrigen verloren, denn
Fritz Reuter war nicht nur ein echter Dichter, sondern ein Volksdichter im
wahrsten und edelsten Sinne des Wortes.
Sein Leben ist mit einigen Worten erzählt. Geboren wurde er am
7. November 1810 zu Stavenhagon, einem Landstädtchen im östlichen Mecklen-
burg-Schwerin. Sein Vater bekleidete daselbst das Amt eines Bürgermeisters
und Stadtrichters, betrieb aber nebenbei eine nicht unbedeutende Landwirth-
schaft. Er bestimmte den Sohn zum Studium der Rechte, und wenn auch
mit innerem Widerstreben, so ging Fritz Reuter, nachdem er die Gymnasien
zu Friedland und Parchim besucht, im Jahre 1831 nach der Universität
Rostock ab. Hier blieb er nur ein halbes Jahr und siedelte dann nach Jena
über. Mit ganzer Seele schloss er sich der Burschenschaft an und zwar der
Fraction „Germania“, welche vorwiegend politische Tendenz verfolgte, näm-
lich die Herbeiführung eines freien und einigen Lebens in Deutschland. Die
Excesse zwischen den verschiedenen Studenten-Verbindungen, welche einen
immer besorgnisserregen deren Charakter annahmen, hatten zur Folge, dass
auch in Jena im Januar 1833 ein starkes Militärcommando einrückte, worauf
zahlreiche Ausweisungen und Verhaftungen stattfanden. Die Germania hielt
es indessen für räthlich, sich aufzulösen, und Reuter kehrte noch vor Ostern
in die Heimath zurück. So blieb er von den scharfen Untersuchungen ver-
schont, welche bald darauf wegen des studentischen Verbindungswesens vor-
genommen wurden. Nach dem unseligen Frankfurter Attentate —• 3. April
1833 — setzte die sogenannte Partei der Ordnung bekanntlich die grosse
Demagogenhetze in Scene, und Reuter wäre wohl ganz übergangen worden,
wenn er sich nicht in jugendlichem Uebermuthe geradezu in die Höhle des
Löwen gewagt hätte. Im November des Jahres kam ei' nach Berlin und
blieb hier, trotz der dringenden Warnungen, die ihm zugingen, mehrere Tage.
Alsbald war er ein Gegenstand der aufmerksamsten Beobachtung und wurde,
obwohl Ausländer, verhaftet. Warum? Weil, wie er selbst sagt, die Jüng-
linge nichts weiter bekennen konnten, als dass sie Mitglieder der Jenenser
Germania gewesen und am hellen lichten Tage in den schwarz-roth-goldenen
Farben umhergegangen seien. Bis Neujahr 1834 sass er in der Stadtvogtei,
bis zum 14. November in der Hausvogtei in Untersuchung. Dann folgte das
Erkenntniss. Von 204 Inquisiten wurden 39 zum Tode verurtheilt, unter
den letzteren auch Fritz Reuter. Die Gnade des Königs bestimmte davon 4
zu lebenslänglicher, 35 zu dreissigjähriger Festungshaft. Bis zum Jahre 1838
blieb Reuter auf verschiedenen preussischen Festungen, da endlich hatten die
wiederholten Reclamationen der mecklenburgischen Regierung Erfolg; er
wurde ausgeliefert und nun in der Festung Dömitz internirt. Die allgemeine
preussische Amnestie im Jahre 1840 brachte auch ihm die Freiheit. Ein
Versuch, nun noch einmal die Juristerei aufzunchmen, schlug fehl. So über-
nahm er denn das väterliche Gut. Doch ging es auch mit der Landwirth-
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