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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Ueber die Baukunst [3]
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Ueber vervielfältigende Kunst [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0236

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den im korinthischen Baustyle eine noch ausgedehntere Verwendung als im
ionischen.
Zu allen griechischen Stylarten sei noch bemerkt, dass die Pilaster als
architektonische Säulenandeutungen meist ähnlich, wie diese behandelt wur-
den, nur liebte man es, sie noch belebter zu gestalten, weil sie ohnehin eine
mehr gebundene und starre Form als die freistehende Säulen hatten.

Ueber vervielfältigende Knust.
IV.
Neben der Linienmanier und schwarzen Kunst haben sich bis auf die
heutige Zeit nur zwei Gattungen erhalten, die noch praktische Anwendung-
finden, die Punktirkunst und die Kunst des Radirens und Aetzens.
Durch die erstere werden Kupferstiche hervorgebracht, indem man mit der
Punze, (einer Art spitzigen Hammers), die Punkte in die Platte schlägt,
welche je nach Licht und Schatten zur Darstellung des Bildes nöthig sind.
Diese Manier wurde schon in frühesten Zeiten, wie auch heute noch von den
Goldschmieden benutzt. Zur eigentlichen Kunst erhoben wurde sie zuerst von
dem Italiener Campagnola, welcher malerische Haltung in seine Blätter
brachte, später erschienen vom Kupferstecher J. Luttma in Amsterdam (1681),
gute punktirte Porträts. In England fanden die Kupferstiche dieser Gattung
den meisten Beifall und auch die ausgedehnteste Verwendung, sie hat indessen
wenig Gutes aufzuweisen und war mehr eine Modesache. Heute findet man
sie nur noch als illustrirte Beigabe einiger Kalender, aber ohne jeden Kunst-
werth', sowie in dem früher erwähnten Werke Payne’s Universum, als sein-
mangelhaftes Reproductionsmittol der wichtigsten Gemälde aus der Dresdener
Gallerie in Anwendung. Der Zweck der Anwendung dieser Manier fin-
det wohl nur seinen Grund in dem Bedürfniss, eine sehr starke Auflage zu
gewinnen. Da man sich zur Ausführung nur der Stahlplatten bedient, kann
man bei angemessener Behandlung mehr als 50,000 Abdrücke erhalten, wäh-
rend eine Kupferplatte schon bei 4000 Abdrücken abgenutzt ist; Radirungen
gestatten selten mehr als 500 Abdrücke.
Von grossem künstlerischen Werthe ist die Kunst des Radirens und
Aetzens, deren Erfindung A. Dürer zugeschrieben wird. Der Werth dieser
Kunstgattung ist nicht nur ein kunstgeschichtlicher, er ist auch von hoher
ästhetischer Bedeutung geworden, dadurch, dass schon in frühester Zeit einige
der grössten Künstler sie als einziges Darstellungsmittel benutzten, deren
ganzes Kunstschaffen und Können nur in der Radirung ihren Ausdruck fand.
So erscheinen uns A. Dürer, H. Holbein,, L. Cranach in ihren radirten
Blättern und Holzschnitten viel bedeutender, als durch ihre Malerei, die auf
dem Standpunkte der altdeutschen Schule und ihrer Meister für unser Kunst-
empfinden auf einer zu niedrigen Stufe der Entwickelung stand.
Das technische Verfahren dieser Kunstgattung ist dasselbe, dessen sich
der Kupferstecher bedient, um seine Platte für den Grabstichel vorzubereiten,
nur muss hier das Radiren und Aetzen bis zur Vollendung des Bildes führen,
so dass die Platte nach dem Aetzen druckbereit ist. Stellt sich die Noth-
wendigkeit heraus, dass nach dem Druck (Aetzdruck), noch eine höhere Voll-
endung erreicht werden soll, so dient zu diesem Zweck der Grabstichel und
die kalte Nadel. Eine vollständig befriedigende malerische Wiedergabe von
Oelgemälden figürlichen Inhalts, wie die Linienmanier und schwarze Kunst
 
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