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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Ueber Gesangvereine [2]
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Wanderungen durch die Berliner Gemälde-Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0103

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Berlin. Verbannt ist aus den Unternehmungen der genannten Institute' jede
Einseitigkeit, dem „audiator et altera pars“ ist vollständig freier Spielraum
gelassen, denn neben Berlioz, Liszt, Rubinstein, Brahms etc. erkennt man
auch Männern, wie Lachner, Hiller, Bruch und deren musikalischen Glaubens-
genossen die Berechtigung zu, gehört zu werden. Diese Gleichheit vor dem
Forum der Oeffentlichkeit ist in Berlin zu vermissen, auch der Stern’sehe
Verein kann nicht davon freigesprochen werden, dass er sich zu ängstlich
abschliesst gegen Werke, welche der sogenannten „Zukunftsmusik“ angehören.
Weder Liszt’s „heilige Elisabeth“, noch dessen „Christus“, „Missa choralis“
oder ,,Grauer Festmesse“, weder Rubinsteins „Thurmbau zu Babel“ noch
Berlioz’ „Requiem“ sind in Berlin gehört worden, während Leipzig, Dresden,
Magdeburg, Jena, ja eine Anzahl noch kleinerer Städte es als Ehrenpflicht
angesehen haben, das Publikum mit diesen Werken bekannt zu machen. Wir
»wissen nicht, wer in erster Linie dafür verantwortlich zu machen ist, der
Dirigent oder der Vorstand des Vereins, sicher scheint uns indessen zu sein,
dass Herr Prof. Stern doch nicht seine ganze Autorität für die genannten
Werke in die Wagschale geworfen hat. Sollte gar die Furcht vor den Ur-
theilen der anerkannt antizukünftlerisch gesinnten Tageskritik das bestim-
mende Moment für die leitenden Persönlichkeiten gewesen sein? Das wäre
doch zu bedauern und dem Musikleben der Reichshauptstadt unwürdig!
Sei es nun, wie es sei, die Thatsache ist nicht zuf ändern, Berlin steht trotz
Singakademie und Stern’schem Gesangverein hinter der Leistungsfähigkeit
und Leistungsfreudigkeit anderer Städte zurück, und wir dürfen unsere
Hoffnung nur auf die Zukunft setzen. In diesem Augenblicke bewahrheitet
sich die Nachricht, dass Prof. Stern von der Leitung dos durch ihn ge-
gründeten und nach ihm benannten Vereines zurückgetreten sei und in
Julius Stockhausens Hände den Dirigentenstab niedergelegt habe. Wh’
werden ja sehen, ob der Dirigent Stockhausen mit dem Sänger Stockhausen
in der Gunst des Publikums um den Siegespreis zu ringen vermag. Sicher ist,
dass der neue Dirigent einen mächtigen bestens vorbereiteten Wirkungskreis
findet und sich ein grosses Verdienst erwerben kann um das öffentliche
Kunstleben Berlins, wollte er die Unterlassungssünden seines Vorgängers, die
immerhin zu constatiren sind, trotz der —• wir wiederholen es — eingehend-
sten und dankbarsten Anerkennung für eine lange Reihe hoher künstlerischer
Genüsse, durch nachträgliche Vorführung jener Werke sühnen. Hoffen wir
das Beste!
(Fortsetzung folgt.)

Wanderungen durch die Berliner Gemälde-Saniinlungen.
Die permanente Gemälde - Ausstellung des „Verein Berliner Künstler“
bot im Laufe des Monat Februar eine so reiche Fülle des Guten und Besten,
dass wir, soweit der Raum es gestattet, heute wenigstens eine kurze Ueber-
sicht geben. Für die Folge wird der „Kunstfreund“ es sich zur Aufgabe
machen, in jeder neuen Nummer die für Berlin wichtigsten Ausstellungs-
Locale zu berücksichtigen und neben den Werken, die der Verein Berliner
Künstler in seinen Räumen zur Anschauung bringt, u. A. auch Sachse’s inter-
 
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