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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Hoffmann von Fallersleben [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0083

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Hoffmann von Fallersleben.
ii.
Wanderleben, und Ruhe.
Wir, die wir heute unter dem Einfluss ganz anderer Ansichten über
Freiheit der Dichtung, wie der Presse, leben, können kaum begreifen, wie die
Veröffentlichung von meist harmlosen Liedern, deren Satire sich trotz des beab-
sichtigten Angriffs in verhältnissmässig sehr bescheidner Form darstellte, eine
Massregel von solcher Strenge, wie die Amtsentsetzung Hoffmanns es war,
herbeiführen konnte. Aus den von Hoffmann später herausgegebonen Acten
über das gegen ihn angestellte Disciplinarverfahren kann man die ganze Angst
und Sorge für jedes freie Lüftlcin im deutschen Vaterlande ersehen, die seine
Richter leitete. Man möchte fast sagen: das Lied vom Knüppel aus dem
Sack sei das energischste der unpolitischen Lieder, und doch haben diese
Gedichte und die sich daran anschliessenden Sammlungen, die „Hoffmanns-
tropfon“, „deutschen Gassenlieder“ und „Diavolini“ dem Dichter zahlreiche
Verfolgungen eingetragen und bewirkt, dass selbst in den deutschen Ländern,
wo nicht bald nach dem Beginn seines Aufenthaltes ein Ausweisungsdecret
erfolgte, der gehetzte Mann sich immer von Spionen umgeben sah, die jedes
seiner Worte belauschten. Trotzdem aber und wohl gerade um desscntwillen
hat diese Zeit des Wanderlebens Hoffmann viel äussere Ehre und auch viel
Herzensfreude gebracht; wohl kein Dichter der damaligen Zeit ist so oft an-
gesungen, angeredet und angetoastet worden, und hat so oft mit Rede, Toast
und Gesang, nimmer müde und allezeit voll frischen Humors geantwortet,
als der fahrende Sänger Hoffmann. Für Jahre lang kam er zu keiner völligen
Ruhe und damit auch zu keinen bedeutenderen wissenschaftlichen Arbeiten;
nur kleinere Liedersammlungen halbpolitischen Inhalts flogen hinaus in die Welt.
Nach Breslau ist der Dichter seit jenem Tage, wo er „Freunden und
Feinden ein herzliches Lebewohl sagend“ von ihm schied, noch öfters zurück-
gekehrt, doch hat ihm die Luft dort nie gefallen können. An seine Bezie-
hungen zu dieser Stadt erinnert unter Anderm noch das jetzt wohl sehr seltene
„Breslauer Namenbüchlein“. (Ein ähnliches Buch schrieb er später über
Hannover.)
Am Rhein, zu Coblenz war es, wo Hoffmann mit Freiligrath, der damals
noch nicht entschieden zur Opposition gehörte und um der kleinen preussi-
sche Pension willen viel angefeindet wurde, zusammentraf, und trotzdem, dass
unser Dichter selbst sich entgegengesetzt ausspricht, ist die Annahme wohl
nicht unrichtig, dass

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