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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Die grosse Kunst-Ausstellung in der Königlichen Akademie zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0379

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445

Die grosse Kunst-Ausstellung in der Königlichen
Akademie zu Berlin.
(Schluss.)
Was soll man aber zu den beiden Schöpfungen des Herrn Professor Döpler
sagen, zu den Pendants „Nicht ganz einig“ und „Einig“. Die darin dargestellte
Novellette kann wohl kaum mit weniger Gefühl für Poesie dargestellt werden; ganz
abgesehen von den Mängeln der Zeichnung und der Technik würde doch der Inhalt
des Bildes in dieser Form nur Reiz für die zukünftige Schwiegermutter des eleganten
jungen Mannes haben. Soll das Bild vielleicht eine Fortsetzung sein von der
„Gouvernante“ von P. Wichmann (Düsseldorf), die hier ihr glückliches Ende
erreicht? Die beiden Petroleumbilder der letzten (vergangenen) Kunstausstellung
haben auch einen Ersatz gefunden in den Bildern 0. Wisniewski’s (Zusammen-
kunft des Kaisers Wilhelm I. und Napoleon UI. bei Sedan) und Professor Stein-
brück’s (Erlkönigs Töchter). Es finden sich wohl noch mehr derartige Schätze,
doch keine die so unmittelbar komisch wirken, und mögen diese beiden, die zur
allgemeinen Erheiterung dienen, herausgegriffen werden. Nach dem ersten Bildö hin
strömen ganze Schaaren, um ihre Lachlust zu befriedigen bei dem Anblick dieser
absichtslosen Kaiser-Karrikaturen. Neuerdings ist das Bild als „Verkauft“ bezeichnet.
Glücklicher Käufer! Sollte es vielleicht für den Oeldruck angekauft sein? Es
eignet sich für den Oeldruck, Steinbrück’s Erlkönigs Töchter aber für
den Alpdruck.
Bei nochmaliger Durchsicht bemerken wir zwei Bilder, die ein bedeutendes
Interesse ihrer Fremdartigkeit verdanken, es sind aber auch sehr verdienstvolle
Arbeiten, deren Betrachtung und nähere Kenntnissnahme sich belohnt. Toby E.
Rosenthal (München) hat nach dem Inhalt eines englischen Gedichtes ein sehr
poetisches Bild gemalt, dessen Bedeutung ohne Kenntniss des Vorgangs nicht ver-
ständlich ist, da die auf dem Rahmen befindlichen Strophen den Inhalt auch nicht
hinreichend erklären. Die jugendlich schöne Gestalt einer Ermordeten liegt reich
aufgebahrt in einem phantastisch geschmückten Nachen, der von einer greisen
Gestalt den Strom herab gerudert wird. Auf ihrer Brust hält sie einen Brief,
der ihren letzten Gruss ihrem Ritter, an König Artur’s Hofe weilend, melden soll.
Die poetisch weihevolle Stimmung, in der das Bild gehalten ist, macht es sehr an-
ziehend. Ein anderes Bild, in dem der Versuch gemacht worden ist, das Ueber-
sinnliche zur Erscheinung zu bringen, hat H. Bürck (Dresden) ausgestellt, doch
ist auch hier wieder die Rücksichtslosigkeit gegen den Künstler, sowie gegen das
Publicum begangen worden, es so zu placiren, dass man nichts sehen kann. Der
Künstler hat seinen Stoff der nordischen Mythologie entnommen, und das nach
der alten Sage mögliche kurze Wiedererscheinen der Verstorbenen aus Walhalla
bildlich dargestellt. Mit feinem Sinn hat er den einzig möglichen Moment für die
malerische Darstellung gewählt, in dem die Erscheinung noch halb von den Wolken
verhüllt ist, das ist sehr glücklich gelungen. Der phantastische Zauber der Mond-
nacht giebt die erforderliche Stimmung für die Erscheinung. Was Heyden in
seinen Walküren nicht erreicht hat, hier ist das Räthsel gelöst, es regt unsre
Phantasie mächtig an und erinnert uns, dass wir Aehnliches schon empfunden
haben in der Einsamkeit einer Mondnacht bei pitoresker Umgebung.
So lange die Darstellung der menschlichen Gestalt die einzige Aufgabe in der
Malerei war, fanden die Künstler den geistigen Inhalt ihrer Bilder auch durch
dieses Object erfüllt. Als aber die künstlerische Nachbildung der organischen
Erscheinungsformen sich selbständig zu entwickeln begann, wurde auch das Be-
dürfnis fühlbar, einen geistigen Inhalt, wie ihn das Seelenleben des Menschen bot,
auch in den Bereich der Landschaftsmalerei zu ziehen. Dass für diesen Zweck die
naturwahre Nachahmung eines Stückchen Landschaft, wie sie sich zeigt, nicht ge-
 
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