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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Literarische Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0129

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Literarische Rundschau.
Die Kunst im Gewerbe. Darstellung ausgeführter Arbeiten, als: Möbel,
Decorationen, Hausgeräthe, kunstgewerbliche Gegenstände, Brunnen,
Grabdenkmäler etc., nebst Original-Aufnahmen kunstgewerblicher Er-
zeugnisse aus der Blüthezeit des Mittelalters. Herausg. vom Hanno-
verschen Architektenverein. Redig. von Edw. Oppler. Han-
nover, Cohen & Risch. 1872. Preis 4 Thlr.
Von diesem Werke lagen uns die 4 Hefte des I. Jahrganges (1872) zur Be-
urteilung vor. Im 1. Hefte entwickelt der Herausgeber sein Programm. Indem
derselbe auf die vortrefflichen Schriften von Pfau, Dietz, Falke und Fentsch
hinweist, welche den erheblichen Einfluss der Kunst im Gewerbe auf das gesammte
Kunstleben namentlich vom ästhetischen Standpunkte aus würdigen, führt er im
weiteren Verfolg aus, wie der Architekt die Pflicht habe, nicht blos die Aussen-
architektur als seine Domäne zu betrachten, sondern auch den Innenbau des Hauses
stylgerecht durchzubilden und die innere Einrichtung desselben möglichst künst-
lerisch zu gestalten. Dadurch, meint er, werde nicht nur dem Publikum nach und
nach guter Geschmack und wahres Verständniss für die besseren Erzeugnisse der
Kunst anerzogen, sondern es seien alsdann auch die Handwerker und Gewerbtrei-
benden gezwungen, aus ihren Werkstätten vorzugsweise nur stylvolle und künst-
lerisch ansprechende Arbeiten hervorgehen zu lassen. Vorliegende Zeitschrift hat
es sich nun zur Aufgabe gemacht, Styleinrichtungen aller Art in Zeichnungen und
Lithographien, denen ein kurzer erklärender Text beigegeben wird, zu veröffent-
lichen. Sie bringt in jeder einzelnen Nummer eine Anzahl von Blättern mit Mustern
und Entwürfen nebst Beilagebogen mit einzelnen in grösserem Maassstabe ausge-
führten Arbeiten, die fast durchweg ein eingehendes Verständniss der Verfasser
für das Wesen der Kunst und die verschiedenen Perioden ihrer Geschichte be-
weisen. — Hierher gehören in erster Linie der Entwurf eines Büffets im Re-
naissancestyl vom Baurath Oppler in Hannover (Blatt 1), eines Brunnens
für die Stadt Lübeck, eine wahrhaft prächtige Blüthe deutscher Baukunst, vom
Architekten Schneider in Aachen (Blatt 2), eines Juwelenschrankes im
Florentiner Renaissancestyl von Martin Kimbel in Breslau (Blatt 11); andere
gute Arbeiten finden sich noch auf Blatt 3, 13 und 17. — Leider können wir da-
gegen die Ausstattung des Werkes nicht eine tadelfreie nennen. Die lithographi-
sche Ausführung der Entwürfe lässt noch manches zu wünschen übrig; in einzelnen
Fällen vernichtet sie fast vollständig die beabsichtigte Wirkung der künstlerischen
Linien, oder verschleiert doch die Idee des Künstlers. In gleicher Weise berührt
es unangenehm, in dem typisch so elegant ausgestatteten Texte mehrfach auf grobe
Druckfehler und auf ganz unnöthige Wortabkürzungen zu stossen. Auch der
sprachliche Ausdruck ist nicht immer frei von Incorrectheiten.
Von diesen Ausstellungen jedoch abgesehen, können wir in dem vorliegenden
Unternehmen nur einen erfreulichen Schritt zur Einführung der Kunst in das Ge-
werbe begrüssen und wünschen aufrichtig, dass man sich des reichlich gebotenen
Materials in den Fachschulen und in der Industrie bald bemächtigen und die
mustergültigen Entwürfe in recht vielseitiger Gestaltung in das Leben und dadurch
in das Verständniss des Volkes einführen möge.
In dem 12. Hefte der „Entwürfe zu ausgeführten öffentlichen und
Privatgebäuden von E. Titz“ legt uns der Künstler auf 6 Tafeln Zeichnungen
und Entwürfe von der architektonischen Ausführung und mobiliaren Einrichtung
eines von ihm erbauten Hauses des Herrn R. Hertzog — speciell des Empfang-
zimmers — vor, in welchem er nach dem Wunsche des Bauherrn neben dem Aussen-
bau auch die gesammte innere Ausstattung auszuführen hatte. Der auch sonst
schon rühmlich bekannte Meister hat es verstanden, sich seiner Aufgabe mit Ge-
schick zu entledigen und seinem Werke den Character einer wohl durchdachten
Kunstschöpfung zu geben. Wir sehen nicht blos eine gross gedachte echt künst-
lerische Anlage, wir empfinden nicht blos die edle Würde und die schwungvolle
Pracht des Renaissancestyls bester Zeit, sondern wir fühlen vor Allem auch durch
 
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