Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstfreund — Band 1.1874

DOI Artikel:
Die Entstehung der Oper [2]
DOI Artikel:
Das Beste ist für die Kinder gut genug [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0054

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
48

erscheinen zu lassen, welche zur Begleitung desselben nöthig waren. Wenigstens
wäre es dann überflüssig gewesen, die einzelnen Instrumente im Dialoge nam-
haft zu machen. Das im Jahre 1282 für den Hof zu Neapel geschaffene Spiel
fasste bald auch in Frankreich festen Fuss. Ein Bericht aus Angres vom
Jahre 1392 (also hundert Jahr später) meldet, dass es dort alljährlich zu
Pfingsten aufgeführt würde. Im Hennegau soll „Robin m’aime“ noch
heute als Volkslied im Schwange sein.
So hätten wir denn ein Bühnenstück mit Musik kennen gelernt, welches
schon vor sechshundert Jahren aufgeführt worden ist. Von einem ältern ist
nichts bekannt, und man hat darum Robin und Marion wohl als die „erste
Oper“ bezeichnet. Ob mit Recht, das haben wir zunächst zu untersuchen.

Das Beste ist für die Kinder gut genug.
ii.
Das Kind bedarf, wie bei allen seinen Unterweisungen, so auch in der
Musik, des Lehrers; die Kinder - Clavierschulo schliesst daher den Begriff
„Selbstunterricht“ gänzlich aus. Gleichwohl existirt eine Menge derartiger
Werke, deren Einrichtung denselben fast den Anschein giebt, als wären sie
für den Selbstunterricht verfasst. Da finden sich seitenlange Einleitungen mit
Regeln über Haltung des Körpers, der Hände und Finger; zwischen die ein-
zelnen Tonstückchen sind unzählige Bemerkungen, Belehrungen und Definitionen
eingestreut, ja •— in mancher Schule nimmt der erläuternde Text ebensoviel
Raum ein als der Uebungsstoff. Wozu dies müssige Beiwerk? •— Die Regeln
können das Kind bei seinen Uebungen durchaus nicht überwachen, und Alles,
was demselben zu erläutern ist und was sich dasselbe gedächtnissmässig
aneignen muss, gelangt schneller und sicherer zur Erkcnntniss und haftet
bleibender durch das lebendige Wort des Lehrers, als durch den todten Buch-
staben. Sollte aber gar der Lehrer des Textes bedürfen, nun so stünde er auf
schwachen Füssen, und wir müssten gegen den Unterricht eines solchen lucli
magister entschieden protestiren. Es ist ja denkbar, dass so Mancher, welcher
Talent zum Unterrichten und pädagogische Bildung besitzt, in gewissen Dis-
ziplinen, für die seine Kenntnisse nicht zureichen, sich dennoch durch ge-
nügende Präparation auf die Lectionen in den Stand zu setzen vermag, seine
Schüler mit Erfolg zu unterweisen. Dies ist bezüglich der Musik resp. des
Clavierunterrichtes nicht möglich; hier muss der Lehrer ein Fachmann, ein
theoretisch und praktisch gebildeter Musiker sein. Uebertriebene Sparsam-
keit und Verkennen der Wichtigkeit des ersten Unterrichts begehen aber in
dieser Hinsicht oft unverzeihliche Fehler; — der beste Musiklehrer ist
für Kinder eben gut genug.
Es giebt nun Clavierschulen, gegen deren methodische Anordnung sich
Nichts einwenden lässt, die aber nur und ausschliesslich Compositionen ihrer
Verfasser bieten. Ein derartiges Werk dem ersten Unterricht zu Grunde zu
legen, dürfte sich nicht empfehlen. Mag der Herausgeber auch noch so ge-
schickt sein in der Composition feinsinniger Kindermusik, —- das Genre ist
eben zu klein, als dass sich darin nicht auch der Begabteste endlich aus-
oder gar abschriebe, und die unausbleibliche Familienähnlichkeit der Tonstücke
wird die Lust des Schülers erlahmen lassen, — ein Umstand, der dem Fort-
schritt das gefährlichste Hinderniss bereitet.
 
Annotationen