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Gemahlin umbringen und motivirt diese polizeiwidrige Absicht mit den Wor-
ten: Ob schuldig oder nicht; sie muss sterben, denn sie heisst Warnfried!
uud seine Schuld ist es nicht, dass die Gattin ihm bei Mondenschein im Jahre
1495 und in der Burg seiner Väter zuvorkommt, indem sie Gift nimmt und
auch ihm den Becher zur gefälligen Benutzung überreicht, worauf beide sich
erinnern, dass sie wegen des Namens Warnfried sterben müssen, und dies
thun. Die Schuldigen bleiben am Leben. — Das Gastspiel des Herrn von
Ernest aus Petersburg brachte Laube’s Graf Essex. Der Gast zeigte sich als
routinirter, gewandter Schauspieler, der in manchen Scenen trefflich war,
aber was aus dem Essex gemacht werden kann, machte er doch nicht daraus.
Dagegen war Fräul. Veneta als Königin Elisabeth meisterhaft in Spiel und
Erscheinung und Erl Boilhac eine hohen Lobes würdige Rutland, besonders
in der Wahnsinnsscene, die brillant war. Einige Tage später sahen wir hier
Donna Diana mit Erl. Valetta aus Graz in der Titelrolle und Hrn. v. Ernest
als Perin.-Wie war die Vorstellung? hören wir unsere verehrte Leserin
fragen. —• — 0 Königin, Du weckst der alten Wunde unnennbar schmerz-
liches Gefühl! Diese Donna Diana kam uns allerdings spanisch vor, und der
Perin des Herrn von Ernest konnte uns durchaus nicht erwärmen. Don
Caesar, Herr Jendersky, spielte am besten; Erl. Janisch und Erl. Fillbach
(Donna Laura und Fenisa) hatten ganz neue schöne Kleider an, deren lange
Schleppe uns sehr gut gefallen hat.
Auf der Kroll’sehen Bühne hat die Direction allabendlich mit dem
„verkauften Schlaf“ gute Geschäfte gemacht. Augenblicklich werden die
Vorbereitungen zu einer’Fastnachtsposse getroffen, welche den bezeichnenden
Titel „Je toller, je besser“ führt. Hoffentlich wird das Publikum nicht sein
Urtheil über die Novität in die Worte fassen: Je toller, je schlimmer! —
Sehr rührig war endlich das National-The ater, welches besonders
die classischen Stücke, Helfach mit wohlrennomirten Gästen, cultivirte. Inter-
essant war der Versuch, das indische reizende Schauspiel „Sakuntala“ von
Kalidasa zur Darstellung zu bringen und zwar in der Bearbeitung Wolzogens.
Das Unternehmen ■wurde von glänzendem Erfolge gekrönt, zum Theil Dank
der musterhaften Darstellung, um die sich die Damen Erls. Bland als Sakun-
tala, Seeburg, Frau Schubert-Waldau, Frau Hahn, und die Herren Rösicko,
Menzel, Brammer, Devereux und Rhode-Ebeling verdient machten, welche
donnernder Applaus für ihre Bemühung lohnte. — Wenn wir doch eine
solche poetische, blumenreiche Sprache, wie die dieses alten Dramas einmal
von unsern modernen Dichtern zu hören bekämen.
Concertschau.
Es ist wahrlich kein leichtes oder gar freudenreiches Amt, Concertreferent
in einer Stadt wie Berlin zu sein. Wer es mit diesem Amte nur einiger-
massen ernst nimmt, der hat viel Mühe und Arbeit. Für einen Mann aus
dem Publikum ist es ja ein Vergnügen, zu Zeiten sogar ein hoher Genuss,
ein gutes Concert zu hören, sei es in den Reichshallen oder bei Bilse, in
der Singacademie oder sonstwo. Wem aber die Aufgabe zugefallen ist, alle
diese und noch eine Menge anderer Concerte hören zu müssen, der ist in
der That nicht zu beneiden. Es liest sich freilich gar leicht und anmuthig,
was zwei Tage nach gehabtem Genuss die Zeitungsfrau darüber in’s Haus
Gemahlin umbringen und motivirt diese polizeiwidrige Absicht mit den Wor-
ten: Ob schuldig oder nicht; sie muss sterben, denn sie heisst Warnfried!
uud seine Schuld ist es nicht, dass die Gattin ihm bei Mondenschein im Jahre
1495 und in der Burg seiner Väter zuvorkommt, indem sie Gift nimmt und
auch ihm den Becher zur gefälligen Benutzung überreicht, worauf beide sich
erinnern, dass sie wegen des Namens Warnfried sterben müssen, und dies
thun. Die Schuldigen bleiben am Leben. — Das Gastspiel des Herrn von
Ernest aus Petersburg brachte Laube’s Graf Essex. Der Gast zeigte sich als
routinirter, gewandter Schauspieler, der in manchen Scenen trefflich war,
aber was aus dem Essex gemacht werden kann, machte er doch nicht daraus.
Dagegen war Fräul. Veneta als Königin Elisabeth meisterhaft in Spiel und
Erscheinung und Erl Boilhac eine hohen Lobes würdige Rutland, besonders
in der Wahnsinnsscene, die brillant war. Einige Tage später sahen wir hier
Donna Diana mit Erl. Valetta aus Graz in der Titelrolle und Hrn. v. Ernest
als Perin.-Wie war die Vorstellung? hören wir unsere verehrte Leserin
fragen. —• — 0 Königin, Du weckst der alten Wunde unnennbar schmerz-
liches Gefühl! Diese Donna Diana kam uns allerdings spanisch vor, und der
Perin des Herrn von Ernest konnte uns durchaus nicht erwärmen. Don
Caesar, Herr Jendersky, spielte am besten; Erl. Janisch und Erl. Fillbach
(Donna Laura und Fenisa) hatten ganz neue schöne Kleider an, deren lange
Schleppe uns sehr gut gefallen hat.
Auf der Kroll’sehen Bühne hat die Direction allabendlich mit dem
„verkauften Schlaf“ gute Geschäfte gemacht. Augenblicklich werden die
Vorbereitungen zu einer’Fastnachtsposse getroffen, welche den bezeichnenden
Titel „Je toller, je besser“ führt. Hoffentlich wird das Publikum nicht sein
Urtheil über die Novität in die Worte fassen: Je toller, je schlimmer! —
Sehr rührig war endlich das National-The ater, welches besonders
die classischen Stücke, Helfach mit wohlrennomirten Gästen, cultivirte. Inter-
essant war der Versuch, das indische reizende Schauspiel „Sakuntala“ von
Kalidasa zur Darstellung zu bringen und zwar in der Bearbeitung Wolzogens.
Das Unternehmen ■wurde von glänzendem Erfolge gekrönt, zum Theil Dank
der musterhaften Darstellung, um die sich die Damen Erls. Bland als Sakun-
tala, Seeburg, Frau Schubert-Waldau, Frau Hahn, und die Herren Rösicko,
Menzel, Brammer, Devereux und Rhode-Ebeling verdient machten, welche
donnernder Applaus für ihre Bemühung lohnte. — Wenn wir doch eine
solche poetische, blumenreiche Sprache, wie die dieses alten Dramas einmal
von unsern modernen Dichtern zu hören bekämen.
Concertschau.
Es ist wahrlich kein leichtes oder gar freudenreiches Amt, Concertreferent
in einer Stadt wie Berlin zu sein. Wer es mit diesem Amte nur einiger-
massen ernst nimmt, der hat viel Mühe und Arbeit. Für einen Mann aus
dem Publikum ist es ja ein Vergnügen, zu Zeiten sogar ein hoher Genuss,
ein gutes Concert zu hören, sei es in den Reichshallen oder bei Bilse, in
der Singacademie oder sonstwo. Wem aber die Aufgabe zugefallen ist, alle
diese und noch eine Menge anderer Concerte hören zu müssen, der ist in
der That nicht zu beneiden. Es liest sich freilich gar leicht und anmuthig,
was zwei Tage nach gehabtem Genuss die Zeitungsfrau darüber in’s Haus