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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Theaterschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0030

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wir uns nicht versagen werden. Wir zweifeln nicht, dass, wenn diese
Notiz wahrheitsgemäss ist, die Ocarinen ihren rechten Mann finden werden.
Theaterschau.
Berlin, den 20. Dezember.
Die Musentempel stehen offen, der Winterkultus der „neun späten Mäd-
chen“ hat längst begonnen, „die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,“
die Direktionen, Regisseure, Inspicienten, Maschinisten, Künstler und Künst-
lerinnen ersten bis fünfzehnten Ranges in Hof- und Nikotin-Theatern be-
mühen sich, das Neueste, Beste, Unerhörteste zu bringen, und, wie die lustige
Person im Vorspiel zum Faust sagt, man „lässt Phantasie mit allen ihren
Chören, Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft, doch, merkt es
wohl! nicht ohne Narrheit hören;“ nur dass die letzte sich etwas zu sehr
in den Vordergrund zu drängen scheint. Folgen Sie, verehrte Leserin und
lieber Leser, dem Kunstfreund auf seinem kritischen Gange zu den strahlen-
den Stätten der dramatischen Kunst, zu den Brettern, welche die Welt
bedeuten, zu den Männern, denen die Nachwelt keine Kränze flicht, und die
sich deshalb vielfach, besonders an Benefizabenden, grüne Lorbeerreiser mit
weissen Atlasbändern und prachtvolle Blumensträusse von ihren guten Freun-
den und auf eigene Kosten werfen lassen und in Theaterzeitungen auf den
rauschenden Flügeln der göttlichen Reklame zu den Sonnenhöhen emporstei-
gen, wo der Ruhm wohnt. Es findet sich oft viel Interessantes und Pikantes
vor und hinter dem Vorhang, und es lohnt sich schon der Mühe, Zuschauer
zu sein.
Da ist zunächst das Schauspielhaus hinter Schillers Rücken, das
Haus, auf welchem der geflügelte Pegasus prangt, und um welches die ma-
teriellen Produkte der Mark Brandenburg der Käufer harren, um die
912,000 Einwohner der grossen Weltstadt mit kulinarischen Genüssen zu
versehen, wie jenes sie mit geistiger Nahrung versorgen will. Paul Lindau’s
Diana ging dort in Scene, nachdem die göttliche Griechin schon lange
zuvor durch die Spalten der Blätter gewandert und besprochen, in Wien noch
bei Lebzeiten der defizitternden Weltausstellung aufgeführt war. Maria und
Magdalena, welche, ohne ein eigentliches Stück zu sein, Ungeheuern Erfolg
erzielt hatten, waren schon längst Veranlassung gewesen, dass man der
Ankunft Dianas mit Spannung entgegen sah, und an dem verhängnissvollen
Abend sassen diejenigen, welche ein Billet errungen hatten, „mit hohen
Augenbrauen gelassen da und mochten gern erstaunen,“ aber es kam eigent-
lich nur Enttäuschung; die Zuschauer theilten sich wie die Montecchi und
Capuletti. Hie Welf, hie Weiblingen! war das Feldgeschrei, und in der
Freunde händekräftigen Jubelschall mischten sich die Zischlaute, die in der
deutschen Sprache eine bedeutende Rolle spielen. Die Parteien haderten ge-
waltig um die fünfaktige Diana, die schliesslich ihre Rettung einigen treff-
lichen Leuten zu danken hatte, die unter den Namen Oberländer, Berndal,
Ludwig, Frieb-Blumauer, Erhartt und Kessler auch in weiteren Kreisen
bestens bekannt sind. Im übrigen ward Diana noch mehrfach wiederholt
in Abwechslung mit Moser’s Elephanten und Goethe’s Torquato Tasso.
Wie so verschieden von der vorjährigen Opernsaison gestaltet sich
die gegenwärtige! Damals sprach man von einem „Operngasthause.“ Es
traten nämlich gastirend auf die Damen Artöt, Gun gl, v. Bretfeld,
v. Bogdani, Rosenfeld, Stehle, Chmelik, Kaufmann, Meinhardt,
 
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