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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Wanderungen durch die Berliner Gemälde-Sammlungen
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Plaudereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0243

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237

Strand, Thönlow, norwegische Schiffswerfte, Fresenius, Marine-Abend. Sehr hübsch
ist Stottenberg-’s Motiv ans Lübeck „am Hafen“’, ein reizendes Bild; (sollte nicht
Lübeck seiner reichen malerischen Motive wegen weit mehr die Beachtung der
Künstler finden?)
Als ein ganz eigenartiges Kunstwerk von seltener Vollendung finden wir die
in Aquarellfarben ausgeführte „Bärenjagd“ von Oehme. Bei einer vollkommenen
und vielseitigen Beherrschung der Formen und Darstellungsmittel zeigt dieses Werk
eine Genialität und Kraft der Composition, die seinem Schöpfer einen hohen Rang
sichern, wir möchten ihn mit seinem genialen Werke an die Seite des verstorbenen
Meister Schwindt stellen. Wenn die Prägnanz des Styls, und die Leichtigkeit des
Schaflens, die aus diesem Werke hervorgeht, dem Autor erlauben, noch weiter in
das Gebiet der Romantik hineinzugreifen, so dürfen wir in ihm eine der hervorragendsten
Erscheinungen in der Künstlerwelt begrüssen. Vortreffliches im Fache der
Aquarellmalerei hat L. Spangenberg in seinen Studien aus Misdroy und den
Alpenländern geliefert, als Curiosa aber bezeichnen wir die beiden Raritäten, die
von Böcklin, bezeichnet mit „Altrömisches Fest“ und „Rittersage“ in Aquarell und
trockner Manier gemalt sind. Wir würde diese Gegenstände einfach übergehen,
wenn aus ihnen nicht ein grosses Talent spräche, welches nach Originalität strebend,
den richtigen Halt verloren hat.
Indem wir den Werken der Plastik unsere Aufmerksamkeit zuwenden, sprechen
wir unser Bedauern darüber aus, dass sich auf diesem Gebiete die Aeusserung der
Productivität nur sehr spärlich kund geben. Es liegt dies zum Theil in den Ver-
hältnissen, die einer allgemeinen freieren geistigen Entwickelung der Plastik ungün-
stig sind, da die Ausführbarkeit solcher Werke von den schwierigsten Umständen
begleitet ist; es bleibt daher nur Weniges zu besprechen. Janda’s Gipsentwurf
zu einer Reiterstatue des Kaisers Wilhelm hat einen mehr monumentalen Charakter,
der sich aber wohl vereinigen liesse mit den Bedingungen, die unsere moderne Kunst-
entwickelung anstrebt. Das Pferd, das der Kaiser reitet, ist dasselbe stylisirte Pferd,
welches schon Friedrich der Grosse reitet, und nach ihm alle, durch die Plastik
dargestellten Regenten, es ist das Pferd, das jeder Bildhauer auswendig gelernt hat,
nach dem Rauch’schen Original, eine andere Lebensfähigkeit besitzt es nicht, —
also doch künftig etwas weniger Styl und mehr Natur! M. Wiese’s Fontaine in
Zink, Venus, dem Meere entsteigend, ist hübsch componirt, und profilirt sich nach
drei Seiten sehr günstig. Hertel’s Antigone, in weissem Marmor ausgeführt ist
eine hübsche Arbeit in antikem Sinne gehalten, Pohlmann’s Trauer für decorative
Zwecke gearbeitet. Birch aus London (studirte auf der Berliner Akademie) stellt
eine modernem Styl entsprechende weibliche Figur aus, ein Mädchen, welches Rehe
liebkost, ein recht anmuthiges Werk. Ten dl an, Puchmann und Geyer sind
durch weibliche Portraitbüsten vertreten, deren letztere die Tänzerin Adele Granzow
vorstellt.
(Schluss folgt.)

Plaudereien.
Musik im Hause.
Der Herbst war in’s Land gezogen, ehe man es gedacht. Wahrscheinlich hatte er
sich um einige Wochen verrechnet, und bereitete nun den Sommerreisenden unangenehme
Ueberraschungen aller Art. Auch mir war es nicht besser gegangen. Ein ganz reputir-
liches Sturm- und Hagelwetter überraschte mich auf einer Tour, die noch auf dem Reise-
programm gestanden. Direkt nach Hause zu gehen, und die letzten Ferientage zwischen
den Büchern zu verbringen, widerstrebte auf’s entschiedenste meinen Principien. Da er-
innerte ich mich in meiner Noth eines guten Freundes, der, wie es manchmal mit guten
Freunden zu gehen pflegt, jahrelang in den Halbschleier unwillkürlicher Vergessenheit
gehüllt gewesen, und nun gleich einem leuchtenden Meteor an meinem wetterschweren Himmel
aufging. Die Universität, in der besagter Freund frühzeitig einen Wirkungskreis gefun-
 
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