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Der Kunstfreund — Band 1.1874

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Theaterschau
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Berichte von Nah und Fern
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https://doi.org/10.11588/diglit.56232#0288

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282

borah wohl befriedigte, und Herr Hans Lortzing vom Schweriner Hof-Theater.
Dieser Herr hatte neben Frl. Ziegler einen schweren Stand; in der genannten Birch-
Pfeifferei war er ein gar zu unbedeutender Liebhaber der grossen Kaiserin und in
Deborah fing er zwar gut an, konnte aber bald nicht mehr mit, zumal in der Kirch-
hofsscene am Hochzeitstage, wo ihn Deborah mit einer vatikanischen Fluth von Flüchen
überschüttet, die allerdings den solidesten Staatsbürger und Steuerzahler zu Boden
drücken können.
Weit grösseren Erfolg erzielte der russische Hofschauspieler Hr. Feltscher,
weniger zwar in Medea als Jason, als vielmehr in Donna Diana als Don Cesar. Die
Aufführung dieses Lustspiels war überhaupt eine sehr gelungene. Neben Frl. Ziegler
und Hrn. Feltscher spielte Hr. Director Lebrun, der schon in Deborah den blinden
Juden meisterlich gegeben hatte, den Perm, eine nicht leichte Partie. Wir halten
diese seine Leistung für eine seiner besten, die sich den vorzüglichsten Repräsen-
tanten des Perin, die wir kennen, durchaus ebenbürtig zur Seite stellt. Auch die
anderen Rollen dieser Komödie waren in guter Hand, Donna Laura und Donna
Fenisa wenigstens in guter Toilette, wenn wir auch leider trotz aller unserer
angebornen Galanterie nichts weiter von ihnen zu sagen wissen. Von den anderen
Mitgliedern des Wallner-Theaters ist besonders Hr. Kurz rühmend zu erwähnen, der
als König Kreon in Medea, Potemkin in Katharina II., Ortsrichter Lorenz in Deborah
sich überall gleichmässig und trefflich bewährte. Desgleichen müssen wir Frl. Carlsen’s
mit Ruhm gedenken. Der enge uns zugemessene Raum gestattet uns nicht, jede
Rolle des Frl. Ziegler hier eingehend zu besprechen, wir müssen uns damit begnügen,
zu constatiren, dass der Erfolg ihres Gastspiels in jeder Beziehung ein glänzender
ist, wie der lebhafteste Beifall und das stets gefüllte Haus — nebst Kasse — be-
weisen, und dass die „talentvolle Baierin“ sich in Berlin mit jedem Tage mehr Ver-
ehrer und Freunde erwirbt. — Von den übrigen Theatern ist wenig zu sagen. Bei
Kroll herrscht die Oper, die allgemeinen Anklang findet, worüber im nächsten Heft
Ausführliches; National-, Residenz- und Stadt-Theater haben sich bis zum
Winter vertagt und so sei denn nur noch gemeldet, dass demnächst durch die Räume
der Friedrich-Wilhelmstadt die „Fledermaus“ schwirren wird, die aus Offen-
bachs Pult über Wien zu uns flattert, und dass wir wünschen, sie möge das Lam-
penlicht neben dem Orakelkasten des, allrettenden Souffleurs nicht zu fürchten
haben. —

Berichte von Nah und Fern.
Leipzig, Ende Juni.
In Mozart’s „Hochzeit des Figaro“ sang Frl. von Terre die Susanne und befestigte
das vom Anfang ihres Auftretens gefällte günstige Urtheil. Die Gästin ist inzwischen
dem hiesigen Verbände eingereiht worden. An Stelle des ohne Sang und Klang aufge-
tretenen Frl. von Hartmann war Frl. Rosenberg vom Stadttheater zu Magdeburg aus-
ersehen, als „Gabriele“ in Kreuzer’s „Das Nachtlager in Granada“ zu debütiren. Hier
ist in der That von einem selten glücklichen Wurf zu berichten — die junge Sängerin
kam, sah, siegte und füllte nach einem einmaligen Gastspiele die kaum entstandene Lücke
in unserem Opernpersonale aus. Herr Lissmann brachte die dankbare Partie des Jägers
vollständig zur Geltung, namentlich waren es die Chöre — des Componisten Hauptaugen-
merk — welche diesmal präcis zusammengingen.
Schiller ward zweimal der Vergessenheit entrissen: seine „Räuber“ und „Maria
Stuart“ musste Aushülfe beim classischen Monats-Repertoire leisten. Namentlich ist die
Besetzung von „Maria Stuart“ mit Frl. Haverland in der Tittelrolle „Elisabeth“ — Frl.
Suhrlandt, Burleigh — Herr Klein als höchst gelungen zu bezeichnen. Nur Herr Trotz
liess diesmal als „Mortimer“ das nöthige Feuer vermissen. Dann folgte das der vormärz-
lichen Periode angehörende sentimentale Schauspiel „Lorbeerbaum und Bettelstab“, recht
wacker in seinen einzelnen Partien durchgeführt, allein für einen Sommerabend doch
nicht die rechte Kost. —Vortheilhaft ist die etwas stille Zeit der Kunst durch das Gast-
spiel der Frau Claar-Delia von Prag unterbrochen worden. Die Darstellerin war unter
Laube ein beliebtes Mitglied unserer Bühne und wurde demgemäss empfangen. Freytag’s
Schauspiel „Die Valentine“ führte den Gast in Leipzig ein und bewies, dass die entgegen-
 
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